war es noch, das Campendonk veranlasst
hat, vom Sturm fortzugehen?
„Auch wurde mein Name ebenso wie der
Name Paul Klee jahrelang benutzt, um eine
Sturmschule (die inzwischen nach Entfer-
nung dieser Namen aus den Reklamean-
zeigen des Sturm zu einer Sturm-Hochschule
avancierte) vorzugeben. Jedenfalls habe
ich keine Stunde dort unterrichtet und bin
auch nie aufgefordert worden, es zu tun.
Das alles sind — und ich bin glücklich,
dem Sturm entronnen zu sein.“
Was ist es, das Campendonk behauptet?
Sein Name wurde benutzt, um eine
Sturmschule vorzugeben. Grammati-
kalisch sowohl wie syntaktisch ist der Satz
unmöglich. Das Wort „vorgeben“ hat nur
zwei Bedeutungen, eine wörtliche und eine
übertragene. Die wörtliche, sei sie zeitlicher
oder örtlicher Art, ergibt keinen Sinn. In
der übertragenen Bedeutung heisst das Wort
soviel wie „vortäuschen“. In diesem Sinn
jedoch kennt die deutsche Sprache keine
rein transitive Anwendung des Worts. Man
kann nicht sagen: Jemand gibt Geld vor,
oder, um dem vorliegenden Fall näher zu
bleiben: Ein Aushängeschild gibt einen Ge-
schäftsladen vor. Nur die Konstruktion mit
„dass“ oder mit dem indirekten Nebensatz
ist zulässig. Jemand gibt vor, dass er Geld
habe, oder, er habe Geld. Wer ist es nun,
der vorgibt, dass eine Sturmschule bestehe?
Grammatikalisch sind es die Namen Campen-
donk und Klee, die „vorgeben“. Sie werden
benutzt, um vorzugeben. Allerdings ist
möglich, dass Campendonk einer verbreiteten
Sprachverwilderung nachgab und den Sturm
selbst als das vorgebende Subjekt gedacht
hat. Der Sinn ist in beiden Fällen beinahe
völlig gleich: Die Namen wurden vom Sturm
benutzt, damit sie eine Sturmschule vor-
täuschen sollten. Oder: Der Sturm hat die
Namen benutzt, um mit ihnen eine Sturm-
schule vorzutäuschen. Das Wesentliche
bleibt, dass Campendonk dem Sturm zum
Vorwurf macht, er habe eine Sturmschule
vorgetäuscht, und sich dieser Namen
als eines Mittels der Täuschung bedient.
Der parenthetischeZusatz von der Entfernung
der Namen aus den „Reklameanzeigen“ des
Sturm gibt einen Anhalt, worauf Campen-
donk seine Behauptung stützt. Unter „ Re-
klam eanzeigen“ kann er nur die Anzeigen
verstehen, die im Sturm und in den Pro-
spekten erschienen waren, und er sollte
wissen, dass ohne solche Anzeigen kein
Lehrinstitut bestehen kann, ja, dass es ver-
pflichtet ist, genaue und ausführliche Pro-
spekte zu veröffentlichen. Warum nennt
Campendonk diese Anzeigen „Reklamean-
zeigen“? Das Wort Reklame ist in einem
rein geschäftlichen Betrieb frei von jeder
üblen Nebenbedeutung. Auf die Anzeigen
einer Kunstschule angewendet, soll es ver-
letzend wirken. Campendonk erhebt den
Vorwurf, dass ein ideellen Zielen zuge-
wandtes Unternehmen sich mindestens wie
ein geschäftliches gezeigt oder sogar voll-
kommen als ein solches gehandelt habe.
Da er sich nicht näher äussert, so beziehe
ich seinen Vorwurf in diesem Zusammen-
hang eben auf die Nennung der Namen
Campendonk und Klee. Durch sie wurden
die Anzeigen zu Reklameanzeigen. Und da
also Campendonk diese gelesen hat, kann
ihm nicht entgangen sein, dass äusser ihm
und Klee auch andere Künstler als Lehrer
der Sturmschule genannt waren. Wie stand
es mit diesen? Wurden ihre Namen auch
benutzt, um eine Sturmschule „vor-
zugeben“? Zum Beispiel der meinige?
Oder war die Nennung der anderen Namen
kein Mittel der Vortäuschung? Meine werten
Herren Westheim und Campendonk, es sieht
leider so aus, als habe Campendonk etwas
so Albernes behaupten wollen. Leider sieht
sein Satz so aus. Oder ist es keine Albern-
heit zu behaupten: „Dadurch, dass Der
Sturm meinen und Klees Namen in seinen
Anzeigen nannte, hat er die Schule vorge-
täuscht. Die Nennung der übrigen Namen
hat die Schule nicht vorgetäuscht.“
Oder sagte er das etwa nicht? Will
er vielleicht behaupten, auch durch
die anderen Namen sei die Schule vorge-
getäuscht worden? Das würde ja heissen:
Die Schule bestand überhaupt nicht, sie
wurde nur vorgeläucht. Nein, Herr West-
heim, wir wollen Campendonk keine solche
Albernheit sagen lassen. Eine Schule wurde
vorgetäuscht! Komische Käuze, diese Herren
vom Sturm! Sie geben für den Druck von
Anzeigen und Prospekten Geld aus, nur,
um sich einmal den Spass zu machen, eine
Schule vorzutäuschen, oder, wie Campen-
donk sagt, eine Schule „vorzugeben“. Und
wenn sich Schüler melden, dann sagt man
ihnen: Etsch, reingefallen, es gibt gar keine
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hat, vom Sturm fortzugehen?
„Auch wurde mein Name ebenso wie der
Name Paul Klee jahrelang benutzt, um eine
Sturmschule (die inzwischen nach Entfer-
nung dieser Namen aus den Reklamean-
zeigen des Sturm zu einer Sturm-Hochschule
avancierte) vorzugeben. Jedenfalls habe
ich keine Stunde dort unterrichtet und bin
auch nie aufgefordert worden, es zu tun.
Das alles sind — und ich bin glücklich,
dem Sturm entronnen zu sein.“
Was ist es, das Campendonk behauptet?
Sein Name wurde benutzt, um eine
Sturmschule vorzugeben. Grammati-
kalisch sowohl wie syntaktisch ist der Satz
unmöglich. Das Wort „vorgeben“ hat nur
zwei Bedeutungen, eine wörtliche und eine
übertragene. Die wörtliche, sei sie zeitlicher
oder örtlicher Art, ergibt keinen Sinn. In
der übertragenen Bedeutung heisst das Wort
soviel wie „vortäuschen“. In diesem Sinn
jedoch kennt die deutsche Sprache keine
rein transitive Anwendung des Worts. Man
kann nicht sagen: Jemand gibt Geld vor,
oder, um dem vorliegenden Fall näher zu
bleiben: Ein Aushängeschild gibt einen Ge-
schäftsladen vor. Nur die Konstruktion mit
„dass“ oder mit dem indirekten Nebensatz
ist zulässig. Jemand gibt vor, dass er Geld
habe, oder, er habe Geld. Wer ist es nun,
der vorgibt, dass eine Sturmschule bestehe?
Grammatikalisch sind es die Namen Campen-
donk und Klee, die „vorgeben“. Sie werden
benutzt, um vorzugeben. Allerdings ist
möglich, dass Campendonk einer verbreiteten
Sprachverwilderung nachgab und den Sturm
selbst als das vorgebende Subjekt gedacht
hat. Der Sinn ist in beiden Fällen beinahe
völlig gleich: Die Namen wurden vom Sturm
benutzt, damit sie eine Sturmschule vor-
täuschen sollten. Oder: Der Sturm hat die
Namen benutzt, um mit ihnen eine Sturm-
schule vorzutäuschen. Das Wesentliche
bleibt, dass Campendonk dem Sturm zum
Vorwurf macht, er habe eine Sturmschule
vorgetäuscht, und sich dieser Namen
als eines Mittels der Täuschung bedient.
Der parenthetischeZusatz von der Entfernung
der Namen aus den „Reklameanzeigen“ des
Sturm gibt einen Anhalt, worauf Campen-
donk seine Behauptung stützt. Unter „ Re-
klam eanzeigen“ kann er nur die Anzeigen
verstehen, die im Sturm und in den Pro-
spekten erschienen waren, und er sollte
wissen, dass ohne solche Anzeigen kein
Lehrinstitut bestehen kann, ja, dass es ver-
pflichtet ist, genaue und ausführliche Pro-
spekte zu veröffentlichen. Warum nennt
Campendonk diese Anzeigen „Reklamean-
zeigen“? Das Wort Reklame ist in einem
rein geschäftlichen Betrieb frei von jeder
üblen Nebenbedeutung. Auf die Anzeigen
einer Kunstschule angewendet, soll es ver-
letzend wirken. Campendonk erhebt den
Vorwurf, dass ein ideellen Zielen zuge-
wandtes Unternehmen sich mindestens wie
ein geschäftliches gezeigt oder sogar voll-
kommen als ein solches gehandelt habe.
Da er sich nicht näher äussert, so beziehe
ich seinen Vorwurf in diesem Zusammen-
hang eben auf die Nennung der Namen
Campendonk und Klee. Durch sie wurden
die Anzeigen zu Reklameanzeigen. Und da
also Campendonk diese gelesen hat, kann
ihm nicht entgangen sein, dass äusser ihm
und Klee auch andere Künstler als Lehrer
der Sturmschule genannt waren. Wie stand
es mit diesen? Wurden ihre Namen auch
benutzt, um eine Sturmschule „vor-
zugeben“? Zum Beispiel der meinige?
Oder war die Nennung der anderen Namen
kein Mittel der Vortäuschung? Meine werten
Herren Westheim und Campendonk, es sieht
leider so aus, als habe Campendonk etwas
so Albernes behaupten wollen. Leider sieht
sein Satz so aus. Oder ist es keine Albern-
heit zu behaupten: „Dadurch, dass Der
Sturm meinen und Klees Namen in seinen
Anzeigen nannte, hat er die Schule vorge-
täuscht. Die Nennung der übrigen Namen
hat die Schule nicht vorgetäuscht.“
Oder sagte er das etwa nicht? Will
er vielleicht behaupten, auch durch
die anderen Namen sei die Schule vorge-
getäuscht worden? Das würde ja heissen:
Die Schule bestand überhaupt nicht, sie
wurde nur vorgeläucht. Nein, Herr West-
heim, wir wollen Campendonk keine solche
Albernheit sagen lassen. Eine Schule wurde
vorgetäuscht! Komische Käuze, diese Herren
vom Sturm! Sie geben für den Druck von
Anzeigen und Prospekten Geld aus, nur,
um sich einmal den Spass zu machen, eine
Schule vorzutäuschen, oder, wie Campen-
donk sagt, eine Schule „vorzugeben“. Und
wenn sich Schüler melden, dann sagt man
ihnen: Etsch, reingefallen, es gibt gar keine
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