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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 5.1888

DOI Artikel:
Brinzinger, Adolf: Geschichtliche Notizen über einige im Umfang des jetzigen Landkapitels Stuttgart gelegene Pfarreien, Kirchen und Klöster, [27]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20203#0059

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überlassen, den Pater Alois*) ('s 1760 7. Mai in Oesfingen).
Sie befürchteten 1) in Zukunft nicht mehr nach Oessingen
bernfen zu werden, und 2) die (ckeemo^nae, welche sie dort
erhielten, zn verlieren, wenn Straßburger Franziskaner daselbst
sich niederlassen würden. Sie wandten sich deswegen nach
Augsburg und Stuttgart und an daö Domkapitel Konstanz,
sowie an ihren Schntzherrn, den Markgrafen zn Baden, mit
der Bitte, es möchte die erectio novi liospitii verhindert
werden. Aber trotz aller Hindernisse erlangten die Straß-
burger Minoriten sowohl beim Domkapitel in Augsburg, als
einzigem rechtmäßigen Territorialherrn von Oeffingen, wie
auch beim Bischof in Konstanz, dessen Diözesanverband der
Ort angehörte, die Erlaubnis, ein Hospiz errichten zu dürfen.
Zwei einflußreiche Herrn waren hiebei ihre Protektoren: der
Kardinal und Bischof von Konstanz (1750—75) Franz Kon-
rad von Rodt und dessen Bruder Maximilian Christoph von
Nodt, Dekan des Augsburger Domkapitels (seil 1775—1800
sodann Nachfolger seines Bruders ans dem bischöflichen Stuhl
zu Konstanz), beide aus Bnßmannshansen, OÄ. Lanpheim. ^)
Inzwischen war Johann Georg Scherer, Ehorvikar und Sub-
knstoö der Augsburger Kathedrale, am 20. April 1772 ge-
storben. Er vermachte „für die Sustentation der Oesfinger
Franziskaner in seinem Testament 4000 Gulden". Das
Augsburger Domkapitel und insbesondere dessen damaliger
Dekan Maximilian von Nodt bemühten sich nunmehr, die
Gründung des neuen Hospitinms zu Oeffingen energisch ins
Werk zu setzen. Im Herbst 1772 kam der Hanptgegner des
letztern, Pfarrer Seiz, auf die Pfarrei Schelklingen, und am
20. Oktober 1772 erließ der Bischof von Konstanz Kardinal
Franz Konrad von Nodt die litten eOictules, d. h. die
Urkunde für Stiftung des Oeffinger Franziskanerklosters, an
das Domkapitel in Augsburg des Inhalts: die Stiftung be-
zwecke nur die Vermehrung der Ehre Gottes, Ausbreitung
des Glaubens, Beförderung der Andacht und des Seelenheils.
Es sollen sein im Hospiz nur drei Patres und ein Laienbruder,
welche Zahl zu ewigen Zeiten nicht überschritten werden
dürfe. Dieselben sollen berufen werden aus dem seraphischen
Orden der Franziskaner strikter Observanz der Straßburger
Provinz; sie erhalten die bischöfliche Erlaubnis, in Oeffingen
ein Hospitinm und ein Kirchlein zu erbauen, auch sei ihnen
eilt solcher tunckus einznhändigen, daß niemand belästigt würde;
alles Terminieren müssen sie unterlassen, auch ganz in Ueber-
einstimmnng mit dem Ortspfarrer ihre geistlichen Verrich-
tungen ansüben. Von Augsburg ans wurde nun den Straß-
burger Franziskanern vom Domkapitel die Hospizerrichtnng
gestattet mit 15 Bestimmungen (ähnlich den Konstanzern).
Es wurde hiebei die Unterordnung in LpiritualiduZ unter das
Domkapitel und den Ortspfarrer festgeftellt, Jahrtagsmessen
anznnehmen und Terminieren verboten, die Weilderstädter
Kapuziner sollten dagegen wie bisher Almosen sammeln dürfen,
auch sollte der Gottesdienst außerhalb des Pfarrgotteödienstes
und Predigten Sonntags an den Nachmittagen gehalten werden.
Es solle ferner gesorgt werden, daß gelehrte, fromme und be-
scheidene Männer fungieren und immer zuvor in Augsburg prä-
sentiert werden, und auch dafür, daß nie mehr als drei dort
wohnen dürfen, die im Unterhalt, Kirchenban, Reparaturen nie-
manden von der Bürgerschaft oder Umgebung lästig fallen dürfen?)
Die Ediktalcitation des Bischofs von Konstanz wurde am
22. November 1772 in der Pfarrkirche zu Oeffingen von der
') „Diöz.-Archw" 1888, S. 19.
'0 Stalin, P., „Winttb. Bierteljahrshefte" 18L4.
Konstaiizer Archivalakten (jetzt in Nvltenbm g) über „das Oeffinger
Franziskanerkloster". Faszikel 335.

Kanzel promulgiert und 45 Lage lang an der Kirchlhüre an-
geheftet, am 0. Januar 1773 wieder abgenommen in Gegen-
wart des spätern (ersten) Superiors Pater Paul Kinker von
Hechingen. Niemand hatte irgend welche Einsprache erhoben,
was Pater Kinker und der neue Pfarrer von Oeffingen, Jakob
Jäger (früher wie Seiz, sein Vorgänger, Hofkaplan in Stutt-
gart), mit Namensunterschrift bezeugten. Ter Konsens von
Konstanz und Augsburg wurde an den Pater GregorinS
Seiz, Generalkommissär, und an Mammertns Pollak, minister
Urovinciulis der Straßburger Franziskaner, übersendet und
acceptiert. Am 18. Dezember 1772 hatten die Franziskaner
einen Revers nach Augsburg ansgestellt: Daß 1) den Rechten des
Pfarrers in nichts zn nahe getreten werden solle. 2) Daß sie
selbst die Knltkosten bestreiten. Daß sie 3) keine Jahrtäge oder
gestiftete Messen annehmen. Auch 4) keine Christenlehren und
Predigten in der Pfarrkirche halten, wenn nicht der Pfarrer
sie hiezu berufe. 5) Daß täglich je ein Pater in ihrer
Ortökirche die erste hl. Messe lesen werde zu der von den
Gemeindevorftänden vorgeschlagenen Zeit, die zweite Messe nach
dem Pfarrgottesdienst, die dritte um 11 Uhr. 0) Es soll
ein Pater an Sonntagen und Feiertagen eine Predigt nach-
mittags halten zu einer Zeit, wo kein Pfarrgottesdienst statt-
habe. Durch diese Bestimmungen schienen alle Eifersüchteleien
des Ortspfarrers sowohl wie der Weilderstädter Kapuziner
beseitigt zn sein. Am 5. Januar 1773 kam der erste Superior
des neu zu gründenden Hospizes, Paul Kinker, seither Guardian
in Hechingen, nach Oeffingen. Er wurde sowohl vom OrtS-
pfarrer Jäger, wie vom Präfekten des Augsburger Dom-
kapitels, Joseph Grünsießer, freundlich ausgenommen. Er
wohnte anfangs bei Kreuzwirt Franz Rank, den er zum ersten
L^nckicus apostolicus des Klösterleins bestellte, welches Amt
derselbe treu und gewissenhaft besorgte, später wohnte Kinker
im sogenannten Schlößchen (jetzt Schul- und Rathaus). Am
28. Februar 1773 wurde mit Fundamentierung des BanS
begonnen und am 1. April der primus lapis gelegt znM
neuen Hospitinm. Bald aber begann von Stuttgart ans ein
neuer fast vierjähriger Kampf gegen das zu errichtende Klöstcr-
lein. Schon am 15. März 1773 protestierte Herzog Karl
von Württemberg sowohl in Konstanz als auch in Augsburg
gegen den Neubau und befahl seinem Obervogt in Waiblingen,
daß der Bau zu sistieren sei. Als Gründe wurde wiederholt
geltend gemacht: 1) Es sei der Konsens des Herzogs zum
Klosterban nicht eingeholt worden. 2) Jnkonvcnienzen mit
dem Pfarrer werden dabei unvermeidlich sich ergeben. 3) Die
Weilderstädter Kapuziner seien dagegen. 4) Der Bau sei ans
einem Platz von drei Morgen begonnen worden, welcher zur
Pfarrei Zehntgilten zu leisten habe. Augsburg befahl 5. April
1773, daß der Bauplatz inspiziert werde vom Administrator
des Klosters Adelbcrg. Letzterer schätzte den Wert desselben
zu 100 Gulden. Die Franziskaner gaben als Entschädigung
hiefür ein anderes Grundstück. Der Bau wurde fortgesetzt
bis November 1773. Inzwischen änderte auch Pfarrer Jäger
seine seitherige freundliche Gesinnung und verlangte neue be-
schränkende Reversalien von den Franziskanern. Sie sollen
1) kein äanctissilnunr im Kloster haben. 2) Keine Kom-
munikanten annehmen. 3) Keine Kranke besuchen ohne Er-
laubnis des Ortspfarrers. 4) Keine stipenckia missaruiv
oder Legate von Stuttgart, Lndwigsburg oder Oeffingen an-
nehmen. 4) Niemanden ein Begräbnis einränmen. Superior
Kinker verweigerte die Unterschrift dieser Neversalien. IM
November 1773 war das Hospiz nahezu vollendet. Die Mauern
der Kirche standen, ebenso der Dachstuhl, aber uoch ohne
Ziegel, Sakristei und Chor fehlten noch. Da verbot die
 
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