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scheinen unter einem ironischen Lächeln über die Brotrinde und den Totenkopf hervor-
zuquellen. Die hl. Magdalene (84366) ist jugendlich, mit starkem Busen, rein akademisch
glatt nach Art des Guido dargestellt. In 84402 vereinigt sich der süßliche Stanzionist
mit riberischen Kraftanwandlungen. Die Büßerin ist auch hier eine sehr üppige
schönbusige Frau von mächtigen, ungebrochenen Formen, zu der der Totenkopf in der
linken Hand ganz ebenso unaufrichtig steht wie der nach oben gerichtete Blick:
Dieser Körper hat noch zu viel sinnliche Kraft, um dem verzehrenden Feuer ent-
sagender Glaubensglut zu erliegen. Der Hintergrund ist drohend tiefschwarz, das
Kleid ein schönes leuchtendes Tiefblau, der Mantel weinrot. Im Saal VI finden wir
(o. N.) die kleine Halbfigur der Magdalena im länglichen Rechteck nach Bolonjeser
Muster. Die Schöne legt kokett den Kopf auf den Schädel, schaut sinnlich seitwärts,
läßt das Haar geschickt über den rechten Busen fallen, der wie die schönen Schultern
scharf vom Lichte getroffen wird: die Pfade Riberas! Auf dem hochstehenden
Rechteck (o. N., beschädigt) stützt die Heilige im Brustbilde den Kopf in die Linke.
Der bekümmerte Ausdruck des Gesichtes überzeugt nicht. Das braune Haar fällt
locker herab und ist über die linke Schulter in mehreren losen Strähnen über den
vollen Busen gezogen, den auch die weiche schonende Hand nicht verhüllen
will. Auch hier mehr sinnliche Koketterie als Wahrheit, mehr Aufforderung zur
Sünde als zur Abtötung. Von allen den zahlreichen Büßerinnen, die wie Pilze
aus der Erde schießen, nachdem die Bolonjesen den Vorwurf zur Mode gemacht
haben, kommt keine zur wirklichen Reue mit der alleinigen Ausnahme der Mag-
dalena Riberas im Komohause. Freilich: das war Fleisch von seinem Fleisch; den
Kummer und die Reue hatte er im eigenen Hause durchleben müssen; und seine
spanische Glaubensglut war so aufrichtig, wie sie dem Neapler Gemüt verhaßt
und fremd war. Dennoch wagt auch Vackaro den ernsten nach innen gekehrten
Kummer darzustellen auf der lesenden Magdalena (im selben Saal, o. N.). Was
er indes erreicht, ist nur ein unschönes blasses Gesicht mit schwarzen Schatten; es
beugt sich über ein mit beiden Händen vorwärts gestrecktes Gebetbuch, das sie gegen
ein paar Brote stützt. Der linke Arm nimmt dabei einen auffallend großen Raum
ein und stört ganz ebenso wie der rechte auf dem vorher besprochenen Bilde1). —
Diesen Werken schließt sich die hl. Agate des Komohauses an (Nr. 1464, gezeichnet
^^^). Auf dem dunkeln Grunde des Kerkers eine Kniefigur mit wenig modelliertem
Brustakt. In der Linken deutet ein leichtes Kettchen das Los der Gefangenen an.
Von roher Henkershand sind der Märtirerin die Brüste abgeschnitten: nun zieht sie
das weiße Hemd und den blauen Mantel gerade so weit, daß man den Anfang der
1) Von Werken Vackaros befanden sich nach De D. im Hause des Dr. Ludwig
Romeo, Barons von S. Luigi, die folgenden: eine Magdalena, ein hl. Franz von Assisi, eine
Halbfigur des hl. Jänner und eine andere der hl. Agate »von solcher Schönheit und Würde
des Gedankens, daß sie wahrhaftig von dem unübertrefflichen Guido gemalt erscheint«.
(Komohaus N. 1464).
scheinen unter einem ironischen Lächeln über die Brotrinde und den Totenkopf hervor-
zuquellen. Die hl. Magdalene (84366) ist jugendlich, mit starkem Busen, rein akademisch
glatt nach Art des Guido dargestellt. In 84402 vereinigt sich der süßliche Stanzionist
mit riberischen Kraftanwandlungen. Die Büßerin ist auch hier eine sehr üppige
schönbusige Frau von mächtigen, ungebrochenen Formen, zu der der Totenkopf in der
linken Hand ganz ebenso unaufrichtig steht wie der nach oben gerichtete Blick:
Dieser Körper hat noch zu viel sinnliche Kraft, um dem verzehrenden Feuer ent-
sagender Glaubensglut zu erliegen. Der Hintergrund ist drohend tiefschwarz, das
Kleid ein schönes leuchtendes Tiefblau, der Mantel weinrot. Im Saal VI finden wir
(o. N.) die kleine Halbfigur der Magdalena im länglichen Rechteck nach Bolonjeser
Muster. Die Schöne legt kokett den Kopf auf den Schädel, schaut sinnlich seitwärts,
läßt das Haar geschickt über den rechten Busen fallen, der wie die schönen Schultern
scharf vom Lichte getroffen wird: die Pfade Riberas! Auf dem hochstehenden
Rechteck (o. N., beschädigt) stützt die Heilige im Brustbilde den Kopf in die Linke.
Der bekümmerte Ausdruck des Gesichtes überzeugt nicht. Das braune Haar fällt
locker herab und ist über die linke Schulter in mehreren losen Strähnen über den
vollen Busen gezogen, den auch die weiche schonende Hand nicht verhüllen
will. Auch hier mehr sinnliche Koketterie als Wahrheit, mehr Aufforderung zur
Sünde als zur Abtötung. Von allen den zahlreichen Büßerinnen, die wie Pilze
aus der Erde schießen, nachdem die Bolonjesen den Vorwurf zur Mode gemacht
haben, kommt keine zur wirklichen Reue mit der alleinigen Ausnahme der Mag-
dalena Riberas im Komohause. Freilich: das war Fleisch von seinem Fleisch; den
Kummer und die Reue hatte er im eigenen Hause durchleben müssen; und seine
spanische Glaubensglut war so aufrichtig, wie sie dem Neapler Gemüt verhaßt
und fremd war. Dennoch wagt auch Vackaro den ernsten nach innen gekehrten
Kummer darzustellen auf der lesenden Magdalena (im selben Saal, o. N.). Was
er indes erreicht, ist nur ein unschönes blasses Gesicht mit schwarzen Schatten; es
beugt sich über ein mit beiden Händen vorwärts gestrecktes Gebetbuch, das sie gegen
ein paar Brote stützt. Der linke Arm nimmt dabei einen auffallend großen Raum
ein und stört ganz ebenso wie der rechte auf dem vorher besprochenen Bilde1). —
Diesen Werken schließt sich die hl. Agate des Komohauses an (Nr. 1464, gezeichnet
^^^). Auf dem dunkeln Grunde des Kerkers eine Kniefigur mit wenig modelliertem
Brustakt. In der Linken deutet ein leichtes Kettchen das Los der Gefangenen an.
Von roher Henkershand sind der Märtirerin die Brüste abgeschnitten: nun zieht sie
das weiße Hemd und den blauen Mantel gerade so weit, daß man den Anfang der
1) Von Werken Vackaros befanden sich nach De D. im Hause des Dr. Ludwig
Romeo, Barons von S. Luigi, die folgenden: eine Magdalena, ein hl. Franz von Assisi, eine
Halbfigur des hl. Jänner und eine andere der hl. Agate »von solcher Schönheit und Würde
des Gedankens, daß sie wahrhaftig von dem unübertrefflichen Guido gemalt erscheint«.
(Komohaus N. 1464).