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Sommer, Gustav
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 1): Die Kreise Zeitz, Langensalza, Weissenfels, Mühlhausen und Sangerhausen — 1882

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.41153#0187

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lüms [statistische Uehersicht.

as kunstgeschichtlich Interessanteste in diesem Kreise erstreckt sich fast
durch weg nur auf die innerhalb der Stadt Langensalza befindlichen
Bauwerke, da sich in den übrigen Ortschaften nur wenig Oute sin die
jetzigen Zeiten gerettet hat. Die vielen Fehden, Kriege und Leiden aller
Art, Feuersbrünste und Sterbensläufte mussten die nachtheiligsten Folgen haben,
zumal die Gegend in ihrer früheren Wohlhabenheit durchziehenden Kriegshorden
ein willkommener Tummelplatz war für unrechtmässigen Erwerb, für Rohheit und
Frevel aller Art.
Aus der romanischen Kunstepoche zumal ist nur noch äusserst wenig vor-
handen. Spuren von einer ehemaligen kleinen kreuzförmigen Basilika mit Mittel-
thurm finden sich an der Deutschherrenkirche in Bnterdorf- Nägelstedt, romanische
Details an den Kirchthürmen zu Oppershausen und Seebach, die sich dadurch
als Ueberreste älterer Kirchen charakterisiren. Beide Thürme stehen östlich über
dem Presbyterium und öffneten sich im Innern durch Kundbögen westlich gegen
das Schiff, östlich gegen eine Absis. Diese Thurm Stellung blieb auch später behebt,
mit Wegfall der Absis und unter Anwendung eines spitzen Oeffnungsbogens gegen
das Schiff, wie in Blankenburg, Bruchstedt, Clettstedt, Thamsbrück, Gross- und
Klein-Welsbach, wo die Thürme anscheinend alle von Kirchengebäuden herrühren,
che älter waren als die jetzigen. — Der Thorbogen auf dem Schlosse zu Langen-
salza ist als romanischer Ueberrest kaum der Erwähnung werth.
Aus gothischer Zeit besitzt die Stadt Langensalza zwei ansehnliche Kirchen,
che freilich in Folge öfterer Bauunterbrechungen, welche durch häufige Stadtbrände,
Plünderungen und Epidemien herbeigeführt wurden, der einheitlichen Durchbil-
dung entbehren.
Die Markt- oder Bonifaciuskirche, an welcher von c. 1299 bis 1596 gebaut
wurde, erscheint in der Hallenform ihrer drei Schiffe, sowie in der Gliederung
ihrer Rundpfeiler mit vier Runddiensten abhängig von gleichen Bildungen in der
benachbarten Reichsstadt Mühlhausen. Auch die blumenartige Configuration der
Seitenschiffgewölbe findet ihres gleichen in der Halle des spätgothischen mittleren
Westthurmes der dortigen Marienkirche. Ton den offenbar ursprünglich oder doch
im Verlaufe des Baues geplanten beiden mächtigen westlichen Frontalthürmen ist
nur der nördliche zur Ausführung gekommen, geht aber leider in seiner oberen
Hälfte in Renaissance über. Dessenungeachtet ist der Gesammteindruck kein un-
günstiger, da, aus der nächsten Rahe betrachtet, der baroke Oberbau, und aus der
Ferne gesehen, der gothische Unterbau clem Auge verschwindet. Dieser Thurm
ist mit Recht der Stolz der Stadt und gilt bei seiner Höhe von 81m als der höchste
im ganzen Thüringerlande. Imposant ist das westliche Hauptportal, als freie Nach-
bildung des Westportales der Lorenzkirche zu Nürnberg, die, in denMaassen ziem-
lich gleich, mit dem Sculpturenreichthum des Originals wetteifern konnte, aber
leider ihren Statuensclimuck durch die Fanatiker des Bauernkrieges eingebüsst hat.
Die Berg- oder Stephanskirche, welche aus einer sehr gedrückten Hallenkirche in
 
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