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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 30.1912

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Rummel, Anton: Der letzte Versuch einer Gegenreformation in Biberbach und dessen hospitälischen Ortschaften 1628-1649, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27735#0042

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l)e>> telrte Vei'sucl) einev Gegeni'eioi'-
malion in 8ibei«Äck uncl
clessen bospitäiiscben Orls^aflen
1628—1649.

(Nach den Akten im kath. Stadtxfarrarchiv
zu Biberach.)

Von Kaplan Rummel.
(Fortsetzung.)

Genatl genommen mar die wichtigste
Frage diese, welche Nechte haben die Ma-
gistrate der Reichsstädte? Haben sie das
ju8 reforrrnmäi allein oder blos mit Zn-
stiinmung der Bürger? Die Protestan-
ten behaupteten, mit Zustimmung der
Bürgerschaft hat der Rat das jus reior-
ruanäi und entsprechend dieser Ansicht
hat der evangel. Rat zu Biberach, als
es galt in den Vergleich vom 23.
Mai 1628 einzuwilligen, sich nicht für
zuständig erklärt. Zum Beweise, daß die
Bürgerschaft maßgebend sei, haben die
Protestanten vorgebracht, daß der Bürger-
schaft zu Cöln, Angsbnrg, Aachen und
Danauwörth in Religionssachen gegen
den Magistrat geholfen wurde. Die Ka-
tholiken jedoch behaupteten, das jus re-
formancll habe allein der Magistrat nnd
wiesen dabei mif das Vorgehen des Ma-
gistrats in Ulm, Eßlingen und Heilbronn
in Religionssachen hiil. Nach der An-
ficht der Katholiken hatten also die Bi-
beracher im Jahre 1531 das aristokra-
tische Regiment der Patrizier mit Unrecht
abgesetzt und Karl V. hat den kathol.
Patriziern 1551 wieder mit Recht
zum Stadtregiment verholfen, welch letz-
teres das ju.8 rekormancll hat. Nach der
Ansicht der Katholiken konnten sich die
Protestanten Biberachs nicht mif den
Augsburger Religionsfrieden von 1555
berufen, welcher die Stände der alten
Religion und der Augsburgischen Con-
session bei ihrer Religion, ihren Religions-
gebräuchen, Besitztümern und Rechten
unbeschwert bleiben läßt, weil die Bi-
beracher damals Zwinglianer waren nnd
von 1537—1550 den Zwinglianer Bene-
dikt Wid mann znm Prädikantenhatten.
Die Protestanten jedoch behaupteten, daß
die kath. Religion und die Augsburgische
Confession zur Zeit des Religionsfriedens
in Biberach bestanden hätten. Betreffs
der Psarrgerechtigkeiten beriefen sich die

Katholischen auf diese Bedingung des
Kaufsvertrags, daß dieselben nur für die
Katholiken zu verwenden seien und die
Pfarrei nur mit kath. und keinen sektischen
Priestern zu versehen sei, während die
Protestanten zu ihren Gunsten auslegten
die ff. Worte: „Jn dem Stand, in wel-
chem sie den Kirchensatz überkommen, sol-
len sie ihn gebrauchen". Was das Spi-
tal anbelangt, meinten die Protestanten,
hätten die Evaugilischen auch Stiftungen
gemacht, worauf die Katholiken sich da-
hin üußerten, diese könnten ihnen ja wie-
der zurückbezahlt werden. Am kräftigsten
konnten sich immer die Protestanten auf
das Dekret Ferdinands I. von 1563 be-
rufen, wodurch den beiden Confessionen
die gleichen Rechte zuerkannt wurden. Die
Katholikeu jedoch machten aufmerksam
auf die Bemerkung dieses Dekrets: „Ver-
möge unseres und des hl. Reichs aufge-
richteten Religionsfriedens ordnen wir
dies an" d. h. sorveit es der Neligious-
friede zuläßt.

Bei diesen Streitigkeiten zwischen bei-
den Religionen konnten die Commissäre
nicht viel ausrichten. Sie entschieden den
Streit dahin, daß derKath. Rat gemäß dem
Vergleich vom 23. Mai 1628 vorgehen
soll, und hinterließen deshalb bei ihren
Weggang vom Biberach am 16. Novem-
ber dementsprechende Dekrete an Kath.
Bürgermeister und Rat, an die Augsburg-
ischen Confessions-Verwandten, an den
Prädikanten zu Holzheim und an alle
lutherischen Untertanen ans dem Lande.

Das Dekret an die Augsburgischen
Confessions-Verwandten lautet:

„Der Röm. Kaiserl. Majestät u. s. w. Unseres
allergnndigsten Herrn verordnete Cvmmissarii in
Sachen, die zwischen den Katholiken und Augs-
burgischen Consessionsverwandten wegen des
Cxereitii beider Religionen in der Psarrkirche,
vorgenommener Veränderung der Officiere im
Spital und anderer Sachen iu dieser Reichsstadt
Biberach entstandene Jrrung und Streitig-
keiten betreffen, befehlen ihnen, den Augsburg-
ischen Confessionsverwandten, über alle hievor
beschehene vielfältige miindliche starke und treu-
herzige Vermahnungen, Erinnerungen und von
Jhrer Kaiserl. Majestät an dieselbe selbst abge-
gangenes Befehlsschreiben, nicht weniger in dero
Nameu und aus habender Vollmacht von uus
erequierter Cominission hiemit nochmals allen
Ernstes und bei Vermeidung Kaiserlicher llngnad
und Straf an Leib, Ehre, Hab und Gut, daß sie
 
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