laufen ist.“ Wenn er dann vermutete, der
Sturm habe Feininger geschäftlich ausge-
beutet, so wäre das nur eine unter den
vielen Möglichkeiten. Aber es wäre eine
so milde Auslegung für alles, was das
Lumpenpack unter Ihren Worten verstehen
sollte, dass Ihr Ausleger sich darauf gefasst
machen müsste, von Ihnen für ein argloses
Kind gehalten zu werden. Und dann
könnten Sie ihn spornstreichs ersuchen,
Ihr Kunstblatt gefälligst genauer zu lesen.
Da haben Sie ihm deutlich genug gesagt,
dass Feininger so gut wie alle andern,
Lebende und Tote, deswegen entlaufen war,
weil er immer mehr Vertrauen zum Kunst-
blatt zu fassen „ s c h i e n.“ Aber dieser
Grund kommt Ihnen selbst so komisch vor,
dass Sie denjenigen einen Schwindler und
Fälscher nennen, der solche Witze ernst
nimmt. Und damit auch wieder von mir
die Rede sei, so traue ich Ihnen zu, dass
Sie sich obendrein noch in gutem Glauben
befanden, und selbst nicht wussten, dass
Sie so wunderliches Zeug geschrieben haben.
Das ist also der Fall des Herrn Feininger,
der nicht entlaufen konnte, weil er nicht
gebunden war oder wie Ihr Herr Brass
sich ausdrücken würde, nicht zu den in
„Abhängigkeit von Herrn Walden stehenden
Künstlern“ gehörte. Das ist der Fall des
Herrn Feininger, der Ihnen mitteilte, dass
er nicht aus Gründen des „Geschäftsbe-
triebs“ Differenzen mit dem Sturm hatte.
Das ist der Fall des Herrn Feininger, der
Sie belehrte, dass er sich wegen künst-
lerischer Differenzen in heftiger Weise
vom Sturm losgesagt habe. Was dem Herrn
Beschuldiger sein Papagei ist, das sind Ihnen
Differenzen künstlerischer Natur. Haben
Sie’s endlich verstanden? Was hatten Sie
denn anderes geschrieben, als dass sich
Feininger wegen Differenzen rein künst-
lerischer Natur dem Sturm entlaufen habe,
ich wollte sagen, losgesagt sei. Und sollten
Sie es etwa mit einigen anderen Worten
gesagt haben, wer will Sie an der Be-
hauptung hindern, dass mit einer Uhr ein
Papagei und mit Nehmen Schenken gemeint
sei. Sie dürfen noch Gott loben, dass
Ihnen Feininger diese künstlerischen Diffe-
renzen bescheert hat. Künstlerische Diffe-
renzen — das war eine Rettung in der Not.
Ein letzter Schimmer von Streit und Zank,
von Knebelung künstlerischer Freiheit gleitet
rückwärts über Feiningers unseliges Ver-
hältnis zum Sturm. Pfui, pfui, was müssen
Sie da für garstige Dinge hören. Seh doch
einer an! Es kam zu künstlerischen Diffe-
renzen! Also doch! Oh, meine Ahnung!
Differenzen, das war etwas für einen West-
heim. Künstlerische Differenzen — goldene
Worte! „Mein Gott wie sehen Sie aus?“
fragte man einen, dem die Nase zerschlagen
und ein Auge ausgelaufen war. „Wie
kamen Sie zu diesen Verletzungen?“ „Es
hat nichts auf sich. Ich geriet in Diffe-
renzen.“ Ja, das ist ein Wort, schön wie
ein Papagei. Ich hätt es Feininger vorher
sagen können, welchen Hokuspokus Sie mit
seinen Differenzen treiben werden. Es
sieht wirklich so aus, als hätte Ihnen
Feininger die Wahl gelassen, sich unter
Differenzen rein künstlerischer Natur vor-
zustellen, was Ihnen gefällt. Denn Sie
hätten sich eher ein Leid getan, als
der Welt verschwiegen, was für schauder-
hafte Dinge Feininger künstlerische Diffe-
renzen nannte. Aber da Feiniger so leicht-
fertig war, und da Sie Ihren Lesern ver-
schwiegen haben, dass Feininger aus Über-
reiztheit sich vom Sturm losgesagt hat, so
bleibt uns nur wieder übrig, in jenen
Briefen zu lesen, auf die Feininger selbst
verwiesen hat. Das wird Ihnen die
letzte Lust nehmen, ihn für Ihre Ver-
dächtigungen auch dann noch zu miss-
brauchen, nachdem er es sich schon verbeten
hatte.
„Lieber Herr Walden!
Meine „unglückliche Liebe“ zum Sturm,
eine zwanzigjährige Antipathie gegen die
Erscheinung William Wauer, und ein rein
kunsthändlerisches Anerbieten von Goltz,
habe ich fertig bekommen, derart zusammen-
zuverwickeln, dass Sie nun alles Schlimme,
mit Fug, von mir denken konnten. Dass
Sie mich, in Ihrer Antwort v. 2. März, nicht
härter anpackten als Sie’s getan, danke ich
Ihnen. Aber es war schon genügend hart,
denn Sie zitierten meinen Brief vom 14.
September 1917 und sprachen davon, dass
ich Ihnen darin gedankt hätte. Nein, lieber
Herr Walden! Jedes Wort von jenem Briefe
halte ich aufrecht, „geborgensein,“ „Dank“
und alles! Hol’ mich der Teufel, ich bin
wohl imstande, immer noch Eseleien zu
begehen; aber das Herz ist keine Mörder-
grube. Ihnen verdanke ich meine letzten
183
Sturm habe Feininger geschäftlich ausge-
beutet, so wäre das nur eine unter den
vielen Möglichkeiten. Aber es wäre eine
so milde Auslegung für alles, was das
Lumpenpack unter Ihren Worten verstehen
sollte, dass Ihr Ausleger sich darauf gefasst
machen müsste, von Ihnen für ein argloses
Kind gehalten zu werden. Und dann
könnten Sie ihn spornstreichs ersuchen,
Ihr Kunstblatt gefälligst genauer zu lesen.
Da haben Sie ihm deutlich genug gesagt,
dass Feininger so gut wie alle andern,
Lebende und Tote, deswegen entlaufen war,
weil er immer mehr Vertrauen zum Kunst-
blatt zu fassen „ s c h i e n.“ Aber dieser
Grund kommt Ihnen selbst so komisch vor,
dass Sie denjenigen einen Schwindler und
Fälscher nennen, der solche Witze ernst
nimmt. Und damit auch wieder von mir
die Rede sei, so traue ich Ihnen zu, dass
Sie sich obendrein noch in gutem Glauben
befanden, und selbst nicht wussten, dass
Sie so wunderliches Zeug geschrieben haben.
Das ist also der Fall des Herrn Feininger,
der nicht entlaufen konnte, weil er nicht
gebunden war oder wie Ihr Herr Brass
sich ausdrücken würde, nicht zu den in
„Abhängigkeit von Herrn Walden stehenden
Künstlern“ gehörte. Das ist der Fall des
Herrn Feininger, der Ihnen mitteilte, dass
er nicht aus Gründen des „Geschäftsbe-
triebs“ Differenzen mit dem Sturm hatte.
Das ist der Fall des Herrn Feininger, der
Sie belehrte, dass er sich wegen künst-
lerischer Differenzen in heftiger Weise
vom Sturm losgesagt habe. Was dem Herrn
Beschuldiger sein Papagei ist, das sind Ihnen
Differenzen künstlerischer Natur. Haben
Sie’s endlich verstanden? Was hatten Sie
denn anderes geschrieben, als dass sich
Feininger wegen Differenzen rein künst-
lerischer Natur dem Sturm entlaufen habe,
ich wollte sagen, losgesagt sei. Und sollten
Sie es etwa mit einigen anderen Worten
gesagt haben, wer will Sie an der Be-
hauptung hindern, dass mit einer Uhr ein
Papagei und mit Nehmen Schenken gemeint
sei. Sie dürfen noch Gott loben, dass
Ihnen Feininger diese künstlerischen Diffe-
renzen bescheert hat. Künstlerische Diffe-
renzen — das war eine Rettung in der Not.
Ein letzter Schimmer von Streit und Zank,
von Knebelung künstlerischer Freiheit gleitet
rückwärts über Feiningers unseliges Ver-
hältnis zum Sturm. Pfui, pfui, was müssen
Sie da für garstige Dinge hören. Seh doch
einer an! Es kam zu künstlerischen Diffe-
renzen! Also doch! Oh, meine Ahnung!
Differenzen, das war etwas für einen West-
heim. Künstlerische Differenzen — goldene
Worte! „Mein Gott wie sehen Sie aus?“
fragte man einen, dem die Nase zerschlagen
und ein Auge ausgelaufen war. „Wie
kamen Sie zu diesen Verletzungen?“ „Es
hat nichts auf sich. Ich geriet in Diffe-
renzen.“ Ja, das ist ein Wort, schön wie
ein Papagei. Ich hätt es Feininger vorher
sagen können, welchen Hokuspokus Sie mit
seinen Differenzen treiben werden. Es
sieht wirklich so aus, als hätte Ihnen
Feininger die Wahl gelassen, sich unter
Differenzen rein künstlerischer Natur vor-
zustellen, was Ihnen gefällt. Denn Sie
hätten sich eher ein Leid getan, als
der Welt verschwiegen, was für schauder-
hafte Dinge Feininger künstlerische Diffe-
renzen nannte. Aber da Feiniger so leicht-
fertig war, und da Sie Ihren Lesern ver-
schwiegen haben, dass Feininger aus Über-
reiztheit sich vom Sturm losgesagt hat, so
bleibt uns nur wieder übrig, in jenen
Briefen zu lesen, auf die Feininger selbst
verwiesen hat. Das wird Ihnen die
letzte Lust nehmen, ihn für Ihre Ver-
dächtigungen auch dann noch zu miss-
brauchen, nachdem er es sich schon verbeten
hatte.
„Lieber Herr Walden!
Meine „unglückliche Liebe“ zum Sturm,
eine zwanzigjährige Antipathie gegen die
Erscheinung William Wauer, und ein rein
kunsthändlerisches Anerbieten von Goltz,
habe ich fertig bekommen, derart zusammen-
zuverwickeln, dass Sie nun alles Schlimme,
mit Fug, von mir denken konnten. Dass
Sie mich, in Ihrer Antwort v. 2. März, nicht
härter anpackten als Sie’s getan, danke ich
Ihnen. Aber es war schon genügend hart,
denn Sie zitierten meinen Brief vom 14.
September 1917 und sprachen davon, dass
ich Ihnen darin gedankt hätte. Nein, lieber
Herr Walden! Jedes Wort von jenem Briefe
halte ich aufrecht, „geborgensein,“ „Dank“
und alles! Hol’ mich der Teufel, ich bin
wohl imstande, immer noch Eseleien zu
begehen; aber das Herz ist keine Mörder-
grube. Ihnen verdanke ich meine letzten
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