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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Derix, Heinrich: Alte Glasgemälde im Dom zu Xanten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0154

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239

1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

2.40

Da den Baurechnungen zufolge (Beißel,
Bauführung des Mittelalters I, 102) ein Glaser-
meister aus Köln um 1358 die Fenster für
das südliche Seitenchörchen lieferte, die den
hier beschriebenen Fenstern gegenüber sich
befanden, aber durch den späteren Anbau der
jetzigen Sakristei in Wegfall gekommen sind,
so dürfte es anzunehmen sein, daß dieser
selbe Glasermeister auch die Fenster des nörd-
lichen Chörchens und zwar um die gleiche
Zeit verfertigte.

Die Restauration war mit verhältnismäßig
großen Schwierigkeiten verknüpft, weil sich
nur eine der vier Figuren mit vollständiger
Sicherheit aus den vorhandenen Teilen rekon-
struieren ließ. Hingegen war von der Archi-
tektur beider Fenster so viel vorhanden, daß
sie danach ohne wesentliche neue Zutaten
wiederhergestellt werden konnten. Die schon
einige Jahre früher ergänzte Musterverglasung
dieser Fenster war zum Teil noch gut erhalten. —
Bisher sind mir aus der Mitte des XIV. Jahrh.
keine Fenster bekannt geworden, die so eigen-
artig und schön Verglasung mit bildlichen
Darstellungen vereinen. Die oberen zwei
Drittel beider Fenster sind in unbemalter
Musterverglasung ausgeführt, die bereits in
Bd. V, Sp. 17 ff. eingehend beschrieben und
abgebildet ist. Die Bordüre, die bei einem
Fenster durch gelbe und rote Dreiecke unter-
brochen und mit blauen Streifen eingefaßt ist,
beim andern rot und blaue Kreise, mit gelben
Randstreifen aufweist, ist auch an den Figuren
seitlich vorbei geführt, wodurch der Raum
für diese äußerst schmal wird. Die Figuren,
welche eine Größe von 85 cm haben, sind
mit ihrer Architektur in diesen engen Raum
sehr geschickt hineinkomponiert; und auch
die Einzelheiten sehr schön gezeichnet. Die
Gesichtszüge des mit hübsch gefaltetem Tüch-
lein und zierlicher Krone bedeckten Kopfes
der hl. Helena sind sehr ausdrucksvoll. In
der einen Hand der Heiligen sieht man das
bei ihr übliche Symbol, ein Kreuz, von äußerst
schlanker zierlicher Form, in der anderen
Hand trägt sie ein Kirchenmodell, das wohl
auf den Xantener Dom hinweisen soll, dessen
Patronin sie . neben dem hl. Viktor ist. Der
Turm der Kirche ist merkwürdiger Weise durch
eine Fiale dargestellt, die im Verhältnis zum
Kirchenmodell auch viel zu groß ist. — Die
Architektur ist bei beiden Fenstern gleich in
Zeichnung, jedoch in der Farbe derart ver-

schieden, daß die Hauptpartien, welche beim
einen Fenster gelb sind, beim andern weiße
Farbe zeigen; und so wechseln auch die roten
Teile der Architektur, die beim andern Fenster
weiß sind, und umgekehrt. Der Hintergrund
beider Fenster sowohl bei den Figuren wie bei
der Architektur ist ein feines tiefes Indigoblau.
St. Helena hat einen tiefroten Mantel und ein
weißes Untergewand. Das Kreuz in ihrer Hand
ist weiß, desgleichen das Kirchenmodell, dessen
Turmfiale jedoch gelb ist. Die Krone auf dem
Haupte der hl. Helena ist von grüner Farbe,
wohl zu dem Zweck, damit sie sich besser
von dem gelben Heiligenschein abhebt. Die
Fleischteile zeigen einen bräunlich violetten
Ton. Das Weiß hat überall ein angenehm
hellgelbgrünliches Kolorit. Während die Muster-
verglasung sich allein aus weißen, gelben, roten
und indigoblauen Gläsern zusammensetzt,
kommen bei Architektur und Figuren auch
ein farbiges Grün, sowie an wenigen Stellen
ein ziemlich dunkles bräunliches Violett vor.
Als Malfarbe ist bei diesen Fenstern für die
Konturen das übliche Schwarzlot verwendet
und zwar von schwärzlich-grünlicher Nuance.
Die Konturen zeigen verschiedene Stärke und
sind bald ganz deckend, bald halbgedeckt,
stellenweise auch nur lasierend aufgetragen
und mit großem Geschick gezogen. Ein
eigentlicher Überzug, also eine dünne Farben-
lasur über die ganze Glasfläche mit ausradierten
bestimmten Lichtern, wie er schon bei manchen
Fenstern dieser Zeit begegnet, ließ sich an
diesen Fenstern nicht feststellen. Die Schattie-
rung war vielmehr mittels stark verdünntem
Schwarzlotauftrag leicht angeschwemmt. Die
Heiligenscheine und einige Teile der Archi-
tektur sind halbdeckend mit Schwarzlot
gestrichen und ist dann mit dem Radierholz
oder Federkiel ein hübsches Ornament aus
dem Schwarz herausradiert. Eine Bemal'ung
auf der Außenseite des Glases, wie sie sich
bei einigen Fenstern des Xantener Domes
findet, und auch anderweitig schon nachge-
wiesen wurde, hat sich hier nicht feststellen
lassen, dürfte auch wohl nicht vorhanden
gewesen sein. Die einzelnen Glasstücke,
welche durchgängig nur von geringer Dimension,
sind sehr ungenau im Schnitt und passen
nicht genau aneinander. Sie sind natürlich,
da man den Gebrauch des Diamant zum
Glasschneiden damals noch nicht kannte, mit
glühendem Eisen gesprengt und dann mit dem
 
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