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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Rahtgens, Hugo: Ein Parlerzeichen in Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0055

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71

1907.— ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

72

Was hier aber namentlich interessiert, ist
das vorn auf der Brust angebrachte Schild
(Fig. 2), denn das Zeichen darauf, der doppelte
Winkelhaken öder (heraldisch) der gebrochene
Pfahl ist das der Gmünder Meister.

Bisher sind folgende Fälle für das Vor-
kommen dieses Schildes mit dem Parierzeichen
bekannt:

In Prag als Meisterzeichen Peter Parlers:

1. an seiner Büste auf der Triforiumsgalerie
des Domes,

2. am Fuß der Wenzelstatue des Domes
(hiernach das Zeichen Fig. 3),

3. am Brustbild der Maria an der Außen-
seite des Domchors,

4. an der sog. Pariermonstranz im Dom-
schatz.

In Freiburg i. B. im Siegel des Meisters
Johann von Gmünd an einer Urkunde vom
Jahre 1359.10)

InStraßburgvom
Jahre 1385 im Siegel
des Münsterbaumei-
sters Michael von Frei-
burg, der also wohl
zweifellos ein Sohn
des genannten Johann
von Gmünd war.11)

T TT1 , . Abbildung 2.

In Ulm auf einem
Denkstein im Münster, der im XV. Jahrh. ver-
mutlich den drei ersten in einer Urkunde vom
Jahre 1387 genannten Münsterbaumeistern Hein-
rich, Michael und Heinrich d. J. errichtet wurde,
worauf die drei neben dem Schild angebrachten
Hammer zu deuten scheinen.12) Auch diese drei

Haaren, das Gewand blau mit Goldsaum) ist wohl
kaum noch die ursprüngliche.

10) Klemm, »Korrespondenzbl. d. Gesamtvereins«
1894 S. 11 u.a. O.

Am westlichen Eckstrebepfeiler der Südseite des
Freiburger Doms befindet sich dasselbe Zeichen, aber
hier ist der Pfahl mit drei Hammern besetzt. Klemm
weist es einem 1300—1330 am Freiburger Dom täti-
gen Meister zu, während Bach (»Repert. f. Kunst-
wissenschaft« 1900 S. 383) der Ansicht ist, es be-
zeichnete, entsprechend den Innungswappen an ver-
schiedenen anderen Strebepfeilern nur allgemein den
Sammelplatz der Steinmetzen. Wegen des unbestimmten
Ursprungs dieses Freiburger Zeichens und der nicht
völligen Identität mit dem in Frage stehenden ist es
. in der obigen Aufzählung nicht berücksichtigt.

11) Klemm, a.a.O., S. 11. — Schulte, „Zur
Gesch. d. Straßburger Münsterbaumeister": »Repert. f.
Kuntwissenschaft« V S. 273 Fig. 4.

12) Pfleiderer, ->DasMünster zu Ulm«, Taf. 39,
Text Sp.. 5-

Meister werden der Gmünder Familie zuge-
rechnet.

Auch das Vorkommen dieses Zeichens als
gewöhnliches Steinmetzzeichen in Straßburg,
Ulm, Gmünd, der von Prag beeinflußten
Klosterkirche Oybin und andern Orten begleitet
die Spuren der Gmünder Meisterfamilie.

Das Wappen an der Kölner Konsole haben
wir also als das eines Mitgliedes der Parier-
familie anzusehen.

Wie die Wenzelstatue und Marienbüste am
Prager Dom durch dasselbe Zeichen als Werke
Peter Parlers gekennzeichnet sind, so wird
man es auch hier nicht nur auf einen Parier,
sondern zugleich auch auf den Bildhauer der
Konsole zurückführen dürfen.

Hat nun aber die Lesart Colonia der Tri-
foriumsinschrift mit dem Vorkommen dieses
Zeichens an der Kölner Konsole ihre Be-
stätigung gefunden?

Daß die Konsole
ca. 100 Jahre jünger
ist als der Henricus
magister de Gemun-
den, fällt nicht sehr
ins Gewicht, da der
Zweig der Familie,
dem der Bildhauer
der Konsole ange-
hörte, in Köln zurückgeblieben sein könnte. Eine
andere Frage ist aber die, ob die Konsole wirk-
lich Kölner Provenienz ist. Mit ihrer Auf-
stellung im Kölner Museum ist dies natürlich
noch keineswegs erwiesen.

Es läßt sich nicht leugnen, daß der Typus
des Kopfes zu der in Frage kommenden Zeit
(1. Hälfte des XV. Jahrh.) in Köln befremdet.
Unter dem Einfluß Burgunds hatte die Kölner
Plastik allerdings gerade damals einen kräftigen
Aufschwung erlebt: Obenan stehen die ent-
zückenden Figürchen vom Sarkophag Fried-
richs von Saarwerden (f 1414) im Dom, etwa
gleichzeitig wurden die zierlichen Konsol-
figuren der 1416. geweihten Marienkapelle in
der Karthäuserkirche ausgeführt, sowie die in
kräftigem Realismus gehaltenen Dienstkonsolen
im Chor von S. Andreas. Inschriftlich vom
Jahre 1439 ist die große wirkungsvolle Ver-
kündigungsgruppein S. Kunibert.13) Respektable

Abbildung 3.

13) Im Charakter ganz diesen Arbeiten entsprechend,
aber doch wohl etwas jünger ist der anmutige Tym-
panon (zwei einen Schild haltende Engel) des Portals
der Rathauskapelle. Dagegen wird man*die Apostel-
 
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