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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0104

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171

1890. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. G.

172

Inneres Aussehen und innere Ausstattung der Kirchen des ausgehenden

Mittelalters im deutschen Nordosten.

II. Aehnliche Behänge wie an dem Braunsberger

„Tabernakel" finden wir in den meisten Stadt-
kirchen erwähnt: von rother, weifser, grüner
Seide, rothem Damast oder Sammet, mit oder
ohne Spangen, auch einfach von Leinen oder
Leinen mit Stickerei in Gold und farbiger Seide.
In dem beschriebenen Gefäfse wurde die hl.
Wegzehrung den Kranken der Stadt oder des
Kirchdorfes überbracht; für den Besuch der
auswärtigen Kranken bewahrte man in dem
Ciborium ein ledernes oder ledernes und mit
Seidenstoff überzogenes Täschlein (pera coria-
cea, pera coriacea kemmich obducta pro via-
tico infirmorum in pagis, oder pera sive via-
ticum pro infirmis extra civilatem); darin wieder
ein Büchslein (pixis, capsa, Capsula) mit Hostien
in einem Säckchen und eine kleine Patene.

ie schon erwähnt, wurde das heilige
Sakrament in den Kirchen des deut-
schen Nordostens bis ins X VII. Jahrh.
hinein in einem Sakramentshäuschen
oder einem Wandschrank auf der Evangelien-
seite aufbewahrt. Nur zwei Kirchen sind uns
begegnet, in welchen schon zu Ende des XVI.
Jahrh. das Ciborium sich auf dem Hauptaltar
oder einem Nebenaltar befand. Die Aufbe-
wahrungsweise war eine sehr mannigfaltige:
in Tabernakeln, Büchsen (pixis), Kästchen, zeit-
weilig auch in Monstranzen für theophorische
Prozessionen. Die weitaus meisten Kirchen
besafsen ein Tabernakel, d. h. ein thurmartig
(turriculatitm) endigendes Gefäfs von Silber,
Kupfer, Messing, Erz, vergoldet. Darin ein
Büchslein (pixis) mit einem Hostiensäcklein
(sacculus eucharisticus, bursula), daneben eine
kleine Patene, „phiala parva pro ablutione
communicantium infirmorum". In einem Falle
war die Pixis mit einem Deckel versehen, der
zugleich als Patene diente. In einem Visitations-
bericht von 1598 lesen wir bei Braunsberg:
„Tabcrnaculum argenteum vulgo viaticum dic-
tum, in quo venerabile sacramentum asservatur,
quod est conopaeolo rubro atlastico circumdatum
et 26 argenteis butlis ornatum. in quo inventae
sunt hosliae quinque consecralae. Quod tabcr-
naculum in pede habebat pixidem argenteam
pro oleo infirmorum, cui quoque inerat pixis
argentea, paiina quoque argeniea et cochlear
similiter argenteum pro ablulione infirmorum.1'
Dasselbe Gefäfs beschreibt das »Inventarium des
Kirchengeräths und Kleinodien der Pfarrkirchen
zum Braunsberg« von 1573 also: „Item 1 silbern
heufslein, darin das hochwurdige Sakrament Eu-
charistie gehalten, mit 1 umbhang von rotem Sam-
met, daran 12 silberne spangen und gleichviel
silberne Sternen gehefft sein, am Fufs ein silbern
Buchslein mit dem H. Oele für die Kranken. Item
in demselbigen heufslein ist 1 silbern buchslein,
darin ist 1 kleines weifses säcklein mit den kon-
sekrirten Hostien, und mit 1 silbern schalichen
und 1 silbern leffel pro ablutione communican-
tium." Aehnlich bei Elbing 1544: „l Viaticum,
darin 3 silberne buchssen und schusseln." Neben
der Patene war, wie in Braunsberg, vielfach noch
ein Löffel für die Krankenkommunion vorhanden.

„Item", heifst es bei Braunsberg 1573, „1 lederne
Tasche, darin 1 silbern buchslein, in welchem
1 weifs secklein mit 1 silbern Knöpfflein zu
den konsekrirten Hostien, so den Kranken über
land gereicht werden. Item in der Tasche 1 sil-
bern schalichen pro ablutione communicantium."
Diese „lederne Tasche" wurde bald ersetzt durch
eine andere aus rother Seide, mit fünf kostbaren
Steinen besetzt (Inventar von 1598).

Damit aber bei Krankenbesuchen nicht etwa
ein Mal das Ciborium ohne Sakrament bliebe,
befand sich darin in einzelnen Kirchen ein Käst-
chen, mit Seidenstoff überzogen oder in Gold
und Seide gestickt, und darin ein Korporale
mit Hostien, „quae remanent pro adorationc in
templo, dum tabernacitlum ad infirmos defertur".
An die Stelle dieser capsa trat später, etwa ums
Jahr 1G00, jenes Hostiengefäfs, welches heute
Pixis oder auch Ciborium genannt wird, in Brauns-
berg zuerst 1598 erwähnt als „vasculitm novum
argenteum cxlerius inauratum instar scyphi cum
operculo. quod conopaeolo desuper cruce eminente
velatur, in quo hosliae in magno numero con-
secralae perpetuo asservantur ad sufficientiam
in altari suinmo communicantium". I )iescs Be-
dürfnifs trat ein mit der um diese Zeit sich
gegen früher sehr erheblich steigernden Frequenz
der hl. Kommunionen. Bis dahin hatten die
Visitatoren stets nur das Vorhandensein von
wenigen, durchschnittlich fünf oder sieben,
Hostien im Ciborium zu verzeichnen, und da-
für genügten die kleinen Gefäfse vollauf.
 
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