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Kreis Mühlhausen.
Plünderung und über 24000 Gulden Schadenersatz an die Klöster und Edelleute
zahlen und verlor alle ihre Dörfer, sowie ihr unabhängiges Regiment. Die Fürsten
theilten sich mittelst Einführung einer abwechselnden Jahresregierung unter
scheinbarem Vorbehalte der Rechte des Reiches in die Beute, aber ihre bald her-
vortretende Uneinigkeit, eine Folge ihrer verschiedenen Glaubensrichtungen, rettete
die Stadt. Der wiedereingesetzte alte Rath, nach den gemachten Erfahrungen allen
reformatorischen Regungen abhold, suchte zu laviren, gewann aber bald den
katholischen Herzog Georg zum Freunde und erhielt sich durch geheime Theilnahme
an dem Nürnberger Bunde auch bei dem Kaiser und den übrigen katholischen
Fürsten in gutem Andenken. Nach der Niederlage des protestantischen Sachsens
1547 in der Schlacht bei Mühlberg erhielt die Reichsstadt Mühlhausen alle alten
Rechte wieder, kehrte in Folge des Interims mit ihren Dörfern zum alten Glauben
zurück, und die unter dem Einflüsse von Kursachsen und Hessen seit 1542 ein-
gesetzten evangelischen Prediger mussten weichen. Dessenungeachtet hatte die
Gegenreformation keine lange Dauer, die Bürgerschaft war für das Evangelium,
und nur ein Th eil des Rathes widerstand unter Führung des Bürgermeisters
Seb. Rodeman meist aus politischen Gründen. Erst im J. 1556 setzte der
Deutsche Orden, als Patron der beiden städtischen Hauptkirchen, durch seinen
Komthur Hans von Görmar1 unter dem Einflüsse Sachsens durch, dass wenigstens
die Untermarktskirche den Evangelischen eingeräumt werden musste; 1558 folgte
auch die Obermarktskirche nach, und zuletzt verblieb den Katholiken nur die
Barfüsserkirche, in welcher 1566 der letzte römische Gottesdienst gehalten wurde,
da die Gemeinde ausgestorben war, und die Mönche das Kloster freiwillig räumten.
Von den reichsstädtischen Dörfern waren Höngeda und Felchta die letzten, welche
(1576) die Reformation annahmen.2
Mühlhausen hatte den Sieg des Evangeliums theuer erkauft. Die Zahl der
Einwohner hatte sich bedeutend vermindert, der Wohlstand war durch die starken
Contributionen gesunken, und die Ortschaften des Gebietes waren durch Ein-
quartierung, Plünderung und Brand ausgesogen; denn viele Edelleute der Um-
gegend, mit der ihnen zugebilligten Geldentschädigung nicht zufriedengestellt, hatten
plündernd das Stadtgebiet durchzogen und schwere Vergeltung für die ihnen im
Bauernkriege zugefügte Unbill geübt. Dessenungeachtet konnte die Stadt schon
1571 der Deutschordensballei Thüringen wieder 8000 Gulden gegen Verpfändung
der städtischen Ordensgüter vorschiessen, und da der Orden die dabei einge-
gangenen Verpflichtungen nicht einzuhalten vermochte, mussten die verpfändeten
Ordensgüter durch Vertrag von 15993 der Stadt als ein Lehn überlassen werden,
woraus der grösste Theil ihres beträchtlichen Vermögens erwuchs. — Im 30jährigen
Kriege blieb Mühlhausen zwar mit Brand und Plünderung, worunter das platte
1 Yergl. Heft 11. S. 63.
2 Yergl. Joh. Adolf Frohne, de ortu et progressuministerii evangclici in lib. atqueimp.
civitate Muhlhusa Thuringorum 1709.
3 Diesen Vertrag suchte der Orden freilich später rückgängig zu machen. und es ent-
stand daraus ein langwieriger Rechtsstreit, der zuletzt damit endete, dass nach Aufhebung des
Ordens die Güter desselben, die Mühlhausen als Lehn besessen hatte, gerichtlich für allodificirt
erklärt wurden. Yergl. von Wintzingeroda-Knorr a. a. 0. S. 207 f.
Kreis Mühlhausen.
Plünderung und über 24000 Gulden Schadenersatz an die Klöster und Edelleute
zahlen und verlor alle ihre Dörfer, sowie ihr unabhängiges Regiment. Die Fürsten
theilten sich mittelst Einführung einer abwechselnden Jahresregierung unter
scheinbarem Vorbehalte der Rechte des Reiches in die Beute, aber ihre bald her-
vortretende Uneinigkeit, eine Folge ihrer verschiedenen Glaubensrichtungen, rettete
die Stadt. Der wiedereingesetzte alte Rath, nach den gemachten Erfahrungen allen
reformatorischen Regungen abhold, suchte zu laviren, gewann aber bald den
katholischen Herzog Georg zum Freunde und erhielt sich durch geheime Theilnahme
an dem Nürnberger Bunde auch bei dem Kaiser und den übrigen katholischen
Fürsten in gutem Andenken. Nach der Niederlage des protestantischen Sachsens
1547 in der Schlacht bei Mühlberg erhielt die Reichsstadt Mühlhausen alle alten
Rechte wieder, kehrte in Folge des Interims mit ihren Dörfern zum alten Glauben
zurück, und die unter dem Einflüsse von Kursachsen und Hessen seit 1542 ein-
gesetzten evangelischen Prediger mussten weichen. Dessenungeachtet hatte die
Gegenreformation keine lange Dauer, die Bürgerschaft war für das Evangelium,
und nur ein Th eil des Rathes widerstand unter Führung des Bürgermeisters
Seb. Rodeman meist aus politischen Gründen. Erst im J. 1556 setzte der
Deutsche Orden, als Patron der beiden städtischen Hauptkirchen, durch seinen
Komthur Hans von Görmar1 unter dem Einflüsse Sachsens durch, dass wenigstens
die Untermarktskirche den Evangelischen eingeräumt werden musste; 1558 folgte
auch die Obermarktskirche nach, und zuletzt verblieb den Katholiken nur die
Barfüsserkirche, in welcher 1566 der letzte römische Gottesdienst gehalten wurde,
da die Gemeinde ausgestorben war, und die Mönche das Kloster freiwillig räumten.
Von den reichsstädtischen Dörfern waren Höngeda und Felchta die letzten, welche
(1576) die Reformation annahmen.2
Mühlhausen hatte den Sieg des Evangeliums theuer erkauft. Die Zahl der
Einwohner hatte sich bedeutend vermindert, der Wohlstand war durch die starken
Contributionen gesunken, und die Ortschaften des Gebietes waren durch Ein-
quartierung, Plünderung und Brand ausgesogen; denn viele Edelleute der Um-
gegend, mit der ihnen zugebilligten Geldentschädigung nicht zufriedengestellt, hatten
plündernd das Stadtgebiet durchzogen und schwere Vergeltung für die ihnen im
Bauernkriege zugefügte Unbill geübt. Dessenungeachtet konnte die Stadt schon
1571 der Deutschordensballei Thüringen wieder 8000 Gulden gegen Verpfändung
der städtischen Ordensgüter vorschiessen, und da der Orden die dabei einge-
gangenen Verpflichtungen nicht einzuhalten vermochte, mussten die verpfändeten
Ordensgüter durch Vertrag von 15993 der Stadt als ein Lehn überlassen werden,
woraus der grösste Theil ihres beträchtlichen Vermögens erwuchs. — Im 30jährigen
Kriege blieb Mühlhausen zwar mit Brand und Plünderung, worunter das platte
1 Yergl. Heft 11. S. 63.
2 Yergl. Joh. Adolf Frohne, de ortu et progressuministerii evangclici in lib. atqueimp.
civitate Muhlhusa Thuringorum 1709.
3 Diesen Vertrag suchte der Orden freilich später rückgängig zu machen. und es ent-
stand daraus ein langwieriger Rechtsstreit, der zuletzt damit endete, dass nach Aufhebung des
Ordens die Güter desselben, die Mühlhausen als Lehn besessen hatte, gerichtlich für allodificirt
erklärt wurden. Yergl. von Wintzingeroda-Knorr a. a. 0. S. 207 f.