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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 2.1886

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Pabst, Arthur: Die dekorative Kunst auf der Berliner Jubiläumsausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4121#0257

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Goldstickerei auf Seide. Jtalieu. Anfang des 18. Jahrh.

Die dekorative Kunft auf der Berliner Iubiläunrsausstellung.

Von Arthur pabst.

Mit Jllustrationeil.

Die himdertste Wiederkehr des Jahres, in
welchem die erste Kunstausstellung iu Berliu
eröffuet wurde, hat auch in dem Programm
dieser Ausstellungen eine Erweiterung herbei-
geführt: man hat deu Werken dekorativer Kunst
— vielleicht wäre die Bezeichnung: Kleinkunst
passender gewesen — einen Platz verstattet. Jm
Grunde handelt es sich übrigens nicht um eine
Neuerung: man hat vielmehr nur auf früheren
Gebrauch zurückgegriffen und gestattet, was
eigentlich nie verboten war. Auf zahlreichen
Ausstellungen im Laufe des nunmehr vollen-
deten Jahrhunderts fanden fich Werke der
Kleinkunst vertreten. Am Ende des vorigen
Jahrhunderts, als man den Begriff des Kunst-
handwerks noch nicht kannte, ist es nicht weiter
auffallend, daß z. B. 1785 der Ciseleur Ravens
mit 4 Bronzewandleuchtern als Aussteller auf-
tritt. 1794 gelegentlich der Neugruppiruiig der
Kunstwerke finden wir eine Abteilung: „Fabrik-
und Gewerk-Arbeiten", in der u. a. „Öfen,
Luftpumpen, Uhren, Stickereien, Charakter-
masken, Tische, Musikinstrumente, Steigbügel"
vertreten sind, also Objekte, denen man heute
z. T. die Aufnahme unbedingt versagen würde.
Allmählich blieben dann Arbeiten der Klein-
kunst den Ausstellungen fern; anfangs wohl,
weil man nichts auszustellen hatte, später aus
Unkenntnis der entsprechenden Bestimmungen.

Es ist daher mit Freude zu begrüßen,
daß die Jubilämnsausstellung dem Senat der
Akademie Veranlassung gegeben hat, die alte
Gepflogenheit wieder aufzunehmen. Eine be-
sondere Kommission, in welcher die Namen
Lessing, Heyden, Ewald von vornherein
eine richtige Jnangriffnahme gewührleisteten,
wurde vom Senat der Akademie berufen, um
eine angemefsene Beschickung der Ausstellung mit

Werken der dekorativen Kunst thunlichst zu
fördern. Es handelte fich nun darum, — wie
in einem Rundschreiben an Vertrauensmänner,
von denen eine erfolgreiche Mitarbeiterschaft zu
erhoffen war, ausgeführt wurde — vorzügliche
Arbeiten zu wählen, „welche ihrer Zweckbestiiu-
mung nach zu den Gebrauchsgegenständen zu
rechnen wären, die aber durch hervorragende
Beteiligung der bildenden Künste zu Kunst-
werken veredelt sind." Derartige Werke sollteu
nicht einen kunstgewerblichen Anhang der Kunst-
ausstellung bilden, auch nicht als Dekorations-
stücke zum Schmuck der Säle Verwendung
stnden, sondern der Grad der auf ihre Her-
stellung verwendeten Kunstthätigkeit sollte sie
würdig macheu, „als wirkliche künstlerische
Schöpfungen gleichwertig neben Ge-
mälden und Bildwerken zu stehen."
Lediglich die „Höhe der selbständigen künst-
lerischen Erfindung" wurde als Bedingung
der Aufnahme in die Ausstellung hingestellt:
die vorzügliche Ausführung dürfe nicht fehlen,
könne aber kein Recht auf Annahme be-
gründen.

Diese ehrenvolle Form der Zulassung
dekorativer Kunstwerke ist von hoher Bedeutung
nach mehreren Richtungen hin und nicht bloß
für den vorliegenden Fall. Zunächst ist es der
Senat einer Akademie, — und nicht ein be-
liebiges Ausstellungskomitee — welcher hier die
Parität zwischen Werken der Bildhauerei, be-
ziehentlich Malerei, und denen der dekorativen
Kunst proklamirt; eine Körperschaft, die meist
auf einem sehr hohen Pferde sitzt und mit
souveräner Verachtung auf das „Kunstgewerbe"
herabsah, reißt höchstselbst dieSchranken zwischen
Kunst und Handwerk nieder. Das ist ohne
Zweifel ein hoch erfreuliches Ereignis, gleich
 
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