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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Cremer, Franz Gerhard: Erwägungen bei Betrachtung der "Deutsch-nationalen Kunstausstellung zu Düsseldorf": Ein Beitrag zur staatlichen "Haushaltungskunst"
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125

1907.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

126

Skandalstücke den Besuch vielen erschweren
und vielen die Besichtigung so manches
Schönen geradezu unmöglich machen. —
Wie gerne führten wir nicht gerade zu dieser
Stunde — in der man über den Weltfrieden
berät — recht viele vor des Berliner Meisters
Bild (Nr. 472) „Der Sohn", das uns an so
manche herzbrechende Szene aus friedloser
Zeit erinnert. Es ist ein Glanzpunkt der
Ausstellung! — Desgleichen wird sich Feld-
manns „Gethsemane" (Nr. 235) tief in die
Seele jedes Beschauers senken. Neuen und
älteren Meistern begegnen wir, die im Por-
trät, im Genrebild, in der Wiedergabe preis-
werter Architekturen und der Landschaft
glänzen. Doch auf das Einzelne einzugehen,
ist nicht der Zweck dieser Besprechung, wenn
wir uns auch gestatten, des Aquarells von
Klaus Meyer (Nr. 1177) zu gedenken, das
sich in seiner so wohltuenden Stimmung den
schönsten Niederländern anreiht, und Rudolf
v. Alt und Seel uns tröstend daran erinnern, daß
das, was gewesen, wiederkehren kann. — Der
Düsseldorfer Hängekommission sei aber der
Vorwurf nicht erspart, daß es jedes edlere

Empfinden tief verletzen muß, neben Janssens
„Meeresstrand" (Nr. 415), und Pohle's „Ver-
suchung" (Nr. 686), Seufferts „Stationsbilder"
(Nr. 810 u. 811) zu finden. —

Die Sache ist außerordentlich ernst. Es
soll und muß anders werden, damit die Künste
im Staatshaushalte die ihnen zukommende
Stelle zurückerhalten. Dazu trage jeder bei!
Den Künstlern, deren Werk ich gerne lobend
erwähnt hätte, doch in diese Betrachtung nicht
mehr einbeziehen konnte, sei zum Tröste jene
herrliche Strophe Baldes gewidmet, welche ich
einer Weiheschrift entnehme, in der Herder
(1795) der Blumen schönste aus Baldes Dichter-
garten gesammelt und durch Terpsichore selbst
mit Grazienhand zum Kranze winden ließ,
sein dem Freunde der Musen gesetztes Keno-
taphium mit nie welkenden Blüten zuschmücken.
„Hier liegen Höll' und Himmel im engen

Raum
„Vermischt beisammen. Neben dem Unkraut

schläft
„Der Weizen; unter dicken Dornen

„Keimen die Lilien künft'gen Frühlings."

Düsseldorf. Franz Gerh. Cremer.

Histoiienmaler.

Buche

Die Glasgemälde der Elisabeth kirche in
Marburg. Herausgegeben von Arthur Haseloff.
3 Tafeln in Vierfarbendruck und 19 Tafeln in Licht-
druck nach photographischen Originalaufnahmen.
Max Spielmeyer, Berlin. (Preis Mk. 50.)
Der besonders durch seine umfassenden Studien
auf dem Gebiete der mittelalterlichen Buchmalerei
längst bekannte Verfasser hat die Restauration der
kostbaren Marburger Glasgemälde in Charlottenburg
zu photographischen Aufnahmen benutzt, die sieb durch
ungewöhnliche Größe und Schärfe auszeichnen und zu vor-
züglichen Reproduktionen in Lichtdruck sowie zu einigen
Farbentafeln geführt haben, wie sie vom Vierfarben-
druck besser kaum zu erwarten sind. Für die Forschung
und die Praxis bieten diese 22 Großfoliotafeln eine
auf dem figuralen Gebiet noch nicht erreichtes Material;
der durch 13 Abbildungen illustrierte Text liefert nicht
nur eine zuverlässige Erklärung der zum Teil schwer
zu entziffernden Darstellungen, sondern auch gründliche
Untersuchungen über die Ursprungszeit. Hierzu wer-
den vornehmlich Vergleichungen mit der zeitigen Buch-
malerei angestellt, in der Haseloff schon früher die
byzantinischen Einflüsse nachwies; aber auch urkund-
liche Angaben benutzt. Die ersteren beziehen sich
auf die der spätromanischen Zeit entstammenden 15
Tafeln, die eine Anzahl von Standfiguren, sowie mehrere
sehr merkwürdige Szenen aus dem Leben der hl.
Elisabeth, aus der Schöpfungs-, Erlösungsgeschichte
usw. zeigen; die letzten 7 Tafeln sind mit gotischen
Einzelfiguren und Ornamenten gefüllt. — Nachdem
der Verfasser im I. Teil den Ursprung der Kirche und

rschau.

die Schicksale ihrer Glasgemälde behandelt hat, be-
schreibt er im II. Teil die Einzelheiten, erörtert ihre
technischen wie koloristischen Besonderheiten, um sich
sodann eingehend mit ihrem Stil im Sinne der thüringisch-
sächsischen Malerschule zu beschäftigen, ein eigenes
Kapitel der Wechselwirkung zwischen Malerei und
Glasmalerei zu widmen. — Hierauf war bislang bei
der Veröffentlichung von Glasgemälden, bei der stets die
Technik, weil die Praxis im Vordergrund stand, kein
besonderer Wert gelegt worden, und es ist ein er-
hebliches Verdienst des Verfassers, diese Beziehungen
nachgewiesen zu haben, mit ihren mancherlei, bisher
noch nicht gezogenen Konsequenzen. Zu diesen ge-
hört, im krassen Gegensatz zu den von Frankreich
eingeführten gotischen Architekturformen, das lange
Festhalten an den romanisierenden Motiven für die
Glasmalerei, die sogar (wie in dem Typenfenster des
Kölner Domes) noch bis zum Schluß des Jahrhunderts
dauern. Als weiterer Beleg für die vom Verfasser
betonte Theorie über den Einfluß der Malerei auf die
Gla^gemälde möge aus der unmittelbar folgenden Zeit
das von Oidtmann bereits erwähnte Titelblatt vom
Franziskanergraduale des Joannes de Valkenburg 1299
in Köln hier angeführt werden, welches als eine Art von
Vorbild für einige Chorumgangsfenster um 1322 be-
trachtet werden darf. — Ob der Hinweis auf den
auch von v. Falke für die Mitte des XIII. Jahrh. wohl
mit Gi und in Anspruch genommenen Marburger Schrein
die etwas frühere Datierung der romanischen Glas-
gemälde hinreichend begründet, sei dahingestellt. Die
Versetzung der gotischen Fenster in die erste Hälfte
 
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