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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Schubring, Paul: Die primitiven Italiener im Louvre
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https://doi.org/10.11588/diglit.4055#0243

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377

1901. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

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hört nicht zu den Pfadfindern; Morellis Bei-
wort „der grofseTaddeo'' ist einfach falsch. Es
ist bezeichnend, dafs er später nach Umbrien
ging, wo er viel begehrt wurde. Die stille
Poesie und das ceremonieuse Pathos seiner
Tafeln genügte und erfreute dort. Siena hatte
durch Quercia und Donatello doch schon ge-
lernt, die Ansprüche zu steigern. Viel be-
deutender ist der dritte Schüler Domenico
di Bartolo; bei ihm „bricht der Stil um"

hat uns um werthvolle Urkunden gebracht.
Ferner ist die lateinische Inschrift auf Hannas
Spruchband amüsant wegen ihrer Irrthümer.
Die Vulgata sagt Lucas 2, 38: Haec igitur
eo ipso momento quum supervenisset, vicissim
palam agnoscebat Dominum, et loquebatur de

eo.....Hier lesen wir: Et hac ipsa hora

supervenies confitebatur domino et loqueban-
tur de illo. Die Abweichungen sind durch
Ambrogio Lorenzetti's erwähnte Tafel veran-

Abb.

Altichiero: Die Geburt Manas. Strassburg, Galerie.

(Cicerone). Seine Bilder in Siena und Pisa
(museo civico) (letzteres ist dort nicht erkannt),
vor Allem aber die Tafel in der Pinakothek zu
Perugia beweisen das zur Genüge.

Kulturgeschichtlich betrachtet ist das Louvre-
bild Bartolo's interessant, weil es die Führung
von Geburtslisten in jener Zeit für Siena schon
belegt. Siena ist archivalisch früher reif als
Florenz, wo der Küster von San Giovanni sich
leider allzu lange damit begnügte, Taufbuben
und -Mädchen durch eine schwarze und weifse
Bohne zu notiren. Dies summarische Verfahren

lafst worden, wo wir lesen: Et hac ipsa hora
supervenies confitebatur domino et loquebatur
de illo omnibus qui exspectabant redemptionem
Hierosolymis. Bartolo theilt also treulich die
Irrthümer seines Lehrers, fügt nur noch den
falschen Plural loquebantur statt loquebatur zu.
Durch diese Inschrift ist die Anlehnung Bar-
tolo's an Ambrogio gesichert. Das datirte Bild
des Louvre von 1390 zeigt, dafs Bartolo Am-
brogio um mehr als 30 Jahre überlebt hat.

Von Taddeo di Bartolo, 1363—1422, besitzt
der Louvre in Nr. 55 eine treßliche Halbfigur
 
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