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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 5.1888

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Roth, Rudolf: Die ehemaligen neun Kaplaneien in Leutkirch, [2]: Von ihrem Ursprunge an bis zur Jetztzeit oder bis zu deren Aufhebung und Einziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.20203#0047

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42

Die ehemaligen nenn Raglaneien in Lentkirch.
Non ihrem Ursprünge an bis zur Jetztzeit oder
bis zu deren Aufhebung und Einziehung.
Mitgeteilt von Rud. Roth, sen.
(Schluß.)
Die Witwe des Friken, Margareta Lnprecht, ihre Tochter-
Anna und ihre Schwiegersöhne Hans und Anton Amann,
Bürger in Ncwensbnrg, kauften von Hans Sigg die Hälfte
des Zehntens in Bettelhofen und Nannenbach, welchen früher
der Fürst-Abt in Kempten innegehabt hatte, um die Summe
von 127 Pfund Heller bar. Die andere Hälfte war bereits
schon in dem Besitze dieser Familie, welche sie nun als eine
bleibende Einnahmsqnelle dieser Kirchhofkapelle schenkte. Ge-
schehen am 10. Sept. 1418 beglaubigt mit des Stadtamanns
Konrad Ringele Jnsiegel.
Die Familien Lnprecht und Amann kauften 29. Juli und
15. Dezember 1420 noch verschiedene Renten, Zinse und
Gülten, welche sie alle zur Dotation der Kirchhofkapelle ver-
schenkten. Der Abt Friedrich von Laubenberg von Kempten
erteilte am 28. August 1421 allen in seiner Herrschaft ge-
legenen Einkünften den lehensherrlichen Consenö.
Nachdem diese edelmütige Familien ihre erworbenen Rechte
und Einkünfte zur Dotation dieser Kapelle vergabt hatten,
war es möglich geworden, eine wirkliche, definitive Kaplanei-
stelle zu errichten.
Die Stiftungs- und Dotations-Urkunde an den Bischof
von Konstanz und den Abt in Stams — letzterer als Patro-
natsherr der St. Martinskirche und Psarrstelle in Lentkirch
— lautete im wesentlichsten also: „Die Kapelle ans dem
Kirchhofe in Lentkirch ist nach dem Willen unserer Eltern
und Voreltern gebaut und gestiftet worden: znm Lobe Gottes
des allmächtigen, zur Ehre der würdigen Mutter Maria und
des heiligen Joannes Baptist und des Joannes Evangelist
und aller Heiligen, sowie znm Tröste der armen Seelen. Zum
ehrenden Andenken an unsere Vorfahren wollen wir nun eine
Meßpfründe, d. h. eine Kaplanei stiften. Der Kaplan soll
jeden Tag vor dem Frühamte, namentlich aber am Montage,
in der untern Kapelle zu unserer lieben Frau, der seligsten
Jungfrau Maria, eine heilige Messe celebrieren. Das Patro-
natsrecht zu dieser Kaplaneistelle behalten wir uns und unfern
Erben vor. Der Abt in Stams soll jedoch das Recht haben,
den vorgeschlagenen Priester zu genehmigen oder zurückzuweisen,
allein bei dessen Annahme die Präsentation mit einer Empfeh-
lung an den Bischof in Konstanz zur Bestätigung einsenden.
Der bestätigte Kaplan dieser Stelle soll verpflichtet sein, in
den pfärrlichen Verrichtungen willfährige Dienste zu leisten.
Geschehen am 15. Mai 1421. Anton und Hans Amann."
Das bischöfliche Ordinariat in Konstanz und der Abt
in Stams erteilten bereitwillig die kirchliche und patronatsherr-
liche Genehmigung.
Die edlen Stifter dieser Kaplaneistelle hatten noch ver-
schiedene andere Zehnten, Renten und Zinse, namentlich in
Filialien der jetzt bayerischen Pfarrei Legan, erworben und an
diese Stelle verschenkt.
Was das Patronatsrecht dieser Kaplaneistelle betrifft, so
kam dasselbe im Laufe der Zeit durch Erbschaft in verschie-
dene Geschlechter und Hände, wobei unter den Verwandtschafts-
graden mehrfache Streitigkeiten entstanden. Der Kaplan Anton
Amann war 1513 gestorben und mit ihm dieses Geschlecht
männlicherseits ansgestorben und erloschen. Die Erben von
zwei Verwandtschaftsgraden kamen nun über das Patronats-
recht in Streit. Die Brüder Gabriel und Georg Stüdlin in

Lentkirch, Adam Koch und dem Stüdlin sein Schwestermann,
Fabian Koch in Memmingen einerseits und die Brüder Georg
Lutersee von Lentkirch und Gabriel Lntersee von Ravensburg
anderseits sprachen das Besetzungsrecht dieser Stelle zugleich an-
Durch einen Notar wurde der Streit gütlich bcigelegt. Die
erstere Partei konnte ein größeres Anreckt ans diese Stelle
Nachweisen. Es wurde deshalb das Patronatörecht den Stüdlin
und Koch zngesprochen, von wo es aus die Magdalena Koch
überging. Geschehen vor dem kaiserlichen und bischöflichen
Notar Gabriel Haußmann nebst vier Zeugen. Memmingen,
den 24. April 1513.
Für diesmal mußte Johann Faber — der nachmalige
Bischof von Wien — als Kaplan angestellt gewesen sein,
welcher diese Stelle auch bei allen seinen hohen Stellungen
beibehalten hatte. Die Witwe Magdalena Koch, geborene
Stüdlin sagt in der am 25. August 1541 ausgestellten Nominations-
urkunde, daß sie nach dem Tode des Bischofs Faber in Wien,
der diese Kaplaneistelle besessen habe, dem Abte in Stams den
Priester Bernhard Winkler zur gnädigen Empfehlung bei dein
Bischose in Konstanz in Vorschlag gebracht und um dessen
Bestätigung gebeten habe.
Das Patronatsrecht war auch in diesem Geschlecht nicht
lange verblieben. Durch Erbschaft kam dasselbe an die Fa-
milie Feuchtwecker, und diese trat diese Rechte an den Kaplan
Bernhard Winkler ab. In einer Urkunde vom 28. Februar
1571 bitten die Brüder Gabriel und Georg Fenchtwecker
von Oberbechingen, wohnhaft in Lauingen, den Bischof in
Konstanz, daß derselbe laut der in Anlage sich befindenden
Dokumente ihr ererbtes )u3 patronrNi conterencli der
Volt Hans und Altton Amann gestifteten Kaplanei in Lent-
kirch an ihren Vetter Bernhard Winkler abtreten lassen
und die bischöfliche Genehmigung erteilen möchte. Schon am
25. März d. I. war die Genehmigung eingetrossen. Gegen
'nne Entschädigung von 200 ft. stellten die drei weiteren Ge-
schwister eine Berzichturkunde auf ihr diesfallsiges Erbrecht
am 25. Juni 1579 aus.
Kaplan Bernhard Winkler machte, um allen künftigen
Streitigkeiten vorzubeugen, am 7. Mai 1584 ein Testament,
worin er seine Vaterstadt Günzbnrg (Bayern) mit sehr schönem
Legate bedachte und bezüglich des Patronatsrechtes folgende
Bestimmungen traf:
„Dftinit für alle Zukunft jedem Streite vorgebeugt werde,
so sollen die Rechte der Kaplaneistelle in die Hände des äl-
testen männlichen Familiengliedes gelegt sein und sich in dem-
selben fortererben; im Falle des Aussterbens soll dieses Recht
ans das älteste weibliche Familienglied übergehen und in gleicher
Weise sich dort fortererben. Im Falle das ganze Winkterschc
Geschlecht anssterben sollte, so steht dem Magistrate in Günz-
burg das Besetzungsrecht zu. Es soll jederzeit ein ehrsamer
Priester, vor allem aber aus der Winklerschen Familie oder
deren Verwandtschaft, auf diese Kaplaneistelle ernannt werden."
Da beinahe 300 Jahre lang lauter Glieder aus der
Familie Winkler diese Stelle inne hatten, so wurde derselben
vielfach nur der Name „Winkl ersehe Kap lau ei" bei-
gelegt. Der letzte Kaplan ans diesem Geschlechte war Franz
^aver Winkler, der die Stelle 1781 antrat und anfangs des
Jahres 1836 starb. Er hatte dieselbe also volle 55 Jahre
innegehabt. Als ein Seitenverwandter folgte am 8. April d. I.
Karl Alois Mühling, der am 7. Januar 1846 starb.
Mit dem Tode des letzten Inhabers war das Winkterschc
Geschlecht vollständig ausgestorben und deren Patronatsrecht
erloschen. Wohl hatte eine Ursula Schwaver von Türkheim
(Bayern) ans das Patronatörecht Erbansprücke gemacht, allein
 
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