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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 5.1888

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Roth, Rudolf: Die katholische Pfarrstelle zu St. Martin in Leutkirch, [6]: Chronologie der Pfarrer
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Sambeth, Johann Georg: Bilder aus der Geschichte Mergentheims, [9]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20203#0019

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14

ständig renovieren zn lassen. Bei jenen trüben Zeiwerhält-
nissen war dieses eine schwere Aufgabe. Aber dennoch konnte
1653 ein neuer Altar aufgestellt, mit bischöflicher Erlaubnis
benediziert und das hl. Meßopfer dargebracht werden. Leider
kam diese altehrwürdige Kapelle später wieder in Zerfall und
mußte auf obrigkeitlichen Befehl 1814 abgebrochen werden.
Stadtpfarrer Mancher wußte durch seinen großen Ein-
fluß und seine Energie es zu bewerkstelligen, daß 1626 der
vorige katholische Pfarrhof und auch das Schulhans neu er-
baut worden war.
Wie aber Mancher als ein eifriger Pfarrer für die Er-
haltung, Erbauung und Renovierung der kirchlichen Gebäude
bestrebt war, eben so sehr war er als ein würdiger Priester
und Seelsorger dafür besorgt, daß in jener gefahrvollen Zeit
der katholische Glauben rein und unverletzt erhalten, der
Gottesdienst und die kirchlichen Zeremonien streng nach dem
katholischen Ritus gehalten wurden. Allen unberechtigten An-
forderungen jener Zeit trat er mit aller Energie entgegen,
und mit der Fülle seiner Geisteskraft wußte er die katholischen
Pfarrrechte und die kirchlichen Güter zu wahren. Wegen
seiner Thatkraft, seiner Rechtlichkeit und feinen Manieren war
Mancher nicht bloß bei seinen Pfarrkindern geschätzt und ge-
liebt, sondern auch die protestantische Einwohnerschaft konnte
ihm die gebührende Achtung nicht versagen. Der städtische
Magistrat hatte ihn öfters an die Spitze von Deputationen
berufen, um bei den fremden wilden Kriegern, die mitunter
sehr übel hausten, zum mindesten eine Milderung, wenn
ein größeres Übel nicht abzuwenden war, zu erflehen.
Es war eine schreckliche Zeit, die Zeit des 30jährigen
Krieges. Zweimal, 1632 und 1646 wurden die Stadt und
die ganze Landschaft von den wilden Kriegsheeren nicht bloß
überschwemmt, sondern auch vollständig ansgeranbt. Alles an
Lebensmitteln und an Wertsachen wurde weggenommen und mit
fortgeschleppt, das Vieh ans den Ställen geholt und vor
sich Hergetrieben. Not und Elend war beinahe in allen Fa-
milien eingekehrt. Wie mußte es aber den Stadt-
psarrer Mancher insbesondere tief schmerzen, als am 24. No-
vember 1646 der reiche Kirchenschatz, darunter der vom Bi-
schof Faber gestiftete Kelch, ein Raub dieses Kriegövolkes ge-
worden war. So manches, was Mancher nur mit großer
Mühe und Anstrengung für die Kirche und kirchlichen Zwecke
angeschafst hatte, war mit einemmal wieder durch das Naub-
volk vernichtet worden.
Zu dieser traurigen Kriegszeit gesellte sich noch Teurung,
Hunger und die Pest. In den Jahren 1621 und 1622 galt
ein Malter Korn 121 fl., ein Malter Roggen 109 fl., ein
Viertel Haber 4 fl., die Gerste 5 fl. 37 kr., Bohnen 4 fl.
48 kr., ein Viertel Salz 11 fl. und ein Pfund Schmalz 1 fl.
28 kr. Dieses waren für die damaligen geldarmen Zeiten,
wo das Geld in so hohem Werte stand, fast unerschwingliche
Summen. Wenn diese Teurung im folgenden Jahre auch
wieder fiel, so wiederholte sie sich in den Jahren 1628/29
und 1634/35 aufs neue wieder, wo in den letzteren Jahren
nicht nur eine große Hungersnot, sondern eine furchtbare
Pestkrankheit mit eintrat. Die letztere war meistens dadurch
entstanden, daß die Leute ans Hungersnot zn unnatürlichen
Speisen ihre Zuflucht nahmen. In Lentkirch waren ^ der
Einwohnerschaft, auf dem Lande ganze Ortschaften ganz ans-
gestorben oder nur noch etliche Personen übrig geblieben. So
z.B.sind in den damaligen Filialien: Grimmelshofen nur noch 3,
in Nannenbach 4, in Bettelhofen auch nur 3, in Wielatzhofen
4 und in Balterazhofen nur noch 2 Personen übrig geblieben.
In Lnttolöberg, damals ein Weiler von ca. 12 Häusern, war

chl't

bis 17. August 1635 alles anögestorben und der ganze -
vollständig zu Grunde gerichtet worden. .
^m 30jährigen Kriege wurde aber auch hier alles rnittM

).m Jahre 1635 hatte man

keine

und zu Grunde gerichtet.
Winterfrucht angesät. Die Sommerfrüchte sind teils von
fremden Kriegsvolke und anderen raubsüchtigen Leuten ü
stöhlen, teils von den Mäusen und Vögeln gefressen wor>-^'
In Wielatzhofen betrug in diesem Jahre der g^n^
Zehnten 3 Jmi Veesen und 2 Jmi Haber. In Datier.^
Hosen konnte gar nichts gegeben werden. Auch war in diell
Orte bis auf zwei Personen, Hans Stotz und einem Mcchch^.
des Matthias Stotz, die fortgezogen und nach dem Pestl^
wieder zurückgekehrt waren, alles ansgestorben. ,
Der damalige Marienkaplan Sommer, der den ZehN^
von den genannten Orten bezog, konnte sich wegen MauF
an Unterhalt nicht mehr hier aufhalten und zog fort. ^
Stelle konnte aber erst 1658 wieder besetzt werden. , ^ .
Jahre 1670 betrug der Zehnten in Wielatzhofen schon wie^ ^
273 Viertel und 3 Jmi, in Balterazhofen 199 Viertel u»'-
3 Jmi aller Fruchtgattungen. , .
In solchen traurigen Zeitverhältnissen war einem eifrig
Seelenhirten ein großes Feld seiner Wirksamkeit eingerän>>^
Stadtpfarrer Mancher hat diese schweren Seiten glücklich
lebt. Er war ein Vater der Armen und Notleidenden. I
half überall mit Rat und That und suchte die 'Not und d^
Elend so gut es ging zu mildern, und obwohl die Einki'ull
da ganze Flächen Felder und Güter verwüstet und we^
Mangel an Menschenhänden und der Not nnangebant § .
blieben sind (er war Zehntherr), sehr gering waren, so h^j
er dennoch mit eigenen Mitteln ans. Als die Stadt LenttUs
wegen der unerschwinglichen Kriegslast zu Anleihen schl'^s
mußte, da war Mancher der erste, welcher derselben 1629 ^
Kapital lieh und sogar bestimmte, daß dieses Anleihen, welch^
er durch Zuschüsse noch vergrößert hatte, solange die
die Zurückzahlung nicht selbst vorziehe, nicht gekündigt werd>-'
dürfe. .
Am 29. Februar 1650 stiftete Mancher ein Stipendul^
für studierende Jünglinge im Betrage von 2000 fl.
weiteres mit 1000 fl. zur Erlernung eines Handwerkes
ein drittes mit 200 fl. zur Anschaffung von Schulregnssil^
für arme Schüler. Die Kapitalien wurden auf das der LPu
gemachte Anleihen angewiesen. Wenn wir den damalig^
Geldwert in Betrachtung ziehen und die ungünstigen Zeitv^
hältnisse dazu rechnen, so waren dieses große Summen.
würde noch weit mehr für die Kirche und WohlthätigkciE.
zwecke geschehen sein, wenn nicht der verheerende Krieg, ^
Pest und Hungersnot so sehr hindernd und störend in d0
Weg getreten wären. (Fortsetzung folgt.)

Bilder aus der Geschichte Mergentheims.
Bon Pfarrer Prof. Sambeth in Ailingen.

(Fortsetzung.)
Daß die Inden in Mergentheim und der UmgegO''-
zahlreich waren, erhellt auch schon daraus, daß sie frühe eiin'>
eigenen Begräbnisplatz hatten, und zwar auf dem Grund
Boden der Ritter Süzel von Mergentheim bei Unterbalbaw'
wie heute noch. 1589 erkaufte der Dentscborden von
Horneggern von Hornberg, den Eiben des Ehristoph Süzü'
die Güter desselben zn Unterbalbach, darunter auch den Jude»
begräbnisplatz, den die Süzel ihnen gegen einen jährlich^
Zins überlassen hatten; auch der Orden ließ ihnen densclb^
gegen 16 oder 60 fl. (?) fränkisch jährlich mit dem Hnsab^
 
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