Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

DOI Artikel:
Kolberg, Josef: Ein Trinitätsbild an der Pfarrkirche zu Wormditt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0223

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
343

1901.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 11.

341

Athos ist die Trinität in drei Gesichtern in
Freskomalerei zu finden. Indessen rührt dieses
letztere Bild aus dem Jahre 1736 her und ist
unzweifelhaft unter abendländischem Einflüsse
gemalt, denn die orthodoxe Kirche hat diese
Abbildungen ähnlich wie Urban VIII. für die
römisch-katholische Kirchen) verboten, hat sie
sogar für häretisch erklärt. Russische Gelehrte,
wie Stasov, Byckov und Prochorov halten da-
her diese Bilder für kein geistiges Eigenthum
der russischen Kirche, sondern lassen sie unter
lateinisch - katholischem Einflüsse entstanden
sein, und die genannten Sokolowski und Zibrt
stimmen ihnen bei.12)
Es muls übrigens daran
erinnert werden, dafs,

soweit sich bisher
sicher nachweisen liefs,
in slavischen Gegen-
den die dreiköpfige
Abbildung der Trini-
tät erstmalig in einem

orationale des Erz-
bischofs Arnestus von
Pardubitz (1344—66),
jetzt auf der König-
lichen Bibliothek zu
Prag, aus dem XIV.
Jahrh. findet. -Majr
sieht hier drei voll-
ständige Köpfe mit
greisem, männlichem
und jugendlichem An-
gesichte dicht neben

einander in einer
Wolke.18) Daranreiht
sich aus dem XVI. Jahrh. ein ähnliches Bild in
einer für Weifsrufsland in Prag gedruckten Bibel
des Franz Skorina (1519), deren Holzschnitte,
wie Zibrt anzunehmen geneigt ist, ebenfalls aus
Böhmen stammten.u) Diese Beispiele scheinen
zu beweisen, dafs jene eigenartige Darstellung
auch für Böhmen bereits im XVI. Jahrh. nichts
Seltenes und Aufsergewöhnliches war. Dabei
bleibt bestehen, dafs der Ursprung der eigen-
artigen Darstellungsweise in Frankreich zu

u) Ferraris citirt in seiner »Prompta bibliotheca«
s. n. Imagines eine Bulle Urbans VIII. vom 11. August
1628.

") Sokolowski p. 43. Zibrt p. 7.
") Zibrt p. 11, wo auch Abbildung.
") Zibrt p, 11 mit Abbildung. (Ein Kopf mit
vier Augen, drei Nasen und drei Mündern.)

Trinitätsbild an der Pfarrkirche zu Wormditt.

suchen ist, denn die böhmische Kunstentwick-
lung des XIV. Jahrh. ist bekanntlich auf
Karl IV. und von ihm nach Böhmen hingezo-
gene französische Künstler zurückzuführen.15)
Darstellungen der Trinität dieser Art
auf deutschem Boden aus mittelalterlicher
Zeit sind selten. Portig16; erwähnt eine sol-
che Darstellung der Trinität als dreifaches
Gesicht, in Mosaik ausgeführt, in der Lau-
rentiuskapelle des Domes zu Hildesheim, in-
dessen ist diese Darstellung einmal nicht
in Mosaik ausgeführt, sondern in farbigem
Gyps, und dann zeigt sie nicht die Trinität,
sondern die Zeit als
einen bärtigen männ-
lichen Kopf mit zwei
Augen, drei Nasen,
drei Mündern und drei
Stirnen. Dafs der Kopf
die Zeit und nicht die
Trinität bedeutet, geht
unzweifelhaft aus den

anderen daneben-
stehenden Medaillons
hervor, welche Leben>
Tod, Luft, Erde, Feuer
und Wasser in allego-
rischen Gestalten zei-
gen.17) Diese alte
Darstellung, bereits der
Mitte des XII. Jahrh.
angehörig, mag daher
allenfalls herangezogen
werden um zu zeigen,
woher die mittelalter-
liche Kunst, das for-

melle Vorbild für die in Rede stehenden Tri-
nitätsbilder genommen haben dürfte, ist aber
selbst kein Trinitätsbild.

Aus verhältnifsmäfsig neuerer Zeit, etwa
dem XVIII. Jahrh. angehörig, sah ich dagegen
im Museum zu Innsbruck ein Trinitätsbild
mit drei Nasen, vier Augen, drei Mündern und
drei Schnurr- und Kinnbärten auf Leinwand
gemalt. Nach gütiger Mittheilung eines der

15) Janitscheck »Geschichte der deutschen
Malerei«. S. 184 und ff. — Lllbke-Semrau »Die
Kunst des Mittelalters. Grundrifs der Kunstgeschichte«.
2. Theil. 12. Aufl. S. 393, 391.

16) «Zur Geschichte des Gottesideals in der bilden-
den Kunst«. S. 9.1.

17) Vergl. Bertram »Geschichte des Bisthums
Hildesheim'« I, S. 171 u. 172.
 
Annotationen