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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0193

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337

1890. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1!.

833

Figur 1.

zeichen nachahmt.18) Es schliefst dies jedoch
nicht aus, dafs das Gefäfs im Orient von schrift-
unkundigen Handwerkern gefertigt wurde; fin-
den wir doch auch auf unsern Glocken und Tauf-
schüsseln unentzifferbare und sinnlose Inschrif-
ten! Eine im Schatz von St. Markus in Venedig
befindliche römische Prachtschale zeigt über der
antiken Emailmalerei autgemalte orientalische
Schriftzüge, deren Lesung nicht gelungen ist,
und welche für eine unverstandene Nachahmung
gehalten werden.19) Und doch ist es unzweifel-
haft, dafs diese Ueber-
malung nur im Orient
stattgefunden haben
kann! Aber ebenso-
gut können auch die
ersten Versuche der
venetianischen Glas-
verzierung sich nach
orientalischen Vorbil-
dern gerichtet haben.
Die Schrift ist hier-
bei in mechanischer
und verständnifsloser
Weise nachgebildet u.
rein ornamental ver-
wendet worden, wie
bei den sizilisch-sara-
zenischen Geweben
des XUI. und XIV.
Jahrh., bei welchen
sich die dekorativ ab-
geänderten stilisirten
kufischen Buchstaben
sehr häufig finden.
Beispiele in grofser
Zahl bei Fischbach

„ j /-> Hedwigskrüglein im Museum

»Ornamente der Ge-
webe«.

5. Sogen. Hedwigskrüglein im Museum
schlesischer Alterthümer zu Breslau (Katalog
Nr. 5612). Ein oben und unten offener glatter
Cylinder aus hellem Glase von 65 mm Durch-
messer in einen silbervergoldeten, reich ver-
zierten Fufs eingekittet und mit einer Rand-
fassung nebst Charnierdeckel und Henkel aus
dem gleichen Material versehen. Der ganze

Körper des Glases ist durch ein Geflecht aus
Silberfiligran, welches mit den Montirungen des
Fufses und Randes nicht zusammenhängt, über-
deckt. Die Filigranarbeit ist anscheinend weit
älter als die Fassung, welche den ausgesprochenen
Charakter der deutschen Renaissance vom Ende
des XVI. Jahrh. zeigt (vergl. Figur 1). Das
Ornament der letzteren, theils gegossen und
ziselirt, theils getrieben, zeigt Flecht- und Roll-
werk sowie Mascarons im Geschmack des P.
Flötner. Auf dem Boden des Gefäfses das Augs-
burger Beschauzei-

schles. Alterthümer zu Breslau.

stimmen auffallend mit
mehrerer orientalischer
Gefäfse aus dem Schatz
Venedig überein.22) Ich

chen (Stadtpyr) mit
dem bei Rosenberg20)
nicht erwähnten Mei-
sterzeichen (J). Da-
neben eingeschlagen
in Minuskeln die auf
die hl. Hedwig sich
beziehende Jahreszahl
tttccmtm21). Die Sil-
berfiligranarbeit zeigt
ein Kreismuster, der
Höhe nach je drei,
dem Umfang nach je
sechs, also im Ganzen
achtzehn Kreise, wel-
che nach Art der go-
thischen Radfenster in
verschiedener Weise
durch zentral ent-
wickelte Rosettenbil-
dungen gefüllt wer-
den. In den Zwickeln,
welche durch die sich
berührenden Kreise
entstehen, befinden
sich kleinere Roset-
ten. Stil und Technik
dem Filigranüberzug
bezw. byzantinischer
der Markuskirche zu
halte es demnach für

IR) Gerspach »La verrerie«, S. 105: L'inscription
est Je fantnisie et na pu (Ire traduUe; Abbildung
ebendaselbst S. 107.

10) Pasini »Tesoro di S. Marco«, Text S. 111;
Abbildung des Gefäfses Tafel 40 Fig. 78 u. Tafel 41.

20) M. Rosenberg »Der Goldschmiede Merk-
zeichen«, Frankfurt 1890.

21) Es ist nicht bekannt, auf welches Ereigniis
im Leben der Heiligen sich die Jahreszahl 1237
bezieht. Weder die Lebens-Beschreibung derselben
noch die schlesischen Regesten enthalten einen Vor-
gang, welcher mit diesem Datum in Verbindung zu
bringen wäre.

S2) Vergl. bei Pasini a. a. O. Tafel 30 Fig. (in,
Tafel 50 Fig. 114, Tafel 51 Fig. 117.
 
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