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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 30.1912

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Ludewig, Anton: Die Äbtissin Ursula Haider in Valduna
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https://doi.org/10.11588/diglit.27735#0084

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80

von neun Jahren für die Ankunft Ursnlas
in Reute, noch die der 36 Jahre aske-
tischer Tugendübnng vor der Abtisfin-
Wahl, sondern berührt nur kurz das Zu-
sammenleben und dessen segensreiche
Wirkungen für Ursula und hebt im un-
mittelbaren Anschlusse daran hervor, welch
heilsanien Einfluß der fromme Beicht-
vater auf die junge Ursula ausübte. Es
ist interessant zu beobachten, wie kurze
Andeutungen dieser Handschrift, welche
offenbar der Chronistin Juliana Ernst
als Quelle diente, ch hier zu langen Aus-
führungen erweitert nnd mit Zusäßen
versehen werden. Um vorläusig von der
Publikation anderer Abschnitte abzusehen,
lassen wir hier nur die beiden auf die
vorgelegte Frage bezüglichen Stellen im
Wortlaute folgen.

„Zu der selbigen zyt was sälgi closneri
genantt Betli ze ruete. Zu der andächttigen
closnerin dissi jungfrow sunder vil liebe
un wandels zu ir hatt. Vil tugent geläß
mit übungen und gaistlichn sytten ge-
lernett, och mit ernst erfolget. Gott der
here fügt ir zü gar ain göttlichn frum-
men bychtvatter; dem ergab si sich genß-
lichn in aller gehorsamkait: er zoch si
och gar streng nn gaistlich, aber si was
willig und dienet gott mit ringmüttigen
frölichen herzen."

Demnach möchte ich das Verhältnis
Ursulas zur guten Betb in folgende Worte
znsammenfassen: Der Ruf des heilig-
mäßigen Lebens der Elisabeth Achler ver-
anlaßte die Pflegeeltern Ursulas diese in
die Klause von Reute zu geben; hier
machte das Tugendleben der Klausnerin
einen mächtigen, nachhaltigen Eindruck
aus das Herz des 7 bis 8 jährigen Kindes;
Aufforderungen der Seligen zur Tugend
nnd zur Nachfolge des leidenden Hei-
landes blieben in dem empfänglichen
Sinn Ursulas haften: nach Bethas Tode
wirkte ihr Tugendbeispiel bei den Klans-
nerinnen noch fort, der fromme Beicht-
vater förderte das Werk und lenkte Ursnla
nach den Grundsäßen und Lehren, die
die gute Beth zu solcher Heiligkeit empor-
geführt hatten.

») vr. Glatz, a. a. O. S. 7.

Gegenüber dem von ?. Ludwig
erbrachten Nachweis, daß Urs. Haider
schon 1457—60 und wieder 1461—71
Abtissin von Valdunen war, gebe ich
ohne Zögern und Vorbehalt zu, daß,
womit ich bereits Schw. Arch. 1911 S. 25
rechnete, sie wirklich 85 Jahre lebte und
ca. 14l3 geboren wurde, betone aber,
daß erst durch diesen Aufschluß die ver-
schiedeneu Zeitangaben der Villinger Chro-
nik über Haiders Leben eindeutig ver-
stäudlich wurden. Denn versteht man
die von mir bislang auf das Lebens-
alter bezogenen 36 Jahre von ihrem
asketischen Leben in Reute und Valdunen,
also von 1422, bezw. wie ?. Ludwig
annimmt von 1420 ab, so kommt
man nach Zuzählung der 13 Valduner
Regierungsjahre auf 1471, bezw. 1469,
so daß noch 9, bezw. 11 Lebensjahre
unausgefllllt bleiben. Rechnet man sie
aber vom Eintritt in Valdunen, d. h.
von 1431 an, obwohl man nicht einsieht,
warum der Haiders ganze Richtung be-
stimmende Aufenthalt in Reute nicht
mitgezählt werden soll, so erscheint Ursula
im Widerspruch mit der geschichtlichen
Wirklichkeit erst 1467 als Oberin von
Valdunen.

Dagegen halte ich nach wie vor daran
fest, daß Haider keine direkte Schülerin
der guten Beth ist. Gegen ?. Ludwigs
Verlegung solcher Beziehungen in die letz-
ten Wochen bezw. Monate vor deren Tod,
also 1420. erheben sich die von mir schon
Schw. Arch. 1911 S. 23 geltend gemachten
Bedenken z. T. in verstärktem Maße:
nach größere Jugend Haiders. Dazu
kommt, daß die ältere Handschrift den
Hanpteinfluß dem Beichtvater, wohl dem
erst 1428 verstorbenen Probst Kügelin,
dem Seelensührer der Gnten Beth, und
nicht dieser. die zu allem hin noch ein-
geschlossen war, zuschreibt. Die Nachricht
von ihrem Einfluß kann gar wohl auch
1600—1510 auf bloßer, sich von selbst
nahelegender Kombination beruhen, so-
bald nur ein Aufenthalt in Reute be-
zeugt ist, während die Nachricht vom
Einfluß des Beichtvaters eine besondere
uberlieferung zu erfordern scheint.

Waiblingen. Sidtpfv. Brehm.
 
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