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Sommer, Gustav
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 1): Die Kreise Zeitz, Langensalza, Weissenfels, Mühlhausen und Sangerhausen — 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.41153#0102

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Geschichtliche Einleitung1.

Nach W erseb e gehörte das Territorium, welches jetzt den Langensalza’er Kreis
ausmacht, tlieils zum Gau Südthüringen, theils zum Altgau, welche beide durch
den Unstrutfluss getrennt wurden. Freilich leidet die Gaugeographie noch an
grosser Unsicherheit, und etwas Bestimmtes kann kaum darüber ausgesprochen
werden. Auch hier tritt che Schwierigkeit ein, dass sonst gewöhnlich die Höhen-
züge, und nicht die Flüsse, die Grenzen der Gaue bilden, welche letzteren mit den
Thälern übereinzustimmen pflegen.
Für eine culturgeschichtliche Erforschung der ältesten Landesbewohner dürf-
ten die künstlichen Erclhügel, die sogen. Högks,* *) ein nicht zu unterschätzendes
Material darbieten, und verdienen, wo sie sich noch unversehrt erhalten haben,
eine sachkundige gründliche Untersuchung. Sie gelten als heidnische Opferstätten,
finden sich in dem ganzen Lande vom Hörselberge und Haynich im Südwesten
bis zur goldenen Aue und bis in die Gegend von Halle fast in jeder Flur, meist
unweit der Grenze, und scheinen in einer gewissen Yerbindung mit einander ge-
standen zu haben, obwohl sie freilich sehr verschiedenen Zeitperioden ihre Ent-
stehung zu verdanken haben mögen.
Als ein der heidnischen Yorzeit entstammender Yolksgebrauch sind che Jo-
hannisfeuer anzuführen, worüber die Chronik von Langensalza (Göschei 2, 146)
bemerkt: „Zu Johannis 1539 wurde zum letztenmale nach katholischer Art
ein sogenanntes Johannisfeuer gehalten, jedoch unter starkerWache, weil man
Excesse befürchtete.“ Die mittelalterliche Kirche hatte den ursprünglich heidnischen
Cultusact auf den Täufer Johannes zu beziehen gewusst und mit christlichen For-
men umkleidet, in äh uh eher Weise -wie che „Auszüge,“ welche in Langensalza und
in den Dörfern Grossengottern und Schönstedt noch gegenwärtig am Trinitatis-Sonn-
tage stattzufinclen pflegen. Yon dem „Auszuge der Fuhrleute“ in Langensalza
hat der verst. Gymnasiallehrer Witzschel in Eisenach in der Leipz. Illustr. Ztg.
1861 No. 934 S. 355 den Zusammenhang mit der heidnischen Frühlingsfeier nach-
zuweisen gesucht, und in den genannten Dörfern hat der „Auszug“ che Bitte um
Schutz der Felclfrüchte zum ausgesprochenen Zweck, in christlicher Umdeutung
der aus heidnischer Zeit stammenden Sitte.
Das Christenthum wurde in hiesiger Gegend durch den h. Bonifacius, den
Apostel der Thüringe, um das J. 736 vor seiner dritten römischen Reise gepflanzt,
und die Tradition nennt das Dorf Salza (jetzt Stadt Langensalza) nebst Thams-
brück unter den von ihm gegründeten mehr als 30 Dorfkirehen, die von den
Heiden wieder zerstört worden waren, und deren AYiedererbauung er 752 seinem

mit Spottnamen gegenseitig aufzogen, indem die Mühlhäuser die Langensalza’er „Schwalbenfresser“
nannten, die Langensalza’er aber die Mühlhäuser „Pflöcke“. Während die Veranlassung zu dem
ersten Namen nicht zu ermitteln ist, soll sich letzterer auf eine Fehde zwischen beiden Orten
beziehen, in der die Mühlhäuser bei ihrer Aufstellung als kampfbereite Truppen Holzstiicke reihen-
weise in die Erde gesteckt und als Soldaten angemalt haben sollen, um dadurch den Langen-
salza’ern möglichst zu imponiren.
*) Der Name „Högk“ kommt im Volksmunde in den mannichfachsten Wortcompositionen
vor, wie z. B. der rothe Högk, der Wyen-, Grefen-, Hachil-, Wang-, Liese-, Sems-, Wach-,
Brauns-, Willmanns-, Varila-, Born-, Rangen-, Juden-, Lügenhögk u. s. w. — Vergl. die Ort-
schaften Henningslehen, Issersheilingen, Neunheilingen, Sundhausen.
 
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