erster Versuch könnte schon ein Wurf sein.
(Sie verstehen das bildlich, Herr Westheim.
Ich meine nicht Wauers Zeichnung „Der
Wurf“, die in der Privatsammlung Walden
zu sehen ist.) Ein allererster Versuch
könnte besser sein als Campendonks bestes
Bild. Wauer hätte sich bedanken sollen,
dass Campendonk den „ekelhaften Betrieb“
sozusagen als „allererste Versuche“ erklärt.
Statt dessen war dieser Wauer so naiv,
Campendonk den Star zu stechen. Als ob
Zeichnungen und Plastiken an Vortrefflich-
keit gewinnen, weil ihr Schöpfer malte und
modellierte, als Campendonk noch keine
Briefe schreiben konnte. Es war naiv,
Campendonk den Star stechen zu wollen.
Und doch nicht so ganz naiv.
„Seeshaupt, den 30. 1. 21.
Sehr geehrter Herr Wauer,
„... natürlich habe ich mit meinem Glauben,
dass Ihre Plastik Ihre erste künstlerische
Produktion sei, unrecht, und ich werde
den Schwätzern, welche mir derartige Dinge
erzählen, nächstens die Tür weisen.
Hochachtungsvoll
Campendonk.“
Nun schlägt’s dreizehn. Was will der
Campendonk tun? Den Schwätzern, die
ihm derartige Dinge erzählen, nächstens
die Tür weisen? Die armen Kerle! Wer
sind denn diese Schwätzer? Und die Tür
weisen? Und nächstens? Sapperlot, die
scheinen nicht weit von ihm zu wohnen,
da diese Kapilalshandlung in nächster Aus-
sicht steht. Aber warum gleich die Tür
weisen? Sind die Schwätzer daran schuld,
dass Campendonk ein paar Zeichnungen
Wauers missfielen? — Wollen Sie dem
Campendonk einen Gefallen tun, Herr
Westheim? Flehen Sie ihn an, er möge
den Schwätzern nicht die Türe weisen. Es
kostet Sie ein Wort. Ich muss sonst glauben,
dass die Schwätzer Campendonk ins Un-
glück gebracht haben, dass Campendonk
die Plastiken nur darum so schlecht fand,
weil er Wauer für einen Anfänger hielt.
Aber vielleicht lege ich den Campendonk
falsch an. Vielleicht sind die Schwätzer
nur daran schuld, dass sich Campendonk
zu gar so gemeinen Ausdrücken hat hin-
reissen lassen. Die Plastiken und die
Zeichnungen gefallen ihm zwar heute noch
nicht. Aber da sie keine allerersten Versuche
sind, gab es auch keinen ekelhaften Betrieb
und keine Frechheit. Vielleicht hätte
Campendonk den halben oder ganzen spon-
tanen Brief nicht geschrieben. Den Vertrag
mit Zingler hat er nur geschlossen, weil er
Wauer für einen Anfänger hielt. Hätten
ihm das die Schwätzer nicht eingeredet,
er wäre heute noch beim Sturm. Vielleicht
würde er sich glücklich schätzen, neben
den Werken Wauers, des grössten deutschen
Plastikers, seine eigenen Werke zu sehen,
die nicht vom grössten deutschen Maler
stammen, wie er selbst weiss. Vielleicht
hätte er auch einen Profit davon haben
können, dass Wauer einer der wenigen
deutschen Künstler ist, die in den
Kreisen um Gleizes bewundert werden
und die den deutschen Expressionismus
dort zu Ansehen gebracht haben, nach-
dem der Westheim’sche Kunstblatt-Ex-
pressionismus bei den Franzosen so trau-
rige Vorstellungen von der deutschen Kunst
erweckt hatte. Vielleicht, ja — vielleicht!
Denn jetzt ist es an der Zeit, dieser scheuss-
lichen Hydra aus verschlungenen und ver-
knoteten Briefen mit eins die Köpfe abzu-
schlagen und den Brief zu veröffentlichen,
mit dem Campendonk am 27.November 1919
Walden seinen Austritt aus dem Sturm an-
gezeigt hat.
„Seeshaupt, 27. 11. 1919.
Lieber Herr Walden,
ich habe heute ein Vertragsangebot von
Zinglers Kabinett angenommen. Wenn es
Ihnen angenehm ist, so wird mein Ver-
hältnis zum Sturm nicht sehr verändert
werden, d. h. ich werde die Arbeiten,
welche nun bei Ihnen sind, dort lassen und
ständig ergänzen. — Dieses werde ich sogar
von nun an besser können, da die Verkäufe
im Atelier, wodurch ich in letzter Zeit dem
Sturm gar keine Bilder mehr schicken
konnte, jetzt wegfallen. — So bekämen Sie
also mehr Arbeiten von mir . . . Das erste,
was Sie bekommen, werden Drucke von
zehn neuen Stöcken sein.
Mit herzlichen Grüssen von Haus zu Haus
Ihr
Campendonk.“
Was wünschen Sie noch über den Fall
Campendonk zu hören? Am liebsten nichts
mehr? Das ist einmal etwas, das ich Ihnen
glaube. Aber ich bin noch nicht am Ende.
Zwar die Unwahrheiten, mit denen Campen-
donk Sie bedient hat, sind bewiesen. Aber
(Sie verstehen das bildlich, Herr Westheim.
Ich meine nicht Wauers Zeichnung „Der
Wurf“, die in der Privatsammlung Walden
zu sehen ist.) Ein allererster Versuch
könnte besser sein als Campendonks bestes
Bild. Wauer hätte sich bedanken sollen,
dass Campendonk den „ekelhaften Betrieb“
sozusagen als „allererste Versuche“ erklärt.
Statt dessen war dieser Wauer so naiv,
Campendonk den Star zu stechen. Als ob
Zeichnungen und Plastiken an Vortrefflich-
keit gewinnen, weil ihr Schöpfer malte und
modellierte, als Campendonk noch keine
Briefe schreiben konnte. Es war naiv,
Campendonk den Star stechen zu wollen.
Und doch nicht so ganz naiv.
„Seeshaupt, den 30. 1. 21.
Sehr geehrter Herr Wauer,
„... natürlich habe ich mit meinem Glauben,
dass Ihre Plastik Ihre erste künstlerische
Produktion sei, unrecht, und ich werde
den Schwätzern, welche mir derartige Dinge
erzählen, nächstens die Tür weisen.
Hochachtungsvoll
Campendonk.“
Nun schlägt’s dreizehn. Was will der
Campendonk tun? Den Schwätzern, die
ihm derartige Dinge erzählen, nächstens
die Tür weisen? Die armen Kerle! Wer
sind denn diese Schwätzer? Und die Tür
weisen? Und nächstens? Sapperlot, die
scheinen nicht weit von ihm zu wohnen,
da diese Kapilalshandlung in nächster Aus-
sicht steht. Aber warum gleich die Tür
weisen? Sind die Schwätzer daran schuld,
dass Campendonk ein paar Zeichnungen
Wauers missfielen? — Wollen Sie dem
Campendonk einen Gefallen tun, Herr
Westheim? Flehen Sie ihn an, er möge
den Schwätzern nicht die Türe weisen. Es
kostet Sie ein Wort. Ich muss sonst glauben,
dass die Schwätzer Campendonk ins Un-
glück gebracht haben, dass Campendonk
die Plastiken nur darum so schlecht fand,
weil er Wauer für einen Anfänger hielt.
Aber vielleicht lege ich den Campendonk
falsch an. Vielleicht sind die Schwätzer
nur daran schuld, dass sich Campendonk
zu gar so gemeinen Ausdrücken hat hin-
reissen lassen. Die Plastiken und die
Zeichnungen gefallen ihm zwar heute noch
nicht. Aber da sie keine allerersten Versuche
sind, gab es auch keinen ekelhaften Betrieb
und keine Frechheit. Vielleicht hätte
Campendonk den halben oder ganzen spon-
tanen Brief nicht geschrieben. Den Vertrag
mit Zingler hat er nur geschlossen, weil er
Wauer für einen Anfänger hielt. Hätten
ihm das die Schwätzer nicht eingeredet,
er wäre heute noch beim Sturm. Vielleicht
würde er sich glücklich schätzen, neben
den Werken Wauers, des grössten deutschen
Plastikers, seine eigenen Werke zu sehen,
die nicht vom grössten deutschen Maler
stammen, wie er selbst weiss. Vielleicht
hätte er auch einen Profit davon haben
können, dass Wauer einer der wenigen
deutschen Künstler ist, die in den
Kreisen um Gleizes bewundert werden
und die den deutschen Expressionismus
dort zu Ansehen gebracht haben, nach-
dem der Westheim’sche Kunstblatt-Ex-
pressionismus bei den Franzosen so trau-
rige Vorstellungen von der deutschen Kunst
erweckt hatte. Vielleicht, ja — vielleicht!
Denn jetzt ist es an der Zeit, dieser scheuss-
lichen Hydra aus verschlungenen und ver-
knoteten Briefen mit eins die Köpfe abzu-
schlagen und den Brief zu veröffentlichen,
mit dem Campendonk am 27.November 1919
Walden seinen Austritt aus dem Sturm an-
gezeigt hat.
„Seeshaupt, 27. 11. 1919.
Lieber Herr Walden,
ich habe heute ein Vertragsangebot von
Zinglers Kabinett angenommen. Wenn es
Ihnen angenehm ist, so wird mein Ver-
hältnis zum Sturm nicht sehr verändert
werden, d. h. ich werde die Arbeiten,
welche nun bei Ihnen sind, dort lassen und
ständig ergänzen. — Dieses werde ich sogar
von nun an besser können, da die Verkäufe
im Atelier, wodurch ich in letzter Zeit dem
Sturm gar keine Bilder mehr schicken
konnte, jetzt wegfallen. — So bekämen Sie
also mehr Arbeiten von mir . . . Das erste,
was Sie bekommen, werden Drucke von
zehn neuen Stöcken sein.
Mit herzlichen Grüssen von Haus zu Haus
Ihr
Campendonk.“
Was wünschen Sie noch über den Fall
Campendonk zu hören? Am liebsten nichts
mehr? Das ist einmal etwas, das ich Ihnen
glaube. Aber ich bin noch nicht am Ende.
Zwar die Unwahrheiten, mit denen Campen-
donk Sie bedient hat, sind bewiesen. Aber