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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 5.1888

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Beck, Paul A.: Ein Lied auf die Ermordung Andreas von Sonnenbergs i. J. 1511
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https://doi.org/10.11588/diglit.20203#0080

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75

Helm Truchseß Freiherru v. Wcildburg, welche beide als seine
Räte und Diener von Hans ans in seinen Pflichten standen,
aus Pfingsten nach Stuttgart vor das Hofgericht persönlich
laden ließ und einen leidlichen Frieden durch Schiedsspruch
vom 8. Juni zwischen diesen Partien herstellte. Graf
Christoph leistete den ihm auferlegten Reinignngseid, daß
er an der Mordthat ohne Schuld, Wissen und Willen sei,
mit gutem Gewissen. An der Entscheidung der Sache hatten
außer dem Herzog mitgewirkt: dessen Oheim Graf Eitel Friz
zu Zollern, des hl. römischen Reiches Erbkämmerer und Kais.
Majestät Hofmeister, Graf Philipp zu Hanau, Emerich Graf
zu Leiningen, der herzogliche Kanzler Dr. Gregor Lamparter,
Erbmarschall Konrad Thnmb von Nenbnrg, Haushofmeister
Philipp von Nippenburg, Erbschenk Jang von Emershofen,
Ritter Kaspar Späth, Vogt zu Nagold, Ritter Wolf von
Gnltlingen Vogt zu Wildberg, Ritter Dirtegenn von Wester-
stetten zu Drackenstein, Laurenz von Westerstetten zu Kazen-
stein, Hofmeister Heinrich Schilling, Vogt zu Vaihingen,
Wolf von Dachenhansen, Rudolf von Ehingen, Dieterich
Späth zu Zwiefalten, Erbtrnchseß Wilhelm von Neipperg
Vogt im Zabergau, Naßa von Talham und Konrad von
Sickingen, Vogt zu Mnbnrg. Ueber den Hanptthäter selbst,
den Grafen Felix von Werdenberg, welcher vor der Unthat
in Lothringen geweilt und gleich nach derselben ans dem
Staube sich gemacht, -kam dem Herzog keine Jurisdiktion zu;
letzterer hatte sich vielmehr den durch die Intervention des
Herzogs herbeigeführten Aufschub zu nutze gemacht und den
ihm von frnherher gewogenen Kaiser Maximilian I. ganz für
sich einzunehmen und demselben den Vorgang mehr für ein
Unglück und Rencontre plausibel zu machen gewußt, so daß
der Kaiser sogar soweit ging, den Fall dem Reichskammer-
gericht, vor welches derselbe von Gottes und Rechts wegen ge-
hörte, und vor welches Graf Felix bereits unter dem 19. Mai
als Landfricdensbrecher geladen war, zu entziehen und sich
selbst die Entscheidung vorzubehalten, womit natürlich der
Sache schon zu Gunsten des Werdenbcrgers präjndiziert war.
Umsonst hatte sich Herzog Ulrich auch fernerhin der Sonnen-
bcrg-Waldbnrgschen Sache eifrig angenommen und namentlich
auf dem Reichstage zu Trier i. I. 1512, wohin der Kaiser
die Trnchseßen in dieser Angelegenheit entboten, mit diesen
den Kaiser angegangen, diese peinliche Sache wieder an das
ordentliche Gericht, vor welchem sie bereits angebracht, zu ver-
weisen; nicht einmal auf das auf herzoglichen Rat gestellte An-
sinnen, wenigstens statt ihrer aus der Mitte der anwesenden
Kurfürsten und Fürsten einen unparteiischen Richter aufzustellcn,
war die Majestät eingegangen. Wurde die Sache nun jahrelang
auf wahrhaft empörende Weise hingezogen, so wurde das ganze
dem Recht hohnsprechende Verfahren vollends durch den kaiser-
lichen Absolntionsspruch i. I. 1515 von einer That, welche nach
glaubwürdigen Erhebungen in Wahrheit nichts anderes war,
als ein satanischem Hasse und Nachsucht entsprungener, abscheu-
licher Meuchelmord, somit mit einem wahrer: Justizmorde gekrönt.
So erscheint allerdings vom Rechts- und moralischen Stand-
punkte ans das rasche ordnende landesfürstliche Eingreifen des
Herzogs Ulrich von Württemberg :xnd damit dieser selbst, wenn
auch demselben politische Beweggründe nicht ganz fern gelegen
sein mögen, namentlich im Gegensatz zu einer solch traurigen
Probe kaiserlicher Justiz oder — besser gesagt — Rechts-
beugung, diesmal in einem vorteilhaften Lichte, was dem Dichter,
einem gewissen Martin Maier von Reutlingen in Eßlingen,
wie er sich selbst in Vers 246—248 bezeichnet, vielleicht einem
fahrenden Sänger, welcher außerdem das in Kriegssachen gegen
die Venetianer erlassene Mandat des Kaisers Maximilian I. cl. 6.

Braunau 29. Mai 1511 in Reime gesetzt und noch das Lied vom
Ritter Trimnnitas und 2 Sprüche (s. Weller a. a.O. Nr. 579 ff.,
920, 743, 949) verfaßt hat, wie bereits angedentet, nicht ent-
geht. Zwischen den Streitenden selbst vermeidet er unter vor-
sichtiger Zurückhaltung die Parteinahme, außer etwa für den
— in der That unschuldigen — Grafen Christoph; ihm
ist es nur darum zu thun, daß vermöge friedlicher Beilegung
dem Lande die Kriegsplage erspart bleibe und das Verdienst
des Herzogs Ulrich, des „edlen Blutes", gehörig ins Licht
gestellt werde, worauf er nicht weniger als 62 Verse (130 bis
192) verwendet. Das Lied „Wie Endres von Sonnen-
berg ermordet ward" eröffnet er mit einer Art Motto:
Wer sein sach sezt nf zeitlich gut
und sucht dariu tust, sreud und mut,
dcu straft got oft mit seiner rnt,
daß er stirbt in sein: aigcu blut.
Dann folgt der eigentliche Text:

Die ueweu teuf iez in dem land
thuud mangem frummcm Herzen
and,
vorab der kaiserlichen krön,
all fürsten tentscher naeion,
b all grafen, freien, ritterschaft,
sind billich in der elag dehnst;
der adel und die stet im reich
sind billich traurig nmb die leich,
sein landschaft und sein oberkait
io die tragen billich schwarze claid
nmb so ain frummen tnren man.
Got waist wer schuldig ist daran,
das sind sein nrtnil und sein werk.
Graf Enderis von Snnnenberk
15 der was seins leibs ain köner Held,
ist abgeschaiden von der Welt
nach dem als man hat zalt für
war
tausend fünfhundert und ailf jar
am neunden tag des maiges zyt.
20 Sein abschaid ich euch kurz bedyt;
ich main es sy von got ain straf,
daß so ain wolgeborner graf
in seinem aigen Blut verdirbt,
in selb on alle gotsrecht stirbt.
25 Also hat er sein end gennmmen,
darvor behiet got alle frummen,
daß uns nit sölichs widerfar!
es ist erschröcklich ganz und gar,
got wölt daß es vermitten wer!
»o Wie wol ich das zum besten ker,
dann ich bin ain armer gesell;
solt mir gewalt und nngefell
daranß entspringen und entston,
daran wil ich kain schuld nit hon.
35 Ob mich wer etwas knmmen für,
das nit die wahrhait helt in ir,
das kcrent mir doch in das best;
dann wo ich brnch und Mangel
west,
so wölt ich selber wenden das;
4» wann ich die ding zu Nenemberg
las
ob der ratstnben in der sank,
gelanb nit ainem jeden maul:
die baide tail sol man verheren,
darnach die sach znm besten keren.
4» Als ich in dißem Handel merk,
so hat Cristof von Werdenberk
also gefiert sein ersten elag:
man miß cs wol und lig am tag
er Hab sich claget menig mal i
5« des widerdrieß und des Unfall,
des Übermut und des gewalt,
den im graf Endris manigfalt
erzaig an seinen armen leuten:
er laß nit farcn oder reuten

>5 die recht landstraß von alter her;
er Habs getrungen also ser
durch seine zwing und bcnd fürwar
und welcher da den zoll verfar,
den straf er an sein: leib und gut.
;o Den großen gwalt und Übermut
hat graf Cristofel lang beelagt:
er Hab geritten und getagt,
es Hab in alls geholfen nit!
Run spricht man, wer ain wirm-
lin trit,
i5 so krümm es seinen schwänz dar-
von;
die elag von seinem nnderthon
die kam im oft und dick zu or,
da im wvlt nieman sein darvor.
Er schreib sein: brnder von den
dingen;
o graf Felix was in Lntteringen.
Da er verstund den Übermut,
da reizet in natürlich blut,
auch manhait ritterlicher tat
und liebe, die ain jeder hat
5 zu seinen: brnder alle frist.
Mit etlich Pferden er sich rist,
mit Harnasch, wer und mit gewand
und rit hernß in teusche land.
Der hat den Übermut gerochen,
o graf Endcris in: seid erstochen,
das got ewig erbarmen mieß!
ich sorge, solcher widerdrieß
die leng nit ungerochen bleib.
Die ander elag ich auch beschreib
5 und der graf Endris selig meldt,
dein got genad in jener weit:
der widerriefet diße wort,
vernittet sie ns alle vrt
und spricht: wie wol die weil er
lebt
n Hab graf Cristof mit im gehebt
viel zank nmb ain wegswaid und
zoll;
nun miß man in der landschaft
wol,
daß er die straßen Hab gefreit
und auch gebessert allezeit;
5 billich er des genvßen Hab
und Hab im nit gebrochen ab;
er mig in seiner landschaft thon,
was er waißt nnß und nießnng
hon.
Er main er Hab cs fug und recht,
o er Hab auch nie kain mal ver-
schmeckst
vertrag, brief und auch sigel gut,
sein trew und eer und vesten mnt.
Oir nrsach und nnbilligkait
Hab er in mie kain man belast;
 
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