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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 3.1886

DOI Artikel:
Roth, Rudolf: Die St. Martinskirche und Pfarrstelle in Leutkirch, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20205#0044

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39

In dem Schreiben heißt es dann weiter: „Daß wir uns zu
euch, eurem gethauen Erbieten und Kaiserlichen Majestät be-
schehnen Versprechen und Zusagen nach, keineswegs verstehen
und sonderlich, daß ihr euch auf das Jutrim (welches euch
doch dergestalt nichts angeht) zu reveriren und zu zuziehen
sollten anmaßen. Den auch sonder Zweifel nach neuestem,
baß ihr auf jüngst gehaltenem Reichstag zu Augsburg gar
nicht auf das Jntrim, sondern mit lautern ausgedrückten
Worten von Kaiserlichen Majestät durch euer Nathsbotschaft
lauter und klar zu sagen und versprechen lassen habt, und
euch diesfalls mit Nichten auf das Jntrim zu reveriren und
Zn ziehen gebührt. Da aber nun demselbigeu also ist, so
künden wir der Kaiserlichen Majestät als ein Diener ver-
wandt, auch unserm und anderm deßhalb von Ihrer Majestät
Desi-bl noch keineswegs unterlassen, berührter uener Handlung
und anderes mehr so wir seither erfahren, daß ihr wider
Jhro Majestät gehandelt habt, zum förderlichsten und nach
ber längs (d. h. seinem ganzen Inhalt oder Wesen nach) zu
berichten, damit sich Jhro Majestät gegen euch darnach desto
besser entschließen und zu richten wisse. Solches wollten wir
euch demnach guter nachbarlicher Meinung bei diesem unfern
kignen Boten unangezeigt nicht lassen. Euch sonst in anders-
Weg nachbarlich und gemüthlichen Willen zu beweisen, sind
wir erbietig und willig. Am 4. Mai 1550. Gerwikh Abt
Zu Weingarten und Ochsenhansen."
Wie Abt Gerwikh beflissen war, eine scharfe Zurecht-
weisung nach Leutkirch gelangen zu lassen, so hat er auch
uicht versäumt, nach seiner gemachten Ankündigung einen ebenso
genauen Bericht an den Kaiser zu senden. Hieraus traf nach
einiger Zeit ein drittes kaiserliches Schreiben an den Bürger-
weister und Rat der Stadt Leutkirch ein, welches in seinem
wesentlichen Inhalte also lautet: -
„Als wir euch unfern allhier im Jahre 1548 ansgerichte-
ten Reichsabschiede in Schriften gnädiglich haben erfordern und
bernehmen lassen, daß ihr euch unsere Deklaration und Ord-
nung, wie es mitler Zeit bis zur Erörterung eines gemeinen
Evnciliums in der Religion gehalten werden solle, demselbigen
Abschiede angehängt und gemäß halten und dabei eueren Pfar-
rern und Predikanteu solches zu geschehen, verschaffen und
berfügen wollen, ein ferneres Schreiben solchen Inhalts an
euch ausgegangen. Darauf ihr uns auch unterthänigst Ver-
tröstung und Zusage gethan, demselben also gehorsamst nach
Zu kommen und geloben wollen, doch mit der angehängten,
bvr gewendeten Entschuldigung, daß solches uicht auf ein mal
ins Werk gericht, sondern mit der Zeit eins nach dem andern
surgenoinmen und angestellt werden müsse. Wie wir die Sach
bis anhero dabei haben beruhen lassen, der gnädigen unzweifel-
haften tröstlichen Hoffnung, ihr werdet gedachte Deklaration
Und Ordnung nunmehr dermassen angestellt und ins Werk ge-
atzt haben, daß des weitern Mahnens derhalben von unöthen,
winassen wir auch nicht zweifeln, die Ordinarien werden an
gebührlicher Visitation, Ausrichtung und Vollziehung ihrer Re-
formation gleichfalls nicht ermangeln lassen, sondern dieselben
ws Werk gesetzt haben."
Der Kaiser spricht sein Befremden und eine scharfe Zu-
rechtweisung ans, daß diese seine kaiserliche Verordnung noch
"icht zur Ausführung gekommen sei. Es wird schließlich
Hoch die Hoffnung ausgedrückt, daß dieses nun geschehen
werde und eine schriftliche Antwort hierüber eingesendet werde.
Gegeben in der Neichshanptstadt Augsburg am 23. März
1551.
Welche Antwort der Bürgermeister und Rat dem Kaiser
gegeben haben, ist ans den vorhandenen Quellen nicht ersicht-

lich; allein am 15. Febr. 1552 erschienen als kaiserliche
Kommissäre Heinrich Hasen von Laufen, kaiserlicher Hofrat
und Präsident im Fürstentum Lützenbnrg, und Abt Gerwikh
von Weingarten. Es galt die vollständige Wiederherstellung
der alten Neligionsgebräuche, Einsetzung eines neuen Rats
und Aufhebung der Zunftmeister. Stadtschreiber war damals
Zimprecht Thunauer. Was die kaiserliche Kommission weite-
res vornahm und bezweckte, ersehen wir am besten aus einer
Antwort des Abtes Gerwikh von Weingarten, welche er einer
späteren Deputation gab, die wir aber der Sache wegen gleich
hier anfügen wollen. Dieselbe lautet im wesentlichen also:
„Was ihr Fürnchmen in mehren Sachen und ihm und
wider Hochverbannten Landfrieden einige Vergewaltigung oder
Eingriff in seiner Kirche zu thun gedachten, werde er solches
zur Stunde an die Königl. Majestät gelangen lassen und des-
sen von Ihrer Majestät znm höchsten beklagen verursacht
werden. Daneben wollte er ihnen nicht bergen, daß er
Jhro Majestät auch mit gutem Grunde berichten, daß sie
sich vormals auf dem Reichstage zu Augsburg 1548 zum
höchsten obligirt, d. h. verpflichtet, und verschrieben haben und
hernach ihm, dem Abte, und Herren Heinrich Hasen als da-
zumal kaiserlicher Kommissär deßhalb ihr Gelübde und Eid
gethan und gegeben, daß sie der alten Religion anhängig sein
und derselben in allweg geleben und Nachkommen wollen. Und
sodann ein solch Fürnehmen je in Gang käme und gerathen
sollte, so wollt er seine Priester und Kapläne wohl an Ort
und Enden verordnen; allda sie sicher wären und ihre Reut,
Zins und Gülten mit guter Ruhe und Fügen und dieselben
mäniglichs halber ungewehrt und ungcnirt einnehmen, brauchen
und genießen mögen, über dem wisse er (der Abt) unzweifel-
haft wohl, wie, wo und an wen sie gesessen und wer ihre
Ninkhmauer wäre;^) nämlich des R. K. Majestät, unfern
gnädigen Herrn, dem Abte von Kempten und Ihnen, dem
Heren von Weingarten, und der Erbtruchseßcn (von Waldbnrg-
Zeil), die er all, so sie ihm an den Kopf schlagen (d. h. er-
zürnen) oder ihm einige Widerniß in der Kirchen zufügen
unterstehen würden, (dieselben) zu allen Ungnaden wider sic
bewegen wollten. Dieweil auch die Stände des Reichs von
jetziger R. K. Majestät die Lehen empfangen müssen, wie es
ihnen auch gethan gebühren würde, was ihnen da in Empfang
der Lehen begegnen, wollte er ihnen zu treffen geben, zu be-
sorgen wäre es aber, daß sie von wegen ihres unbilligen,
höchst sträflichen Fürnchmens gar um ihre Lehen kommen
möchten! ,
WaS dann das Fürgeben, daß nach des Ncichstagsabschied,
vermöge Ausweis und Inhalt die Religion männiglich freigclassen
werden solle, das sei nicht, da keine Stadt außerhalb Nürnberg
in dieser Landesart herum gelegen, auch Augsburg selbst nicht,
die sich der Augsburger Konfession zu rühmen vermöge, daß
sie derselben eingelcibt und darin begriffen feie. Derhalben,
wenn man thäte, was man von Obrigkeit wegen zu thun
schuldig wäre, so sollte man den EonjurulionibuZ und Meu-
tereien nicht also znsehen, sondern die Buben, Näthlinsführer
und Aufwiegler bei den Köpfen nehmen und an die Bäume
knüpfen, oder wenigstens die Köpf, mit Gunst zu vermelden,
zwischen die Füße legen, so würde man solcher Conjurationen,
Meutereien und Konspirationen wohl überhoben, ab- und ver-
tragen sein und bleiben. Damit aber gemeine Stadt- und
Bürgerschaft zu guter Ruhe, Frieden und Einigkeit bei einander
verharren und bleiben, sie auch spüren, sehen und greisen

') Das Territorium der Stadt Leutkirch war von den obenge-
nannten Gebieten ganz umschlossen gewesen.
 
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