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räume der Fenster eine andere Einteilung zeigen, die durch das Vorrücken des
Nonnenkors gestört wird. Es folgt hieraus, daß man mit der Ausmalung der Kirche
begonnen hatte, ehe dies geschah, und daß sie bereits bis dahin reichte, als man den
Nonnenkor vergrößerte. Mit anderen Worten: wir dürfen annehmen, daß Kavallini
seine Arbeit bald nach der Ankunft in Neapel begann. Anderseits wird man, da
sein Name in späteren Urkunden nicht mehr genannt wird, auf keinen sehr langen
Aufenthalt dort schließen, wohl aber bei der großen Ausdehnung der Wand-
malereien auf eine weitgehende Beteiligung der Werkstatt des Meisters Bedacht nehmen
müssen. Daß dabei auch Sienesen, namentlich aber Neapolitaner in Betracht
kommen, die bereits in sienesischer Schule mochten gelernt haben, ist bei der über-
ragenden Stellung, welche die Sienesen damals in Neapel einnahmen, sehr wahr-
scheinlich; und so ergibt sich schon a priori, was eine nähere stilistische Prüfung
bestätigt, daß die Ausmalung von Peter Kavallini (am Kor) begonnen und durch seine
sienesischen und neapolitanisch-sienesischen Schüler und Gesellen vollendet wurde.
Ob zu ersteren auch der urkundlich bekannte Montan von Arrezzo (s. Seite 35)
zu rechnen ist, muß dahingestellt bleiben, bis uns ein günstiges Geschick einmal mit
seiner Art bekannt macht. Als Neapolitaner aber dürfen wir vielleicht jenen Maler
Michel betrachten, den die fromme Stifterin (als den aufsichtsführenden Vollender
des Werkes Kavallinis?) in ihrem Testamente mit der Summe von vier Unzen Goldes
bedenkt —
Wir scheiden bei unserer Betrachtung die späteren Malereien aus: nämlich den
oberen Rankenfries, die hl. Ursel vom Jahre 1520, sowie daneben die kleine An-
betung, die Verkündigung von der gleichen Hand, und die übrigen unbedeutenden
Arbeiten dieser Zeit, die sich in der Kirche wie im Vorraum finden. In der Kirche
beginnen wir mit den Bildern des Kores und der gemeinsamen Kirche davor. Dann
folgen die der Ostwand (links) und der Westwand (rechts). Wir schließen mit dem
Jüngsten Gerichte an der inneren Stirnseite (Fig. 2). Die Unterkirche (jetzt vermauert
und zu städtischen Zwecken mißbraucht) war nur mit den Wappen geschmückt, die
zu den hier befindlichen Grabstätten adliger Familien gehörten. Einer gesonderten
Betrachtung bedarf die an der Westseite angebaute Loffredokapelle.
Unter den Resten der Bilder der West wand nach der Tür, die unten in die
eben genannte Kapelle führt, befindet sich ein »Nolt me tangere« und — in auffallend
kleinen Figuren — die Überbleibsel einer Offenbarung Johannis, deren rechte
Hälfte untergegangen ist. In mandelförmigem Heiligenscheine, weißbärtig tront der
Höchste, die Rechte erhoben, die Linke auf das Buch mit den sieben Siegeln gestützt.
Unter ihm liegt das siebenköpfige Tier »gleich einem Pardel« mit den gekrönten
Hörnern. Mehrere übereinanderstehende Gruppen wenden sich links zum Höchsten.
Unten steht das Lamm mit dem Heiligenscheine auf dem Berge Zion; zehn weiße
Gestalten mit dem Siegel an der Stirn beten es an. Darüber drei Engel und acht
Greise mit der Harfe Gottes. Noch höher erblickt man die sieben Engel in langen
weißen Kleidern mit den güldenen Schalen des göttlichen Zornes. Vor ihm fliegt
räume der Fenster eine andere Einteilung zeigen, die durch das Vorrücken des
Nonnenkors gestört wird. Es folgt hieraus, daß man mit der Ausmalung der Kirche
begonnen hatte, ehe dies geschah, und daß sie bereits bis dahin reichte, als man den
Nonnenkor vergrößerte. Mit anderen Worten: wir dürfen annehmen, daß Kavallini
seine Arbeit bald nach der Ankunft in Neapel begann. Anderseits wird man, da
sein Name in späteren Urkunden nicht mehr genannt wird, auf keinen sehr langen
Aufenthalt dort schließen, wohl aber bei der großen Ausdehnung der Wand-
malereien auf eine weitgehende Beteiligung der Werkstatt des Meisters Bedacht nehmen
müssen. Daß dabei auch Sienesen, namentlich aber Neapolitaner in Betracht
kommen, die bereits in sienesischer Schule mochten gelernt haben, ist bei der über-
ragenden Stellung, welche die Sienesen damals in Neapel einnahmen, sehr wahr-
scheinlich; und so ergibt sich schon a priori, was eine nähere stilistische Prüfung
bestätigt, daß die Ausmalung von Peter Kavallini (am Kor) begonnen und durch seine
sienesischen und neapolitanisch-sienesischen Schüler und Gesellen vollendet wurde.
Ob zu ersteren auch der urkundlich bekannte Montan von Arrezzo (s. Seite 35)
zu rechnen ist, muß dahingestellt bleiben, bis uns ein günstiges Geschick einmal mit
seiner Art bekannt macht. Als Neapolitaner aber dürfen wir vielleicht jenen Maler
Michel betrachten, den die fromme Stifterin (als den aufsichtsführenden Vollender
des Werkes Kavallinis?) in ihrem Testamente mit der Summe von vier Unzen Goldes
bedenkt —
Wir scheiden bei unserer Betrachtung die späteren Malereien aus: nämlich den
oberen Rankenfries, die hl. Ursel vom Jahre 1520, sowie daneben die kleine An-
betung, die Verkündigung von der gleichen Hand, und die übrigen unbedeutenden
Arbeiten dieser Zeit, die sich in der Kirche wie im Vorraum finden. In der Kirche
beginnen wir mit den Bildern des Kores und der gemeinsamen Kirche davor. Dann
folgen die der Ostwand (links) und der Westwand (rechts). Wir schließen mit dem
Jüngsten Gerichte an der inneren Stirnseite (Fig. 2). Die Unterkirche (jetzt vermauert
und zu städtischen Zwecken mißbraucht) war nur mit den Wappen geschmückt, die
zu den hier befindlichen Grabstätten adliger Familien gehörten. Einer gesonderten
Betrachtung bedarf die an der Westseite angebaute Loffredokapelle.
Unter den Resten der Bilder der West wand nach der Tür, die unten in die
eben genannte Kapelle führt, befindet sich ein »Nolt me tangere« und — in auffallend
kleinen Figuren — die Überbleibsel einer Offenbarung Johannis, deren rechte
Hälfte untergegangen ist. In mandelförmigem Heiligenscheine, weißbärtig tront der
Höchste, die Rechte erhoben, die Linke auf das Buch mit den sieben Siegeln gestützt.
Unter ihm liegt das siebenköpfige Tier »gleich einem Pardel« mit den gekrönten
Hörnern. Mehrere übereinanderstehende Gruppen wenden sich links zum Höchsten.
Unten steht das Lamm mit dem Heiligenscheine auf dem Berge Zion; zehn weiße
Gestalten mit dem Siegel an der Stirn beten es an. Darüber drei Engel und acht
Greise mit der Harfe Gottes. Noch höher erblickt man die sieben Engel in langen
weißen Kleidern mit den güldenen Schalen des göttlichen Zornes. Vor ihm fliegt