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Beck, Paul A. [Editor]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 30.1912

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Rummel, Anton: Der letzte Versuch einer Gegenreformation in Biberbach und dessen hospitälischen Ortschaften 1628-1649, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27735#0022

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18

der Kirche hinauszuschaffen, fie solleu
selbst eine Kirche unr ihr Geld baueu
uud ihre Prädikauteu auf ihre eigeue
Kosteu uuterhalteu.

Er brachte dritteus vor, daß er uiit
Befremdeu geseheu, daß die Evaugelischeu
uicht deu Osterdienstag mit deu Katholikeu
feiern. Mnn solle befehleu, daß die Evan-
gelischeu die Feiertage wie die Katholiken
halteu, auderufalls ihueu die Pfeide auf
dem Acker vom Pflug weggeuommeu
werdeu folleu.

Eudlich ermahnte er deu Rat, seiue
obrigkeitliche Gewalt uud Macht zu ge-
braucheu und versprach, ihn dabei zu
uuterstützen.

Am 14. Mai hielt dauu der kath.
Rat eiue Beratuug über die Forderuugeu
Hußmauus. Bei der Veratung meiuten
die Ratsmitglieder, die Evaugelischeu wer-
deu sich jetzt uuu selbst dazu versteheu,
daß die evaugelischeu Schulmeister, Spital-
verwnlter und audere aus dem Spital
geschafft werdeu. Feruer üußerteu sie fich
dahin, zur Erhaltung des bürgerlicheu
Friedeus, der Ruhe uud Eiiügkeit gäbe
es keiu besseres Mittel, als weuu die Evau-
gelischeu auch ihre besoudere Kirche hätteu;
schou die Kaiserliche Commissiou, die 24.
Juli 1607 wegeu der Mißhandluug eiues
Geistlicheu iu der Pfarrkirche eruauut
mordeu sei, habe dahiu crkannt, daß die
Evangelischeu deu Katholikeu die Pfarr-
kirche eiuräumeu svllen. was aber megeu
des Todes der beideu Commissire*) nicht
ansgeführt worden sei. Weiter spracheu
fie die Hostuuug aus, wegeu der Feier-
tage werden sich die Eoangelischeu deu
Katholischen arrommodiereu.

Hierauf wurde beschlosseu, für dic kath.
Religiou das Acußerste zu tuu, die Kaiser-
licheu Instruktioueu, Dekrete uud Besehle
uud alles deu Brieseu und Siegelu ge-
mäß auszuführeu. Uebrigeus meinteu
die Ratsmitglieder im Auschluß nu dieseu
Beschluß, sie hätteu, obmohl vou deu 21
Ratsmitgliederu uur 13 katholisch seieu
uud das Volk größteuteils evaugelisch sei,
jederzeit ihren katholischeu Eifer erzeigt,
so durch Restaurieruug drr Pfarrkirche
nud Ausrüstuug derselbeu mit Altäreu,
ueuer Orgel, kostbareu Moustrauzeu uuv
Cvnnmssüre wnrcnDeutschordcns-
coinmenthur Christoph Tuinb von Neuburg und
Hans Heinrich von Ncuhausen.

Oruateu, durch Erweiteruug der Spital-
kirche uud Reparierung der Nikolauskirche
samt dariu wöcheutlich iviedergehalteuem
Gottesdieust, durch Wiederhaltung der
seit 70 Jahrcu unterlasseuen Fronleich-
uamsprozession, durch Einführuug des
ueueu Kalenders, durch Bestelluug eines
katholischeu Priesters im Spital, durch
Einführuug des Betens vou Vaterunser
und Ave Maria morgeus uud abeuds
im Spital uud des Gebetläutens im
Spital uud bei St. Magdalena und des
Douuerstagsgeläutes, dnrch Einführuug
des täglicheu Gottesdieustes mit Meffe-
lesen uud des Predigeus im Advent uud
iu der Karwoche, durch Errichtuug der
Muttergottes-, Sebastiaus- uud Corporis-
Christi-Bruderschaft uud durch Erbaunng
des Kapuzinerklosters.

Zur Bekräftiguug ihres obigeu Be-
schlusses schickteu sie uoch am gleichen Tag
deu evnugelischen Spitalmeisteru, Spital-
Schullehreru uud Kindsväteru deu Befehl
zu, imierhalb eiues Monats vou ihreu
Stelleu abzutreteu und dem Spitalprä-
dikauteu Matth. Briegel befahlen sie, er
solle sich aller Amtshaudliiugen im Spi-
tal euthalteu; betreffs der Pfarrkirche aber
warteteu fie uoch mit eiuem Dekrct zu.

Wie stellteu sich miu die Evaugelischeu
zu deu Forderuugeu Hußiuauns uud zu
dem Beschlusse des kath. Rats?

Zuerst zeigteu sich die Evaugelischeu
eutgegeukommend. Auf derRatsversamm-
luug am 15. Mai, wo alle evangel. uud
kathol. Ratsmitglieder beisammeu waren,
erklürteu die evaugel. Seuatoren ihren
kathol. Collegeu gegeuüber, sie wollteu
im Spital kein auderes Religiousexer-
citiuui habeu, als daß die Sterbenden
eiueu Priester vder Prädikauteu zu sich
rufeu dürfeu urid sie verlaugteu uur, dnß
ihueu au Stelle der Pfarrkirche aus der
Stadtkasse eiu bcquemes Predigthaus ge-
baut werde, worauf mau im Rat geneigt
war, ans der Stadtkasse svwohl eiu Pre-
digthaus zn baueu als auch die Prädi-
kauteu zu besolnen. Zugleich verlaugten
die Evangelischeu aber auch Geld aus der
Stadtkasse, um Gesaudte an lllm uud
Württemberg schickeu zu köuueu, welche
bei denselbeu Rat holeu sollteu wegen
ihrer Ncligionsangelegeuheit.

Judes am 18. Mai zeigten sich die
 
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