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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 30.1912

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Müller, Karl Otto: Die alten Grabstätten des unteren Friedhofes in Ravensburg, [5]
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Kleinere Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27735#0098

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94

Berechtigung dazu vorhanden war, in
seinem Enderfolge ebenso zu bedauern
wie die bei Ziffer 9 uud anderen Grab-
mälern beliebte, vermutliche Wegnahme
in gewinnfüchtiger Absicht.

Von den bei Schlapperitz-Merk (S. l
unten bis S. 4 Mitte) bis zur fogen.
„Kräfftischen Grabstat") beschriebenen
Grabstätten, deren es im ganzen nach
meiner Berechnung 59 an der Zahl
sind.ch haben sich 38 bis heute erhalten
(wobei in beiden Angaben unsere Nro.
37 (a u. b) je als befondere Grabstätte
gerechnet wnrde). Von den zu der Zahl
59 fehlenden 21 Grabstätten find wohl
die Hälfte überhaupt nicht in die Mauern
des Friedhofs eingelassen gewesen und
konnten deshalb leichter bei einer Neu-
belegung der Gräber entfernt werden, die
andere Hälfte der fehlenden Grabstätten
mußte wohl den uns oben mehrfach be-
gegnenden Grabmälern des 18. Jahrh.
weichen. (Forts. f.)

') Die bei Schlapperitz alsdann nachfolgenden
Grabstätten des unteren Friedhofs (meist aus
dem Ende des 17. u. dein Anfang des 19. Jhrh.)
sind alle ntcht an der Mauer angcbracht gewesen
und haben sich deshalb nicht erhalten.

Hiebet kommen natiirlich vielfach auch Fa-
miliengrabstätten mit mehreren Personen in Be-
tracht, die ja immcr nur als cine Grabstätte
gerechnet wurden. Mcrk gibt den einzelnen
Grabstätten in seinem Aufsatz keine Ziffern.

kleinere sVlitteilungen.

6eck. — 8lii;chiU5 in Zchwaven.

Der bekannte Humanist Kaspar Bruschius
(gb. zu Schlackenwald in Böhmen ani 19. August
1518) besuchte im Herbst 1536 die Unioersität
Tübingen, welche damals sehr in Aufschwung
gekommen war. Paulus Phrygius, Melchivr
Volmar, ein SchülerAlciats, IoachimCamerarius,
der Jurist Joh. Sichard, die Mediciner Leonhard
Puchs, Jak. Schlegk u. s. w., bildeten zu jener Zeit
die Zierde dieser Hochschule. Von Tübingen,
wo damals das leidige Saufen sehr im Schwunge
war und wo Bruschius sich dasselbe wohl ange-
wöhnt haben mag, wanderte Bruschius nach Ulm,
wo er um d. I. 1536 bei der Wittwe des dor-
tigen Reformators Konrad Sasojm gastliche Auf-
nahme fand. Durfte man übrigens den i. 1.1541
gegen ihn losgelaßenen, nicht ganz unverdächtigen

„Upi§raminata" glauben, so hätte er in Ulm ein
„Sündenleben" gefiihrt Jn Ulm lebten damals
u. a. Schwenkfeld, Melchior Hoffmann, der
„/Irctiiscriba" Aptinger, u. der nachgen. Frnnk.
Das 2 Meilen von U. entfernte Prämonstratenser-
kloster Roggenburg besang der Neunzehn-
jährige in einem langen lat. Gedichte. Ebenso
auch das zwischen U. und Augsburg gclegene
Kloster gleichen Ordens Ursberg noch ausführ-
licher; um dies zu verslehen, muß man sich ver-
gcgenwärtigen, daß die Klöster damals viel von
jungen Leuten, Studenten, Scholaren und dergl.
der Gastfreundschaft halber aufgesucht und dann
angesungen wurden. Brusch gehörte in seinen
jüngeren Jähren in der die damalige Welt be-
wegende Reformationsfrage zu jenen zahlreich
oertretenen Zwitternaturen, die bald evangelisch,
bald noch katholisch zwischen beiden Glaubens-
richtungen unsicher hin- und herschwankten und
es niit keineni der beiden Theile verderben wollten.
Freilich, wie sehr mußte doch der Jndifferentismus
herrschen, wenn man so, wie Bruschius z. Theil
gegen die alte Kirche schreiben, und dabei doch
ein Freund von Bischöfen, Klöftern und Äbten
sein konnte, bzw. wollte. Mehrmals hielt er
sich bei Christoph v. Stadion, Vischof von
Augsburg an dessen Hof zu Dillingen auf.
Wo er kann, überfließt er von Lob für den auch
von andern gerühmten „unvergleichlichen" Mann,
der ein Mäcenas aller Gelehrten, auch ihm ein
gütiger Gönner gewcsen, ihn volle 2 I., währ-
scheinlich in seiner Tübinger Studienzeit, unter-
stützt. Stadion war einer der edelsten d. Bischöfe,
so gebildet, vcrsöhnlich und ruhiger Verständigung
gcneigt, daß auch protestantische Fürsten und
Theologen gerne auf ihn kompromittirten; ein
solchcr Mann konnte für den halbevangelischen
Bruschius nur anziehend wirken. Er widmete
diesem Kirchenfürsten auch eine Schrift: 8alomo-
n!s provsrbiorum capita äuc>, welche zu Ulm
bei Sebastian Frank, dem Historiker-Philvsophcn
erschien, welcher durch äußere Nöthigung von
1533—39 Buchdrucker zu U. geworden war. Als
Bischof Stadion i. I. 1543 starb, weihte ihm
Bruschius einen Nachruf in seinen, im selben I.
zu Leipzig erschieneneu ,8iivas". Auch nach
Kloster Weingarten scheint Br. gekommen zu
sein, dessen Abt Gerwig Blasufrer aus
Constanz, .ckomino st patrono suo" er Gedichte
widmete. Blarer wurde von Brusch. als Zierde
seiner Baterstadt, als ein durch Gelehrsamkeit,
Kiugheit und Treue ausgezeichneter Rat Karls V
und als ein Bcgünstiger der Wissenschaften ge-
priesen. Auch das Kloster selbst feierte er in
seincm „äci^iüo cie kunckatioris Lenobü Vine
arum". Später, um d. I. 1549 kam er auch
nach Schaffhausen, Ueberlingen, Meersburg,
Buchhorn und namentlich an Lindau, wo er
10 Tage der ausgezeichneten Gastfreundschaft
des Stadtphpsikus D. Hener bezw. von dessen
Sohn Renatus Hener, genoß, mit dem er hierauf
nach dcm alten Montfortstädtchen Tettnang
ritt. Hier beschenkten ihn die Grafen v. Montfort
reichl^ch, außer mit andern Gelehrten unterhielt
er sich hier auch mit Franz Welser in heitern,
bis in die Nacht hinein dauernden Zusammen-
künften Früher schon hattc er eine Fahrt zu
den Rheinquellen nach Rheineck, der alten Burg
 
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