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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Schnütgen, Alexander: Romanische Emailscheibe und Bergkristallreliquiar
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0227

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Abhandlungen

Romanische Emailscheibe und Berg-
kristallreliquiar.

Mit 2 Abbildungen (Tafel XII,
aus dem XVI. Kölner Jahres-
bericht, Abbildungen 10 u. 16.)

jür diese G r üben schmelz -
Scheibe a von 14 cm
Durchm., mit dem Bilde der
Krönung Mariens inmitten
eines Engelkranzes — eines
von vier ähnlich behan-
delten, zur Zeit in Köln
erworbenen Exemplaren
mit den Darstellungen der
Höllenfahrt, der drei Frauen
am Grabe und der Himmel-
fahrt — nimmt von Falke
die Schule des Nikolaus von Verdun in An-
spruch, nachdem er eines derselben als
unter dessen Einfluß entstanden schon in dem
1904 erschienenen Prachtwerk „Deutsche
Schmelzarbeiten des Mittelalters", Seite 89 be-
sprochen und auf Tafel 70 abgebildet hatte. —
Seine Annahme, daß sie ursprünglich das
Satteldach eines Reliquienschreines schmückten,
erscheint nicht über jeden Zweifel erhaben.
— Die Technik besteht in den ausgesparten
und vergoldeten Einteilungslinien, Orna-
menten und Figuren, denen die kräftigen,
vorzüglich gezeichneten Konturen rot ein-
geschmolzen sind. Der Grund ist abwechselnd
blau und grün emailliert, mit Vorwiegen des
ersteren; die zwischen den vergoldeten Kreis-
und Paßstreifen eingeschmolzenen Linien sind
weiß, zu dem noch gelbliche und hellblaue
Töne für die Wolken, vollständige Marmo-
rierungen für das hl. Grab hinzukommen.
Dieselben Emailtöne und die Art ihrer Ver-
wendung finden sich auf dem 1281 von
Nikolaus vollendeten Klosterneuburger Altar-
aufsatz und auch die scharfe Zeichnung der
Ornamente wie die Linienführung der Figuren
sind diesem so verwandt, daß an der Einheit-
lichkeit der Quelle nicht zu zweifeln ist, zumal
des Meisters Hand von 1283 an am Dreikönigen-
schreine nachzuweisen ist (vergl. „Illustrierte
Geschichte des Kunstgewerbes" S. 270 ff [von
Falke] Berlin 1908). Auf ihn (oder einen seiner
Kölner Schüler) am Schluß des XII. Jahrh.
sind also diese vier Medaillons zurückzuführen.

Das Bergkristallreliquiar b, ebenfalls
in Köln erstanden, 15 cm lang und hoch, hat
als Kern einen 4 cm ausgehöhlten, gegen die
Mitte leise anschwellenden (durch seine kräftigen
Federungen sehr echt wirkenden) Bergkristall-
zylinder, der die Bestimmung hatte, das Gebein
aufzunehmen. Seine beiden Enden sind mit Zier-
scheibe von 10 cm Durchmesser geschmückt,
deren Kern eine Art Agraffe bildet. Diese ist
mit Kristallkabochons und sonstigen Halbedel-
steinen besetzt, einem größeren in der Mitte,
den die kleineren, zumeist farbigen, rings
umgeben auf filigraniertem Grund, bei kasten-
förmiger Fassung sämtlicher Steine durch eben-
falls gekörnten Draht. Diese beiden Agraffen,
von denen eine zum Öffnen eingerichtet ist,
haben große Verwandtschaft mit den fränkischen
Goldfibeln, die zumeist mit Steinen, Zellen-
verglasung und Filigran geschmückt, den
Mantel auf der Schulter zusammenfaßten und
derart beliebt waren, namentlich auch in Köln,
daß der Gedanke an diese, aus den fränkischen
Gräbern vereinzelt immer aufgetauchten Vor-
bilder gar nahe liegt. Der die Agraffen rings
umgebende durchbrochene Rand von ver-
goldetem Kupfer, ein den Kämmen der roma-
nischen Schreine im kleinen nachgebildetes
Motiv, das auf der einen Seite auch als Abschluß
des Zylinderrandes Verwendung gefunden hat,
gibt dem Ganzen eine vornehme, feierliche
Wirkung. — Diese beiden Zierscheiben sind
durch zwei Querbänder mit ausgespartem
Flechtornament auf gekörntem Grund seitlich
verbunden, während die obere Verbindung
durch einen Zinnenfries bewirkt ist, aus dessen
Mittel- und Endzapfen je ein blattgefaßtes
Kristallkügelchen, wie es in größeren Dimen-
sionen bei den Kölner Tumben wiederkehrt,
malerisch herauswächst. — Auf vier Klauen-
füßen sich aufbauend macht das fein ent-
worfene, sorgsamst ausgeführte, dazu vortreff-
lich erhaltene Reliquiengefäß einen überaus
gefälligen Eindruck. In seiner Ursprungszeit
gegen Schluß des XII. Jahrh. mag es in seiner
Heimat Köln noch nicht viele Nebenbuhler
gehabt haben, da die (den vertikalen voran-
gehenden) querliegenden Zylinderreliquiare erst
um diese Zeit entstanden, aus der ein kleineres,
leider verrestauriertes Exemplar nur in St. Co-
lumba erhalten geblieben ist. Schnütgen.
 
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