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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 3.1886

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Brinzinger, Adolf: Geschichtliche Notizen über einige im Umfang des jetzigen Landkapitels Stuttgart gelegene Pfarreien, Kirchen und Klöster, [14]
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Einzug in die Klosterkirche Neresheim am Pfingstmontag, 20. Mai 1782, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20205#0049

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Alexander, Karl, Ludwig und Friedrich Eugen war Hofen
nebst Öffingen ein Zufluchtsort zur Befriedigung der religiösen
Anliegen; viele Tanfen, Hochzeiten und Begräbnisse von sol-
chen Katholiken der Diaspora kommen in jenen Zeiten, beson-
ders zahlreich im vorigen Jahrhundert unter der Negierung des
Herzog Karl Engen laut Einträgen der Pfarrbücher in Hofen
vor, sogar bis in unser Jahrhundert herein, bis endlich nach
Erscheinen des Ncligionsedikts 15. Okt. 1806 allmählich die
neu organisierten Pfarreien in Stuttgart und Ludwigsburg ge-
gründet wurden. Im Jahre 1753 wurden zum Beispiel 55,
im Jahre 1754 31 auswärtige Brautpaare in der Pfarrei zu
Hofen ex commmsione katholisch getraut. Dort begrabene
Auswärtige werden wir später einige anführen. 1763 11. Ang.
wurde ein Türke, Mehemed Ali aus Tunis, Soldat im
Dienste des Herzog Karl, auf Befehl des letztem in Hofen
getauft von Hofkaplan Franz Herligkofer, dem Beichtvater des
Herzogs unter Assistenz des Hofkaplan Michael Franz Anton
Seitz und des Ortspfarrers Mader vor einer ungeheuren Menge
Volkes. Er erhielt den Namen Lorenz Christmann.
4) Das katholische Militärwaisenhaus und die
Normalschnle in Hofen.
Im Jahre 1753 kaufte Herzog Karl Engen Schloß
und Dorf Hofen von dem Besitzer Athanasius von Netthansen,
und errichtete in dem (1722 erbauten) neuen Schlößchen Anno
1779 ein katholisches Militärwaisenhaus, welches am 30. Mai
in Gegenwart des Herzogs und vieler angesehener Standes-
personen vom Hof cingeweiht wurde; Hofkaplan Banmann
ans Stuttgart hielt dabei die Festrede über die Erziehung der
Jugend. 40 männliche und weibliche Militärwaisenkinder
wurden daselbst untergebracht. Der Schulunterricht, an welchem
auch die Kinder des Dorfes teilnehmen durften, wurde vor-
mittags von 10—12, nachmittags von 4—6 vom Lehrer des
Orts Franz Xaver Straub gehalten, welcher je zuvor bei etwa
60 Kinder in der Gemeindeschule von 8—10 und 12—3 Uhr
Unterricht zu geben hatte. Dieser Lehrer Franz Xaver Straub
war 1765 seinem Vater Gregor Straub (aus Wäschenbeuren)
im Schuldienst zu Hosen als Nachfolger bestellt worden. Laut
uns vorliegenden Aufzeichnungen von dessen Enkel und
Nachfolger, von Straub III., ebenfalls nachher Lehrer zu
Hofen „besuchte 3ereni88imus mehrmals die Militärschule in
Höchster Person, schrieb auch an die schwarze Tafel Nechnnngs-
ausgaben mit Höchsten Händen". Die Schulaufsicht war dem
Hofkaplan Johann Baptist Niedmüller übertragen, welcher
auch zur Fastenzeit Beicht und Kommunion nebst Unterricht
abhielt. Aber schon nach 4 Jahren 1783 wurde das Militär-
waisenhaus zu Hofen mit dem gleichfalls von Herzog Karl
gestifteten evangelischen Militärwaisenhans in Ludwigsburg
vereinigt und dorthin verlegt.
Im Jahre 1786 ließ Herzog Karl im Schloß zu Hofen
die Normalschnle errichten durch den früheren Benediktiner-
Pater Beda Pracher, geb. 1750 24. Juni, früher in Neres-
heim, einen für Hebung des Schulwesens 40 Jahre lang
thätigen sehr verdienten Mann, seit 11. Dezbr. 1817 General-
vikariatsrat in Nottenburg, gest. 25. Juli 1819. Zur Schluß-
prüfung Ende des Winters kam der Herzog mit-vielen Hof-
leuten, ließ die Schulkinder auf seine Kosten neu kleiden und
40 Gulden zu einem gemeinschaftlichen festlichen Mittagessen
anweisen, auch Prämien verteilen. Diese Normalschule bestand
im Schloß zu Hofen bis 1813, wo an das Nathans ein Schul-
lokal für die Gemeinde eingebaut worden ist; die Normalschnle
erhielt jährlich zwei Meß Brennholz vom Herzog, der in der

letzten Periode seiner Regierung für das höhere und niedere
Schulwesen großen Eifer bethätigte. (Schluß folgt.)

Einzug in die Klosterkirche Neresheim am
Pfingstmontag, 20. Mai 1762.
(Fortsetzung.)
Abschied von der alten Kirche.
Der Pfingstmontag, der im Jahre 1782 ans den 20. Mm
gefallen, war der bestimmte Tag, an dem dieser Akt ans das
Feierlichste vor sich gegangen; alle klösterlichen Patronats-
Pfarr-Vikarii waren samt ihrem Volke schriftlich oder mündlich
dazu, als zu einem allgemeinen Dankseste für alle seit mehr
denn 500 Jahren in der alten, nunmehr einzureißenden Kirche
erhaltenen Gnaden und Wohlthaten Gottes, eingeladen.
Der Zulauf des Volkes war auch wirklich sehr groß und
belief sich sicher auf 5000 Personen. Die heiligen Messen
wurden von morgens frühe bis nach 12 Uhr in der neuen
Kirche, von einer halben Stunde zur andern, selbst unter der
Predigt fortgelesen, wie auch die heiligen Sakramente ausge-
spendet; das Chorgebet aber, die Predigt und das feierliche
Hochamt hielt inan zum letzteumale in der zu verlassenden
Kirche.
Pater Benedikt Maria Werkmeister hatte die Ehre,
als Prediger aufzutreten; er sprach über den Text Paralip-
Illaec esv 1)omu3 Oei, d. i. Gottes Haus, welche
Worte mit großen goldenen Buchstaben in der Mitte der
vorderen nach modernem Geschmack von gehauenen Steinen
aufgeführten Ansicht oder Facciada der neuen Kirche ober bein
Portale auf einem Erker angebracht sind. Er suchte mit
größtem Eifer alle Anwesenden zur Dankbarkeit für alle von
Gott in diesem seinem nunmehr zu verlassenden Hause er-
haltenen Wohlthaten zu ermuntern. „Dieses ist das Halls/
sagte er: „in dem ihr und eure Vorfahren so lange der An-
dacht gepflogen, so viel guten Unterricht erhalten und selbst
die heiligen Sakramente so oftmal empfangen habet." Diese
3 Betrachtungen machten auch die 3 Punkte seiner feurigen
Rede aus.
Nach der Predigt hielt der gnädige Herr Benedikt
Maria ans dem noch stehenden und wohlgezierten Choraltare
das letzte Amt 6e 33. Trinikake mit der Kollekte in
§l'utiarum ackionem. Die Paramente, deren sich so-
wohl Uvämus, als auch seine Ministranten bedienten, waren
die schönsten des Klosters.
Kaum war das Hochamt beendigt, so erschienen neuer-
dings eine Menge voll Ministranten und Geistlichen, die zur
Übertragung der Reliquien und anderer Dinge von der alten
in die neue Kirche bestimmt waren, vor dem Altäre; Uvämus
legte einen Teil der kostbaren Poutistkalkleider ab und stimmte
im Plnviale den Lobgesang ,,Te re. unter Abfell-
rung des groben Geschützes an. Dieser Gesang wurde nicht,
wie sollst gewöhnlich, mit Musik-Instrumenten, sondern pnr
allein lllit der Orgel vom ganzen Chore zumal, wie z. B. das
Magnifikat iu den Vespern, auf das Prächtigste abgesuugen-
Nach diesem rauschenden Gesänge ging Uvckmus hinter den
Altar zum Tabernakel, um das Hochwürdigste Gut iu der
Moustranz hervor- und sodann weiter zu tragen; unterdessen
wurde zumal der ganze Altar voll 2 Zeremoniariern abge-
plündert und alle darauf stehenden Sachen, als Reliquien,
Bilder, Leuchter und künstliche Blumen ?c. den in Pluvialen
und Chorröcken umherstehenden Geistlichen und Ministranten
in die Häilde gegeben. Den Leib des hl. Urbik, der, ans
 
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