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Kreis Langensalza.
Der jetzige Aufsatz des Eckthurmes (vergl. Eig. 20) ist im J. 1860 an Stelle
der im J. 1835 bis auf den viereckigen Untertheil wegen Baufälligkeit abgetragenen
alten Thurmspitze aufgesetzt. Die neue Form hat man ersichtlich von der Archi-
tectur der südlichen kleinen Seitenschiffdächer entlehnt, indem auf das Haupt-
gesims eine Maasswerk-Brustwehr mit Eckfialen gesetzt und der achteckige Aufsatz
(in höherer Form als früher) hinter einem Umgang mit abgetreppten Giebeln und
Eckfialen versehen wurde. Die schlanke Spitze (1 : 3) ist jetzt auf Holzgerippe mit
Schablonenschiefer gedeckt und mit metallener Kreuzblume gekrönt. Der acht-
seitige Aufsatz ist mit der Blume 21,5m hoch, der ganze Thurm also einschliesslich
des 32m hohen Unterbaues 53,5m oder 170 Fuss Blild.
Der einfach begonnenen Thurmform entsprechender war jedenfalls der frühere
Aufsatz*), der auch achteckig als Prisma anhob, dann aber, wie der viereckige
Unterbau, horizontal abgeschlossen, eine Steinpyramide (1 : 3) trug, welche mit
einem steinernen hohlen Knopf bekrönt war. Dieser alte Aufsatz war rund 19,8m
hoch, der ganze frühere Thurm also 51,8m (= 165 Fuss Bhld.). Das frühere Acht-
eck incl. Gesims, welches dem Motiv des Hauptgesimses entsprach, hatte 3,58m
Höhe. Auf dem mittelst kräftiger Ueberkragung aus den Ecken vermittelten Acht-
eck stieg der Aufsatz mit 5,1m innerem Seitendurchmesser äusserlich lothrecht,
innerhalb gewölbartig empor, damit die Pyramiden-Grate diese Curve tangirten.
Die Standfugen blieben bis in die Spitze wagerecht, und der Seitenschub der
Grat- oder Falzsteine war durch dichtschliessende eiserne Dübel verhindert. Die
Construction dieser steinernen Spitze war aus der in der Langensalza’er Gegend,
veranlasst durch das eigenthümliche, plattenartige Tuffstein-Material, entsprungenen
Steinmetzen - Technik hervorgegangen: man stellte nämlich in die 8 Grate der
Pyramide Falzsteine von 105cm Höhe, zur Aufnahme von schwachen (10 bis 12cm
starken) Platten und so fort bis zur Spitze hinauf, welche einen einzigen kronen-
artig gezackten Schlussstein erhielt. Wie die Detailzeichnung (Figur 26 — 30)
ergiebt, folgte auf diesen ein sich verjüngender Stein mit Gesims, dann wieder ein
breiterer Plattenstein, ein achtseitiges Prisma mit Zapfen und auf diesen ein aus
2 Halbkugeln bestehender Knopf mit achtseitig geschwungenem Deckel. Diese
Spitzenconstruction wurde durch einen kräftigen Eisenstab, kaiserstielähnlich loth-
recht erhalten, oben aber mit einem durchgesteckten Federsplint abgeschlossen.
Gegen Seitenschwankungen waren auf den Graten der Pyramide lange eiserne
Klammern eingelassen, die ungefähr 2 Meter weit herabreichten.
So originell und einfach diese Idee war, denn ein zweites Beispiel ist nicht
bekannt (da die Steinspitzen sonst nur gemauert zu sein pflegen), so vermochte die
Ausführung, die sich auf die eisernen Dübel in den horizontalen Lagerfugen, auf
die Haltbarkeit der Platten und auf den Mittelpfosten verliess, doch nicht auf die
Länge dem zerstörenden Einfluss der Witterung zu widerstehen. Schon bei dem
Aufbau müssen Mühseligkeiten, Yerlegenheiten und daher auch Ungenauigkeiten
entstanden sein. Man blieb nämlich (kaum • absichtlich) nicht bei der reinen Pyra-
mide; es entstand bald hier, bald dort eine kleine Abweichung von derselben, die
*) Yerf., cler als geborener Langensalzaer den Thurm täglich seit früher Jugend vor Augen
hatte und 1835 die Aufnahme des alten Aufsatzes vor dessen Abbruch besorgte, ist im Stande,
über die originelle Construction desselben die genaueste Auskunft zu geben.
Kreis Langensalza.
Der jetzige Aufsatz des Eckthurmes (vergl. Eig. 20) ist im J. 1860 an Stelle
der im J. 1835 bis auf den viereckigen Untertheil wegen Baufälligkeit abgetragenen
alten Thurmspitze aufgesetzt. Die neue Form hat man ersichtlich von der Archi-
tectur der südlichen kleinen Seitenschiffdächer entlehnt, indem auf das Haupt-
gesims eine Maasswerk-Brustwehr mit Eckfialen gesetzt und der achteckige Aufsatz
(in höherer Form als früher) hinter einem Umgang mit abgetreppten Giebeln und
Eckfialen versehen wurde. Die schlanke Spitze (1 : 3) ist jetzt auf Holzgerippe mit
Schablonenschiefer gedeckt und mit metallener Kreuzblume gekrönt. Der acht-
seitige Aufsatz ist mit der Blume 21,5m hoch, der ganze Thurm also einschliesslich
des 32m hohen Unterbaues 53,5m oder 170 Fuss Blild.
Der einfach begonnenen Thurmform entsprechender war jedenfalls der frühere
Aufsatz*), der auch achteckig als Prisma anhob, dann aber, wie der viereckige
Unterbau, horizontal abgeschlossen, eine Steinpyramide (1 : 3) trug, welche mit
einem steinernen hohlen Knopf bekrönt war. Dieser alte Aufsatz war rund 19,8m
hoch, der ganze frühere Thurm also 51,8m (= 165 Fuss Bhld.). Das frühere Acht-
eck incl. Gesims, welches dem Motiv des Hauptgesimses entsprach, hatte 3,58m
Höhe. Auf dem mittelst kräftiger Ueberkragung aus den Ecken vermittelten Acht-
eck stieg der Aufsatz mit 5,1m innerem Seitendurchmesser äusserlich lothrecht,
innerhalb gewölbartig empor, damit die Pyramiden-Grate diese Curve tangirten.
Die Standfugen blieben bis in die Spitze wagerecht, und der Seitenschub der
Grat- oder Falzsteine war durch dichtschliessende eiserne Dübel verhindert. Die
Construction dieser steinernen Spitze war aus der in der Langensalza’er Gegend,
veranlasst durch das eigenthümliche, plattenartige Tuffstein-Material, entsprungenen
Steinmetzen - Technik hervorgegangen: man stellte nämlich in die 8 Grate der
Pyramide Falzsteine von 105cm Höhe, zur Aufnahme von schwachen (10 bis 12cm
starken) Platten und so fort bis zur Spitze hinauf, welche einen einzigen kronen-
artig gezackten Schlussstein erhielt. Wie die Detailzeichnung (Figur 26 — 30)
ergiebt, folgte auf diesen ein sich verjüngender Stein mit Gesims, dann wieder ein
breiterer Plattenstein, ein achtseitiges Prisma mit Zapfen und auf diesen ein aus
2 Halbkugeln bestehender Knopf mit achtseitig geschwungenem Deckel. Diese
Spitzenconstruction wurde durch einen kräftigen Eisenstab, kaiserstielähnlich loth-
recht erhalten, oben aber mit einem durchgesteckten Federsplint abgeschlossen.
Gegen Seitenschwankungen waren auf den Graten der Pyramide lange eiserne
Klammern eingelassen, die ungefähr 2 Meter weit herabreichten.
So originell und einfach diese Idee war, denn ein zweites Beispiel ist nicht
bekannt (da die Steinspitzen sonst nur gemauert zu sein pflegen), so vermochte die
Ausführung, die sich auf die eisernen Dübel in den horizontalen Lagerfugen, auf
die Haltbarkeit der Platten und auf den Mittelpfosten verliess, doch nicht auf die
Länge dem zerstörenden Einfluss der Witterung zu widerstehen. Schon bei dem
Aufbau müssen Mühseligkeiten, Yerlegenheiten und daher auch Ungenauigkeiten
entstanden sein. Man blieb nämlich (kaum • absichtlich) nicht bei der reinen Pyra-
mide; es entstand bald hier, bald dort eine kleine Abweichung von derselben, die
*) Yerf., cler als geborener Langensalzaer den Thurm täglich seit früher Jugend vor Augen
hatte und 1835 die Aufnahme des alten Aufsatzes vor dessen Abbruch besorgte, ist im Stande,
über die originelle Construction desselben die genaueste Auskunft zu geben.