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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Schnütgen, Alexander: Emaillirter Bergkrystallpokal des XIV. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0053

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Abhandlungen.

Emaillirter Bergkrystallpokal
des XIV. Jahrhunderts.

(Mit Abbildung.)

ergkrystallgefäfse für Profanzwecke

haben sich aus dem

Mittelalter nur in

geringer Anzahl

erhalten. Als

einer der
vornehmsten
darf der hier
abgebildete bezeichnet werden,
den ich vor acht Jahren im
Museum Poldi-Pezzoli zu Mai-
land sah und für die Veröffent-
lichung photographiren lassen
durfte. Derselbe ist mit dem
Deckel 25 cm hoch und der acht-
seitige Sternenfufs hat 133/4«h
Durchmesser. Die emaillirten
Szenen, die denselben bedecken
und die Legende von Tristan
und Isolde darstellen, jenen als
Ritter, diese als Edelfräulein,
sind nicht einzeln eingefügt,
sondern als Ganzes aufge-
schmolzen in durchsichtigen
Farben, bei denen Grün, Oran-
ge, Violett, Gelb, Grau vorherr-
schen, von dem überall blauen,
quadrirten Grunde vortrefflich
sich abhebend und zu glänzen-
der Wirkung sich vereinigend.
Die Figuren sind vorzüglich ge-
zeichnet und der Reliefschmelz
behauptet in technischer Hin-
sicht den höch-
sten Rang, hin-
sichtlich der Kar-

nationsparthien
noch an der Ver-
goldung festhal-
tend. — Aus dem
Fufse wächst ein

achteckiges emaillirtes Zwischenstück, blau mit
Goldrosetten, in denen ein opak rothes Pünkt-

chen, sodann der emaillirte Schaft, den ein
gleichfalls emaillirtes Knäufchen unterbricht,
auf den gewölbten Feldern abwechselnd
Kopf und Rosetten zeigend. Der aus dem
emaillirten Trichter'] aufsteigende facettiite
Krystallbecher hat emaillirten
Rand, auf dem zwischen je
zwei Bäumchen Löwe, Hund
und Hase erscheinen. —
Durch den Boden des Bechers
erblickt man eine reitende
Jungfrau mit Griffel in der
Rechten, Spielzeug in der
Linken auf blau emaillirtem
Grund. — Der Deckel mit
Zinnenrand und thiergemuster-
tem Emaildach endigt in eine
stilisirte Knospe. Sämmtliche
Metalltheile sind aus Silber
gebildet und vergoldet; unter
dem gleichfalls vergoldeten
Fufs und Deckel ist eine aus
drei gothischen Majuskeln
(A ß iü) bestehende Marke
eingeschlagen. — Das pracht-
volle Gefäfs, welches unten
sehr gut, oben mangelhaft er-
halten ist, hatte vielleicht die
Bestimmung, als Turnierpreis
zu dienen. — Als seine Ur-
sprungszeit dürfte die Mitte
des XIV. Jahrh. zu bezeichnen
sein, um welche diese Tech-
nik in ihrer norditalienischen
Heimath bereits zu hoher
Blüthe gelangt war, um bald
den Weg
nachBurguud
zu nehmen,
sodann, viel-
leicht über

Flandern,
nach Köln,
wo sie schon
um 1400 in dem entwickelten Stadium der
emaillirten Karnation begegnet. Schnutgen.

Emaillirter Berglcrystallpokal im Museum Poldi-Pezioli.
 
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