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Rolfs, Wilhelm
Geschichte der Malerei Neapels: mit einem Titelbild in Heliogravüre, mit 13 Textfiguren und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.56470#0038
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eine durch das darauf befindliche Gebäude in drei Teile zerfallende Darstellung:
links die Kammer mit dem unberührten Ehebett, in der sich die Heilige von einer
Dienerin geißeln läßt. Die düstere Gestalt Konrads von Marburg hat hier keinen
Raum. In der Mitte erhält Elisabet eine Botschaft; rechts trennt sie sich von ihrem
Kinde, um in die Welt zu wandern. Bild 4 hat oben zwei klein dargestellte Vor-
gänge: links leistet Elisabet den Eid bei ihrem Eintritt ins Kloster, rechts erscheint
ihr der Heiland. Darunter wird geschildert, wie die Heilige einer Bettlerin ein so
reiches Gewand schenkt, daß diese darüber wie tot hinfällt, worauf Elisabet sie
durch eifriges Beten wieder zu sich ruft. Ebenfalls mehrere Vorgänge vereinigt 5:
Sie wäscht den Armen des Magdalenenspitals in Gotha die Füße; ihre Leiden nach
dem Tode ihres Gemahls; der Abschied von der Wartburg; Aufenthalt in niederen
Hütten; endlich ihr Tod.
Die Darstellung dieser nordischen Legende ist in Italien naturgemäß selten.
Wir müssen sie an der Stelle suchen, wo Gregor IX. Franz von Assisi heilig ge-
sprochen hatte, und wo er auch die fromme ungarische Königstochter heilig sprach:
in Perugia und Assisi. Dort finden wir im Museum (VII, 19) das schöne Altar-
bild des Piero della Francesca, die Gottesmutter mit den hh. Franz und Elisabet
zur Rechten, dem Täufer und Anton von Padua zur Linken. Unserer Zeit näher
stehen die beiden kleinen Staffelbilder mit dem zugehörigen Mittelbild eines Drei-
blattes (V, 12). Eins der Bildchen stellt denselben Vorgang dar, den wir auch in
Donna Regina (Westwand) wiederfinden: ein Soldat sticht mit dem Dolch die hl.
Agnes von hinten in den Hals; auf dem anderen steht die hl. Elisabet vor dem
Spital zu Marburg und nimmt einen Armen auf. Auf dem Mittelstück endlich bietet
das Kind auf dem Schoße der Gottesmutter der hl. Katarina den Verlobungsring,
zur Linken die hl. Elisabet mit den Wunderrosen im Mantel. Wichtiger als alles
dies waren die Fresken der kleinen, unserer Heiligen geweihten Kirche in Perugia,
die leider abgebrochen ist. Die Reste der Bilder sind ebenfalls im Museum (III, 9);
sie tragen die Jahreszahl 133 .. — Links ist wohl der hl. Ludwig von Tulus dargestellt, in
der Mitte Elisabet mit den Wunderrosen, vor ihr die Stifterin, in kleiner Figur das Modell
des Kirchleins darbietend. Wir sehen den engen Zusammenhang mit Neapel, den
die eifrige Verehrung des Franziskanerordens durch die Anjoinen und ihre welfische
Politik herstellen.
Stilistisch müssen wir für die Elisabetlegende eine andere Hand annehmen als
für die Passion, wenn auch der ordnende und entwerfende Geist derselbe bleibt.
Auch hier werden die Vorgänge mehrfach zusammengelegt und durch Baulichkeiten
geschieden. Aber diese sind bei der Elisabetlegende weit massiger und stehen in
einem weniger schlechten Verhältnisse zu den Personen darin. Letztere erscheinen
freier und weniger ängstlich. Auffallend ist auch die miniaturartige Ausführung der
kleinen Vorgänge am oberen Rande, wodurch denn für den Hauptvorgang eine größere
Fläche und Bedeutung gewonnen wird, eine Art, die sich bereits im letzten Bilde
der III. Reihe ankündigt.
 
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