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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Tepe, Alfred: Rundschau vom Utrechter Domturm
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0074

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103

1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

104

den edelen Formen und Verhältnissen erweist
sich der Utrechter Dom als jüngerer Bruder
des Kölners und als Angehöriger der fränki-
schen Kathedralenfamilie. In allen Teilen
vollendet würde er als das bei weiten groß-
artigste Kirchenmonument der Niederlande da-
stehen.Selbst
der jetztige

Bruchteil
wäre als ka-
tholische Ka-
thedrale noch
vollständig
ausreichend
— für eine
Einzelpfarre
erwies er sich
übergroß —
und so hat
sich die refor-
mierte Ge-
meindesozu-
sagen in die
große Kirche
eine kleinere
hineingebaut,
um sich nicht
in den wei-
ten Räumen
zu verlieren
und sich um
ihre Kanzel
häuslich-ge-
mütlichschä-
ren zu kön-
nen.

Über das
Chor hinaus,
also östlich
vom Dom,
dem Zentral-
punkt der
Stadt, erhebt

sichdieuralte Abbildung 1.

romanische

St. Peterskirche, nördlich St. Johann mit roma-
nischem Schiff und gotischem Chor; im Westen
ragte, etwas später angelegt, die Marienkirche,
die St. Paulusabtei breitete sich im Süden aus.
Vier Kirchen umgaben nach den vier Wind-
richtungen den Dom; nicht allein den einzelnen
Gotteshäusern, dem ganzen Stadtplan lag das
Kreuz zugrunde. Die Idee dieser Anlage

stammte von Bischof Meinwerk dem Pader-
borner; Hermann von Münster nahm sie mit
Begeisterung auf und St. Bernulphus brachte
sie in Utrecht zur Ausführung. War doch
Utrecht von Anfang an eine geistliche Stif-
tung, die Bischofstadt, welcher sich erst nach

und nach die
bürgerlichen
Quartiere an-
schmiegten.
Die Refor-
mation ver-
schaffte zwar
dem bürger-
lichen Ele-
ment die
Überhand,
aber auch
die Bürger
hingen an

der alten
Bezeichnung
ihres Wohn-
sitzes und
fühlten sich
noch stets als
ehrwürdige
Bewohner
der ehrwür-
digen „grij-
zenBisschop-
stad". Das
alte Stadt-
kreuz exi-
stiert nicht
mehr in sei-
nerursprüng-
lichen Form,
die Paulus-
abtei und die

Marien-
kirche sind
verschwun-
den ; dafür
aber entstand
im Süden die Sint - Catharijnekerk, eine
Karmeliterkirche aus dem XV. Jahrhundert,
die jetzige katholische Kathedrale, und west-
lich erblicken wir die Bunrtkerk, die Dom-
pfarre in ähnlicher Lage wie St. Andreas in
Köln, so daß aus der Vogel- oder Turm-
perspektive noch immer die Kreuzanlage zu
erkennen ist.
 
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