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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Derix, Heinrich: Alte Glasgemälde im Dom zu Xanten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0155

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241

1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

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Kröseleisen passend gemacht, zeigen daher
auch die schräg ausgesprungenen Kanten.
Für die Geschicklichkeit des verfertigenden
Glasers spricht der Umstand, daß er schwierigen
und kunstvollen Glasschnitt, der sich gut hätte
vermieden lassen, nicht umging. So z. B. bei
der Krone der hl. Helena. Dort wo es, wie
bei ganz kleinen Stücken, nicht angängig war,
mit den Bleilinien genau dem Kontur zu folgen,
ist die Fläche zwischen dem gemalten Kontur
und dem einfassenden Blei mit Schwarzlot
ausgefüllt. Die Glasstärke betrug bei diesen
Fenstern, im Unterschied von den früher in
dieser Zeitschrift besprochenen Fenstern des
Xantener Domes, die meist ganz dünne Gläser
hatten, 21/2—3 mm. Die Fenster sind stark
durch Oxidierung angegriffen, was ich, in
diesem Falle wenigstens, für einen wesent-
lichen Vorteil halte, denn es ist nicht zu
leugnen, daß diese Fenster bezw. die unbe-
malte Verglasung ohne die mildernde Wirkung
der Patina schwerlich die prächtige Wirkung
erweisen würden, die sie jetzt zeigen; da das
Weiß im Verhältnis zum Rot und Blau recht
hell war, daher ohne Oxyd zu starke Gegen-
sätze entstanden wären. Die Innenseite be-
deckte eine dicke Schmutzschicht, die aber mit
Wasser, an einigen festeren Stellen mit Seifen-
lauge leicht zu entfernen war; das Glas ist
auf der Innenseite matt angegriffen.

An einigen Stellen waren die Konturen
teilweise heruntergegangen bezw. verblaßt,
großenteils aber noch recht fest. Obschon
dieselben bei manchen Stücken durch Kratzen
sich entfernen ließen, wurden dieselben trotz-
dem gelassen, da sie unberührt in der Kirche
noch recht lange halten können. Deshalb
wurden die Gläser auch nicht neu gebrannt,
ein Verfahren, das obwohl anderweitig emp-
fohlen, von mir nicht angeraten werden
möchte, da in den meisten Fällen das Glas
durch nochmaliges Brennen einen Teil der
noch vorhandenen Leuchtkraft verliert, auch
die Konturen nicht mehr ordentlich ein-
brennen. Auf der Außenseite wiesen sämt-
licher Gläser stark den zerstörenden Einfluß
der Zeit auf. Meist hatten die Stücke auf
der Außenseite 1—2 mm tiefe Löcher. In
der Mitte waren die Glasstücke am meisten
angegriffen, während sie nach den Bleirändern
zu besser erhalten waren. Am meisten ger
litten, und zwar in ihrer ganzen Fläche hatten
besonders die violetten, dann auch die blauen

Stücke, während rot, entgegen anderweitiger
Erfahrung, nur stellenweise angegriffen, aller-
dings die Überfangschicht vereinzelt fort-
gefressen war. Die gelben und besonders
die weißen Gläser hatten sich am besten ge-
halten, doch mit großen Verschiedenheiten in
bezug auf Widerstandsfähigkeit gegen Witte-
rungseinflüsse und Zeit. Von vornherein
wurde darauf verzichtet, die Vertiefungen der
stark ausgefressenen Glasstücke mit Glasmasse
auszufüllen; denn daß die Gläser dadurch
nicht gewinnen, hat sich bei den vielen und
zwecklosen Versuchen herausgestellt, die zur
Zeit mit den alten Fenstern des Domes zu
Stendal in dem damaligen Kgl. Institut für
Glasmalerei zu Charlottenburg gemacht worden
sind. Aber auch die Gläser der besseren
Konservierung wegen beiderseits mit Glasfluß
zu überziehen und neu zu brennen, wie es
in dieser Zeitschrift (Bd. XIX, S. 274) be-
sprochen wurde, dürfte nach meinen Er-
fahrungen wenig zweckmäßig sein, da meistens
doch keine größere Dauerhaftigkeit erreicht,
das Glas beim nochmaligen Brennen aber
leicht trübe wird.

Selbstverständlich wurden bei der Restau-
ration alle nur irgendwie brauchbaren alten
Stücke verwendet, auch dann, wenn sie durch
starken Oxyd wenig durchsichtig geworden
waren. Ebenso wurden zerbrochene alte
Stücke wieder benutzt, indem sie durch Not-
bleie zusammengefaßt wurden. — Trotz mehr-
facher Anregung wurde doch davon abgesehen,
die einzelnen neu ergänzten Stücke als solche
zu bezeichnen; dagegen eine die Ergänzung
betreffende Inschrift ins Fenster aufgenommen.
Dies Verfahren dürfte auch empfehlenswerter
sein, da etwaige Zeichen, wenn sie nicht stören
sollen, besonders bei niedrig stehenden Fen-
stern, doch nur sehr klein und am äußersten
Rand angebracht sein könnten, dann aber bei
etwaiger Untersuchung nur bemerkbar sind,
wenn die Bleifassung entfernt wird. In diesem
Falle aber sind die neuen Stücke ohnehin
leicht als solche erkennbar durch ihren glatten
Schnitt; gegenüber den ausgekröselten Stücken
mit schräg abgesprungenem Rand der alten
Teile. Da auch Photographien der neu her-
gestellten Fenster mit Angabe der ergänzten
Stücke dem Denkmälerarchiv einverleibt wurden,
so dürfte damit allen Ansprüchen der Kunst-
wissenschaft und Denkmalpflege genügt sein.
Kevelaer. Heinrich Derix.
 
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