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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 2.1886

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Heldermann, L.: Wasser- und Trinkgefäße in Ägypten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4121#0237

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Fig. 1. Formen ägyptischer Thongefäße.

Wasser- und Trinkgefähe in Ägypten.

Von L. Heldermann.

!Nit Jllustrationen.

Jn einem Lande, dessen Gebiet in seiner
südlichen Ausdehnung die heiße Zvne noch be-
rnhrt, wo acht Monate des Jahres die Sonne
in ungctrnbter Klarheit, aber auch ebeuso un-
gemilderter Glut vom Himmel strahlt, wo nur
in den Monaten Dezember uud Januar, viel-
leicht auch noch im Februar, vereinzelte Regen-
schauer sich ergießen, ganze Regentage und Ge-
witter aber zu den größten Seltenheiten gehören,
ist die Trinkwasserfrage naturgemäß von der
größten Bedentung. Aber auch in den Winter-
monaten und zumal im März und April, wenn
die bösen Wüstenwinde, die Chamsien, die Luft
durchziehen und der Aufenthalt im Freieu fast
zur Unmöglichkeit wird, ist das Bedürfnis
selbst der nicht arbeitenden Menschen nach Er-
frischung durch kühlenden Trunk ein überaus
großes.

Wasser spendet nun der heilige Nil von
alters her in Hülle uud Fülle, dasselbe ist,
wie alle Welt weiß, in seinem natürlichen
Zustande ganz besonders zu Zwecken der Land-
wirtschaft geeignet, oder vielmehr die unerläß-
liche Bedingung für Fruchtbarkeit und das Be-
stehen der Landwirtschaft in Ägypten überhaupt.
Für die Bedürfnisse des täglichen Lebens läßt
aber sein Zustand vieles zu wünschen übrig.
Die Eingeborenen freilich sind in dieser Be-
ziehung nicht heikel und begnügen sich vielfach
mit dem Wasser, wie der Strom es bringt, zu
allen Zwecken des Haushalts. Jn Kairo z. B.,
wo ein Bewässerungskanal, der Kalig, der vom

Nil gespeist wird, die ganze Stadt dnrchzieht,
zugleich dazu dienend, sämtlichen Unrat in sich
aufzunehmen und abzuführen, wird dessen Wasser
als Trinkwasser nicht verschmäht, im Gegenteil
für sehr heilsam gehalten. Dem Europäer freilich
graut's davor.

Für den Bewohner von Kairo giebt es
zwei Wege, sich mit seinem Wasserbedarf zn
versehen, entweder liefert denselben die „6omxu-
Anis äss saux" mittels Leitung, oder er ist
wie von alters her auf den „Laklru" ange-
wiesen, welcher das Wasser in einer „lUrbs",
d. i. einem Schlauch aus Esels- oder Ziegenfell,
der in seinen großen Umrissen noch die Ge-
stalt des Tieres deutlich erkennen läßt, auf
dem Rücken in das Haus trägt. Vom Nil in
die Stadt holen die Wasserträger dasselbe in
Fässern, welche auf Rädern fortbewegt werden.

An Brunnen fehlt es, z. B. in Kairo,
auch nicht, doch sind dieselben durchweg salz-
hältig und haben die niittlere Jahrestemperatur,
d. h. eine Wärme von 20 o R.

Zum Nutzen und Frommen der Vorüber-
gehenden, welche auf ihrem Wege der Durst
überkommt, und für die Armen giebt es öffent-
liche Brunnen, „ssbil", welche architektonisch
ausgezeichnete, oft mit Luxus aufgeführte Bauten
sind. Dieselben gehören milden Stiftnngen an
und sind mit den älteren Moscheen fast immer
verbunden, häufig aber mit denselben außer
Gebrauch gekommen und verödet. Zum direkten
Trinken findet man nicht selten messingene Saug-
 
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