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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Buchner, Otto: Die metallenen Grabplatten des Erfurter Domes
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0110

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171

1903.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST

Nr. 6.

172

des Gerbstädt mit seinen schon mehr im Sinne
der Renaissance gezeichneten Ranken ist hier
das Ornament an der Fufsplatte noch durchaus
gotisch und strenger, was die Annahme recht-
fertigt, dafs das Denkmal des Plettenberg jenem
als Vorbild gedient habe.

Ein auffallend verwandtes Werk findet sich
im Dom zu Naumburg: Die Grabplatte
des Bischofs Dietrich von Buckenstorff
(Bocksdorf). Der Bi-
schof (Creeny S. 35)
starb 1466, Hunold von
Plettenberg 1475. Die
naheliegenden Jahres-
zahlen unterstützen also
die stilistischen engen
Beziehungen. Die zeich-
nerische Behandlung ist
bei beiden Denkmalen
gleichartig, was am Deut-
lichsten die Gewandbe-
handlung lehrt. Hier wie
da die gleiche scharfe
und energische Falten-
gebung und der belebten
Zickzack-Kontur der
Mantelsäume. Auch das
harte Auffallen und Um-
knicken der Alba und
des unteren Pluviale-
Saumes ist gemeinsam,
wie auch die trotz des
Reichtums im einzelnen
etwas kleinlich und un-
ruhig wirkende Brokat-
musterung. Fast das
gleicheGranatapfelmotiv
des Pluviales bei Plet-
tenberg kehrt wieder auf
dem hinter Buckenstorff
ausgespannten Vorhang.
Auch die Edelsteinbor-
ten entsprechen sich, ganz abgesehen von der un-
persönlichen Gesichtswiedergabe mit den gleichen
krausen Stirnlöckchen. Am auffälligsten und
schlagendsten macht sich die Verwandtschaft be-
merkbar in den Evangelistensymbolen des Lukas
und Markus. (Die beiden andern Symbole zu
Naumburg rühren, wie Creeny vermutet, von einer
ganz ungeschickten Ergänzung her.) Der ein-
zige Unterschied, der bis auf den Millimeter
entsprechenden Medaillons beruht in der ver-

Abb. 4. Hunold von Plettenberg.

schiedenen Art der Hintergrundschraffierung.
Auffallenderweise finden sich die gleichen
Apostelsymbole — auch genau in der Anord-
nung der Erfurter Platte — beim Denkmal
Friedrichs des Guten zu Meifsen, -J-1464.
Nur die Vierpafsumrahmung ist hier durch ein-
ziselierte Perlen und Edelsteine, entsprechend
den Pluvialeborten bei Plettenberg und Buckens-
torff, bereichert. (Vergl. Creeny S. 48 und
Donadini.)

Letzteres Denkmal
zeigt genau das gleiche
Granatapfelmuster wie
das des hinter Friedrich
ausgespannten Teppichs.
Die Beziehungen der
drei Werke zu einander
sind also so eng und
naheliegend, dafs es ge-
radezu erstaunlich
scheint, wie Creeny die
Übereinstimmung nicht
bemerken und erwähnen
konnte.

Die Platte des Plet-
tenberg entstammt also
einer Giefserhütte, die

nach feststehenden
Zeichnungen in gröfserer
Zahl Werke ähnlicher
Art erzeugte. Nicht un-
möglich scheint daher,
dafs sich den obigen drei
Werken noch weitere
anreihen lassen. Eswäre
dies sehr erwünscht zur
Feststellung des Her-
stellungsortes und der
betr. Hütte. Denn mit
der Annahme, dafs die
Platten aus Nürnberg
und mit grofser Wahr-
scheinlichkeit aus Hermann Vischers d. Ä.
Werkstatt stammen, ist man dem Meister
wenig näher gerückt. Immerhin wird man
künftig bei Versuchen, der Jugendentwick-
lung Peter Vischers näherzutreten, das Denk-
mal des Plettenberg nicht übersehen dürfen.
Denn in ihm, das auf die bis dahin übliche
architektonische Ausgestaltung der Grabplatten
verzichtet, kündet sich der neue Geist an, unter
Zurückdrängung des Beiwerks die Erscheinung
 
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