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Zeitschrift für christliche Kunst — 20.1907

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Bachem, J.: Der Meister der Kreuzigungsgruppe in Wechselburg, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4119#0230

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1907. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

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gestalt vor der Abfasung mit seiner vor-
springenden Ecke wiedergibt, nicht, die Hände
seitlich vom Körper anzubringen. Daher wird
die vordere Ecke des Blockes benutzt, um
die Hände und die Attribute darin anzubringen.
So entsteht hier die sogenannte Übereckkom-
position, die so geschickt angewandt ist, daß
dem Beschauer die Beschränkung, der der
Künstler unterworfen war, nicht zum Bewußt-
sein kommt.

Dieselbe Einfachheit wie die Komposition
zeigt der Gewandstil. In einfachem Umriß
umschließt der Mantel die Figuren. Besonders
bei Salomo kann beobachtet werden, wie der-

Die Proportionen sind mehr breit als hoch,
indem die Breite, in Ellbogenhöhe gemessen,
etwa 2 "^/a mal in der Höhe aufgeht.

In der Behandlung der einzelnen Formen
sehen wir das Bestreben des Meisters, die
Natur bei vollendeter Wiedergabe zu verein-
fachen und zu idealisieren. So ist bei David
die linke Hand und der Kopf mit den ein-
gefallenen Wangen natürlich wiedergegeben.
Doch zeigt erstere kein einziges Detail. Auch
Salomos Gesicht wirkt lebensvoll, ohne daß
Details angebracht wären. Schließlich wäre
noch die meisterhafte plastische Modellierung
zu erwähnen, die besonders an der Art zu

Fig. 9. Freiberg. Goldene Pforte: Archivolten.
(Aufnahme der kgl. preufsischen Mefsbildanstalt.)

selbe am rechten Arm dazu dient, den vor-
springenden Ellbogen mit der Hauptmasse zu-
sammenzuschließen. Zu diesem Zweck ist sein
Saum soweit vorgeschoben, daß er den Ell-
bogen umschließt. Von derselben Monumen-
talität wie der Kontur ist der Faltenwurf. In
straffen Linien, scharfe Schatten werfend, fallen
die Falten herunter. Dies läßt sich bei Salomo
gut an den Falten des aufgehobenen Mantels,
die unter der linken Hand entstehen, beobach-
ten. Sie treffen scharf gegeneinander. Eine
weitere, beiden Figuren gemeinsame Stileigen-
schaft ist die Einfachheit und Allgemeinheit
der Gewandbehandlung. Vgl. besonders Brust
und Schulterpartie bei Salomo. Nur die zur
Charakteristik notwendigen Falten sind an-
gegeben.

bemerken ist, wie die Schultern ohne jede
Härte unter dem Mantel sichtbar gemacht
sind, ferner an der Stirn Davids.

Die Haarbehandlung verrät dasselbe Ge-
fühl für massige Wirkung, auch durch einige
Linien belebt.

Die gemeinsamen technischen Eigentüm-
lichkeiten der Statuen sind: Dasselbe Stand-
motiv, der vorgesetzte rechte Fuß kehrt immer
wieder. Auch der anthropomorphe Sockel ist
beiden gemeinsam, der, obwohl die Deck-
platte des Kapitells als Basis genügt hätte, ein-
geschoben ist. Das Querprofil der senkrecht
fallenden Falten ist kantig mit tief ausgehöhlten
Vorderflächen.

Diese beiden Figuren sind mit denen des
David und Salomo vom Wechselburger Lettner
 
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