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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0124

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209

1890. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

210

Kirchenlehrer, letztere altspanischer Schule, und
früher wahrscheinlich Theile der Predella.

In einer zweiten kleinen Kapelle an der
Epistelseite sind merkwürdiger Weise die drei
Tafeln eines früheren Triptychon noch als Haupt-
bilder in den im ausschweifendsten Barock orna-
mentirten Retablo des vorigen Jahrhunderts auf-
genommen worden. In diesen drei Passionsbil-
dern: die Kreuzigung, Kreuzabnahme (Mittelbild)
und die Auferstehung, habe ich bereits im Jahre
1876 Originalwerke des Dierck Bouts erkannt,
mit dessen Hauptwerk in Löwen sie völlig über-
einstimmen. Andere haben sich meiner Ansicht
angeschlossen. Drei weitere Passionsszenen:
der Judaskufs, die Grablegung, Pfingsten sind
von einem alten spanischen Meister.

Das vergoldete Blattwerk der modernen Ein-
fassung verdeckt zum grofsen Theil die Bogen
der alten in bräunlicher Steinfarbe gemalten Um-
rahmung. Wir können diese jedoch aus einer
Wiederholung derselben Komposition in ver-
kleinertem Mafsstabe, aber von des Meisters Hand,
ergänzen. Im „Colleg des Patriarchen" zu Va-
lencia, in der Bibliothek des seligen Juan de
Ribera, Erzbischofs von Valencia (1569 bis 1611),
wird noch dessen Reisealtar aufbewahrt, ein Trip-
tychon, in dem uns die Feinheit des Pinsels, die
dem Meister eigene Sättigung der Farben und
der Schimmer von Metall und Brokat noch be-
wundernswürdiger entgegenleuchtet, als in dem
grofsen Exemplar.

Am Rundbogen der Mitteltafel, ruhend auf
Pfeilern mit vier Propheten-Statuen reihen sich
in den Hohlkehlen acht plastische Gruppen auf,
Szenen der Genesis bis zu Kains Brudermord, die
Zwickel füllen dreieckig umrahmte Figuren von
Kämpfern. Die Flügelszenen sind spitzbogig
umschlossen, die Hohlkehlen mit Blattwerk aus-
gefüllt, die Zwickel geschmückt mit vier Me-
daillons: Reiterpaare, die zum Angriff stürmen,
ein gestürzter Reiter, über den sein Begleiter
schirmend den Schild hält, eine Amazone und
ein Bogenschütze.

Aufserdem bewahrt noch die Sakristei zwei
kleine Flügel: eine Anbetung des Kindes, Maria
in weifsem Mantel, Joseph mit dem Licht; und
ein büfsender heiliger Hieronymus.

Es leuchtet ein, dafs diese flandrischen Bilder
nicht für die Capüla Real bestellt sein können,
deren Bau erst im XVI. Jahrh. begonnen ward.
Sie müfsten entweder andern, altern kirchlichen

Gebäuden entnommen sein, oder für die Ausstat-
tung der Kapelle angekauft. Wahrscheinlicher
aber ist, dafs sie der an solchen Andachtsbildern
überaus reichen Hauskapelle, also dem Privat-
besitz der Stifterin entstammten. Gewifs hat letz-
tere auch bereits an die Ausschmückung der neu-
gegründeten Kirche gedacht, und dieses wird
durch das Testament bestätigt, in welchem sie
verfügt, dafs die „ornamentos" ihrer Hauskapelle
nach Granada gebracht und der dortigen Kirche
gegeben werden sollen. Die Inventare ihres Be-
sitzes und Nachlasses an Gemälden werden im
Staatsarchiv zu Simancas aufbewahrt, sie wurden
theils zu ihren Lebzeiten (1499 und 1503), theils
aber nach ihrem Tode aufgenommen, und unter
den letzteren finden sich zwei Verzeichnisse (vom
26. Februar und 13. März 1505) von Werken
der Malerei und Plastik, welche der verwittwete
König dem Almosenier Pero Garcia übergiebt,
sie nach Granada zu schaffen.

Leider sind die Bezeichnungen dieser In-
ventare sehr kurz und sämmtlich ohne Angabe
der Künstler. Es ist daher nicht möglich, in
ihnen die obigen Bilder mit Sicherheit wieder-
zuerkennen, doch kann man soviel sehen, dafs
viele flandrischen Ursprungs waren. Auch die-
selben Gegenstände kommen vor, einige mehrere
Male. Unter anderen die von Navagero er-
wähnten Bildnisse der Fürsten mit ihren Kin-
dern, jedoch mit Hinzufügung der Patrone.1)

Die beiden Inventare enthalten: 10 Trip-
tychen (retablo de tres tablas, de tres piezas);
5 oder 6 gemalte Diptychen (dos tablas enchar-
neladas, retablo en dos tablas), darunter eines
bestehend aus einer grofsen Folge, von dem eng-
lischen Grufs bis zum Weltgericht; 23 einfache
Tafeln; 3 byzantinische Bilder (tablas de la Grecia,
es sind Muttergottesbilder); 63 Andachtsbilder
auf Tuch oder Seide (pafios de lienzo de devo-
cion, de hilo de seda), darunter 17 Veronikas.
5 plastische Werke, darunter ein Auferstandener
mit Diadem von Silber, silbernem Kreuz und kar-
moisinrothem Mantel, ein Retablo mit Passions-
szenen, in der Mitte Unsere Liebe Frau, de bulto
plateado y dorado; ferner eine vergoldete Magda-
lena mit fläm. Kopfputz; vier kleine Kruzifixe u.a.

Bonn. C. Justi.

*) Una tabla de S Juan Bautista con el Rey
nuestro senor y el principe Don Juan de rodillas.

Una tabla de S. Juan Evangelista con la Reina
nuestra senor a y sus quatro hijas. (1 mal 2/3 Ellen.)
 
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