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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 12.1921

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Sechstes Heft
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Blümner, Rudolf: Zur Geschichte des Sturm und des deutschen Journalismus [9]: Briefe gegen Paul Westheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.47209#0148

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das beweise ich so scharf und so gewissen-
haft, wie noch nichts bewiesen wurde.
Das ist es, was mir den Sieg über Sie gibt.
Zeigen Sie mir die Stelle meiner Briefe, in
der ich mich je zu einer Beleidigung habe
hinreissen lassen. Sie werfen mir Taschen-
spielerkunststücke vor und schreiben von
corriger la fortune nnd sogar von Ver-
fälschungen? So zeigen Sie mir doch die
Stelle, wo ich auch nur eines Ihrer Worte
gefälscht, geändert oder weggelassen hätte,
was für den Sinn, die Bedeutung und den
vollkommenen Zusammenhang erforderlich
war. Mir und dem deutschen Kunst-
publikum wäre nicht damit gedient, wenn
ich, wie Sie es tun, Beleidigungen über
Beleidigungen, Verdächtigungen über Ver-
dächtigungen häufte. Ich will Ihnen sogar
das Recht lassen, in der Verzweiflung über
eine aussichtslose Polemik sich durch
private Verdächtigungen zu retten. Aber
Sie begnügen sich mit Andeutungen, fassen
Ihre Verdächtigungen so, dass man Sie
nicht verklagen kann und bilden sich ein,
Sie hätten keine Zeit zu beweisen oder Sie
hätten etwas Besseres zu tun. Ich wüsste
nicht, was ich Besseres tun könnte, als
einen Menschen Ihrer Art so wahr zu
schildern, wie in meinen Briefen geschieht.
Widerlege ich Ihre Verdächtigungen durch
Briefe und Dokumente jeder Art, dann
wollen Sie sich totlachen über Leute, die
sich „Atteste“ verschaffen. So sieht Ihr
Geständnia aus, dass Sie Unrecht begangen
haben. Und Ihr Herr Brass brüstet sich
noch damit, er denke nicht daran, Walden
ein .Attest auszustellen, — da er nämlich
nicht imstande ist, mich Lügen zu strafen.
Sie sprechen Verdächtigungen aus, die so
unglaublich und töricht sind, dass ich mich
schäme, sie ernst zu nehmen. Was machen
Sie da wieder für ein Geschrei über einen
Fall Feininger? Ein langes und lautes Ge-

schrei, aus dem man immer wieder die
Worte „Schwindel“ und „beschwindeln“
heraushört, wie jedesmal, wenn Ihnen ein
Beweis den Garaus machen konnte. Leugne
ich etwa, dass Sie von „Schwindel“ und
„Beschwindeln“ geschrieben haben? Habe
ich aber nicht mein Wort gegeben, dass
ich alles, alles, was Sie gegen uns er-
funden haben, widerlegen werde? Und
hat Ihnen Ihr Fall Franz Marc und Ihr
Fall Campendonk noch nicht bewiesen,
dass ich es gründlich tue, sodass nichts
übrig bleibt, keine Lücke und kein Rest?
Und so, dass Sie nicht nur vor meinen
Freunden, sondern auch vor den Ihrigen
gerichtet sind. Ich müsste ein erbärmliches
Gewissen haben, wenn ich die Zeit nicht
abwarten könnte. Und Sie werden sich,
wenns gefällig ist, auch gedulden, selbst
dann, wenn Sie in jeder Nummer Ihres
Verdächtigungsblattes über einen Fall
Chagall Zeter und Mordio schreien. Wenn
Frau Rubin er Sie noch nicht belehrt hat,
dass Sie geruht haben, sie gnädigst miss-
zuverstehen, sie wird es gewiss noch tun,
darauf müssen Sie gefasst sein. So gewiss,
als der Maler Iwan Puni mit Grüssen von
Marc Chagall zum Sturm gekommen ist
und mit Chagalls Rat, sich in Berlin voll
Vertrauen an den Sturm zu wenden. Das
ist kein Attest, das ich mir verschafft habe.
Das ist auch nicht meine Widerlegung Ihres
Falles Chagall, so wenig wie der Brief
Rubiners. Aber es ist eine Widerlegung so
gut wie der Brief Rubiners. Denken Sie
über dieses Geheimnis nach und wenn Sie
es nicht durchschauen, so fahren Sie in
Teufels Namen mit Ihren Verdächtigungen
fort, bis der Geist Sie aufgibt.
Aber vermeiden Sie es, die persönliche
Bekanntschaft von „Sancho-Blümner“ zu
machen. „Sancho“ würde Ihnen wehe tun.
Rudolf Blümner

Inhalt
Herwarth Walden: Unter den Sinnen
Rudolf Blümner: Zur Geschichte des Sturm und des deutschen Journalismus / Briefe gegen
Paul Westheim / Neunter Brief
Hermann Grämlich: Gedichte
Rudolf Bauer: Zeichnung
Oskar Fischer: Liebeserklärung / Zeichnung
Kurt Schwitters: Merzzeichnung rä / Farbendruck
Juni 1921

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