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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 3.1917/​1918

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Nr. 2
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Frimmel, Theodor von: Malerische Naturbeobachtungen, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.52767#0054

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große noch mehr fördern muß als eine näher liegende Trübung T( im
dritten Schema. Dabei sind keine dichten Verhüllungen gemeint, die keinerlei
Sonnenbild mehr entstehen lassen, sondern nur trübere Schichten eines
sonst verhältnismäßig klaren Mediums. In dem gewählten Fall mit der ent-
fernten Trübung T2 sieht die Sonne rot und stark vergrößert aus. Sie
blendet dann nicht und kann mit ungeschütztem Auge ohne jeden Schaden
des Beobachters betrachtet werden.
2. Beispiele künstlerischer Darstellung.
Milde Sonnenbilder, auch die großen roten Sonnenscheiben und die
zerflossenen Sonnenbilder, sind Gegenstände der Darstellung, da der Be-
obachter den abgeschwächten Glanz des Gestirns leicht ertragen kann, wo-
gegen die klaren, blendenden Sonnenuntergänge für die Kunst nicht eigent-
lich in Betracht kommen, wenigstens nicht für eine realistische Auffassung.
Erst die Beleuchtung kurz vor oder bald nach dem Versinken der Sonne
kann bis zu einem gewissen Grad getreu durch die Malerei wiedergegeben
werden. Aber auch da wird der Gegensatz der Helligkeiten auf der Palette
schwer ausreichen. Denn die Pigmente sind äußerst lichtschwach und
können nur durch ihr gegenseitiges Verhältnis Lichtwirkungen vortäuschen,
welche der Beleuchtung wirklicher Gegenstände entspricht. (Dazu Helm-
holtz: Optisches über Malerei im II. Band der: Vorträge und Reden.) Ge-
wöhnlich wird also die Sonne selbst überhaupt nicht dargestellt, sondern
nur ihre Lichtwirkung im Freien, in geschlossenen Räumen, bei hohem, bei
niedrigem Stand, bei klarer und bei trüber Luft. Bei klarem Himmel eignet
sich die ausgesprochene Dämmerung ganz prächtig für eine stimmungsvolle
Wiedergabe. Die meisten Leser dürften sofort an Ziem und Zwengauer
denken, und aus der älteren Kunst erinnern wir uns bald an die besten
Venezianer des 16. Jahrhunderts. Manche Maler haben die Sonne selbst ins
Bild gesetzt. Ich gebe heute keine Ikonographie der Sonne*) und sehe vor-
läufig von den Darstellungen im Altertum und Mittelalter gänzlich ab. Als
ein neuzeitlicher Naturbeobachter unter den Malern fällt alsbald ein Dürer
auf und in bezug auf Sonnendarstellungen besonders Albrecht Alt-
dorfer, der mehrmals den Versuch gemacht hat, die grelleuchtende Sonne
ins Bild zu setzen. Ich vermute, daß er eine glänzende Wirkung mittels
Maigoldes erzielt hatte. Wenigstens habe ich mir vor (ach! so vielen) Jahren
von einem der Quirinusbilder im Germanischen Museum zu Nürnberg auf-
geschrieben, daß die Sonne ursprünglich mittels Maigoldes dargestellt war
und erst bei Gelegenheit einer alten Restaurierung gelb überschmiert worden
ist. Das Bild stellt die Findung der Quirinusleiche dar und ist längst in
weiten Kreisen durch Nachbildungen bekannt geworden. Auch auf noch
anderen Bildern hat Altdorfer die Sonne ins Bild gesetzt, so in der Kreuzi-
gung von 1506, wieder im Germanischen Museum, auf einigen viel be-
sprochenen Bildern der Münchner Pinakothek und auf dem Gemälde zur
Quirinuslegende in der Akademie zu Siena (Abbildung bei Ernst Heidrich:
Die deutsche Malerei). Auf dem Bild in Siena ist das malerische Mißver-
ständnis festzustellen, daß Personen und Gegenstände von links her be-
*) Die stilisierte Wiedergabe der Sonne ist eine Scheibe. In dieser Form hat sie
bis in die neueste Zeit ausgehalten.
 
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