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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 5.1888

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Sambeth, Johann Georg: Bilder aus der Geschichte Mergentheims, [18]
DOI Artikel:
G., A.: Das Kloster und die Klosterkirche in Neresheim, [11]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20203#0099

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Im Sommer früh um 5, im Winter um 0 Uhr begannen
die hl. Messen bei ihnen, deren letzte um 11 Uhr gelesen
wurde, so daß, wer nur immer wollte und konnte, täglich Ge-
legenheit zur Anhörung derselben hatte.
Wer sich einen Begriff von der Thätigkeit der Kapuziner
machen will, der muß ans der Geschichte lernen, wie die Ver-
ehrung des wunderthätigen Gnadenbildes täglich wuchs, so daß
nicht weniger als vier Päpste den srommen Besuchern Ablässe
verliehen, nämlich Jnnocenz X. 1645, Alexander VII. 1655,
Klemens X. 1674 und Jnnocenz XI. 1687.
Dazu kam bald noch eine neue Bruderschaft. Im Jahre
1683, als Wien von den Türken belagert wurde, hielt Pater
Albanus in München täglich einen Bittgottesdienst, um den
göttlichen Segen ans die christlichen Waffen herabzusleheu.
Das Gebet wurde erhört, die Türken am Kahlenberg ge-
schlagen. Da führte er zum Danke und zur Fortsetzung des
Gebetes eine Bruderschaft ein unter dem Titel: „Marianische
Liebesversammlung", denn durch die Fürbitte Mariens war
die göttliche Hilfe erlangt worden. Die Bruderschaft wurde
am 18. August 1684 von Papst Jnnocenz XI. bestätigt und
breitete sich so schnell aus, daß sie in vier Jahren schon
170 000 Mitglieder zählte, darunter Kaiser Leopold I. und
viele geistliche und weltliche Fürsten, unter denselben auch
Ludwig Anton, Pfalzgraf bei Rhein, der 1685 Hoch- und
Deutschmeister wurde. Dieser führte die Bruderschaft auch
in Mergentheim ein, ließ am 13. Juni 1687 um die päpst-
liche Bestätigung nachsnchen und erhielt sie mit vielen Ablässen
am 7. Juli 1687.
Die Bruderschafts-Andacht ist überschriebeu: „Marianische
Liebsversammlung so in des Hohen Teutschen Marianischen
Ritter-Ordens-Kapelle zu Mergentheim Mariahils genannt,
von Ihr» päpstlichen Heiligkeit Innocentio XI. den 7. Julii
1687 zur Vermehrung dasiger Andacht verwilligt und mit
Abläßen begnadiget worden."
Als Ziel der Bruderschaft ist angegeben, für einander
zu beten, daß Gott alle Einverleibte, durch die Fürbitte der
seligsten Jungfrau von allem Nebel des Leibs und der Seele
bewahre, zu ihrem Thun und Lassen seinen göttlichen Segen
und eine glückselige Sterbstunde verleihen wolle. Dann folgen
die vielen Ablässe und die eigentliche Andacht. Außerdem,
daß jedes Mitglied an den Festen Mariä einen Rosenkranz
beten mußte, wurde alle Samstag, an den Vorabenden der
Feste der Mutter Gottes lind au diesen selbst in der Mariahils
die lauretanische Litanei gesungen, und zwar so, wie sie im
jetzigen Gesangbuche steht: Vater, hoch im Himmelöthroue,
Kyrie eleison u. s. w. O Maria anserkoren, Mutter Gottes
bitt für uns u. s. w.
Für diejenigen, welchen „das neue Dogma" von der
unbefleckten Empfängnis ein Aergernis ist, sei hier gelegentlich
bemerkt, daß meine frommen Vorfahren schon anno 1776
nach diesem Gebetbüchtein, also jedenfalls auch schon früher,
gesungen haben: „Nie bemakelt, nie berühret, nie von einer
Sünd' verführet, Mutter Gottes bitt für uns"! Dann daß
sich darin ein eigenes Gebet zu Ehren der unbefleckten
Empfängnis findet.
Nach der Litanei wurden fünf Vaterunser und Ave
gebetet, dann ein besonderes Gebet um den Schutz der seligsten
Jungfrau für die Mitglieder des Buudeö verrichtet.
Der Schluß des Büchleins lautet: „Aus gnädigster Ver-
ordnung wird am letzten Tag des EhristmonatS aus deu Abend
die Litanei, wie sonst, in oft erwähnter Kapelle gehalten, um
Gott dem Allmächtigen für alle Gnad und Wohlthaten, so
er deu Mergentheimern durch Fürbitt seiner liebwertesten Mutter

das ganze Jahr über erzeiget, mu einhelligem Mund und
Herzen zu danken: hingegen alle begangene Missethaten reu-
mütig abzubitten, mit steifem Vorsatz, bei Antretung des neuen
Jahres ibr Leben zu bessern." Hierauf folgt noch das beson-
ders zu diesem Zweck verordnete Gebet.
Glaubst du jetzt, lieber Leser, daß wir Mergenlheimer
geborene Kinder Mariens sind? Und doch habe ich dir erst
von einein, und zwar nicht einmal dem ältesten, Gnadenbilde
der Mutter Gottes erzählt, das meine Vaterstadt in ihren
Mauern birgt!
Glaubst du aber auch, daß bei diesem Liebesbuude und den
vielen Wallfahrten die Kapuziner Arbeit genug hatten ? O wie
manche Seele mag in ihrer Not zu den srommen Vätern ihre
Zuflucht genommen haben? wie manche ist wohl durch sie ge-
rettet worden? Das ist nur dem allwissenden Gott bekannt.
Ein großer Verlust für die Kapuziner war der Hingang
des edlen Stifters; mit Recht bemächtigte sich ihrer ein tiefer,
herber Schmerz, als sie ihn als den Ersten in ihre Gruft
betten mußten.
Stadion selbst hatte seiner geliebten Mariahilf noch kurz
vor seinem Tode einige kostbare Ornate und silberne Gefässe
geschenkt. Er wollte, daß die Kapuziner auch in der Kapelle
wie in ihrer Kirche den Gottesdienst versehen, weshalb jene
auch anfänglich nur von der Kapuzinerkirche aus ihren Ein-
gang hatte. Allein das verstieß gegen das Gelübde der Armut
im Orden: in ihrer Gewissenhaftigkeit beschwerten sich die
Väter gegen die kostbaren Schenkungen und wollten sie nur
mit Genehmigung des Papstes annehmen. Stadion beauftragte
sogleich seinen Agenten zu Rom, diese Erlaubnis beim hl.
Vater uachzusuchen: aber derselbe konnte nicht entsprechen, und
so mußten die Kapuziner aus Trennung der Mariahils von
ihrer Kircbe antragen. Ihrem Wunsche wurde dadurch ent-
sprochen, daß im Jahre 1643 eine etwa drei Schuh hohe
Mauer zwischen beiden Kirchen ausgesührt, auf diese Mauer-
en: schweres eisernes Gitter gesetzt und für die Kapelle ein
eigener Eingang wie eine besondere Sakristei hergerichtet wurde.
Das war auch der Grund, warum der Deutschmeister
Erzherzog Leopold Wilhelm, welcher der Mariahilf neue
Ornate und 200 NcichSthaler zur Anschaffung von Paramenten
schenkte, die Besorgung des Gottesdienstes in derselben, welche
bisher die Kapuziner übernommen hatten, dem Seminariums-
direktor übertrug und einen eigenen Pfleger in der Person
des Michael Baumgärtner und einen MeSner in der Person
des Georg Gerber 1644 ausstellte. Die Seminaristen (es
waren Priester) thaten was sie konnten für die Schönheit des
Gottesdienstes, während den Kapuzinern das Beichthören ver-
blieb. Am 18. Februar 1645 wurde von Semiuardirektor
Hill zum erstenmal die lauretanische Litanei am SamStag ge-
halten; auch wurden die früher in der Hoskirche um 7 Uhr
gehaltenen Aemter in die Mariahilf verlegt und au allen
Mutter Gottes- und Bruderschafts-Festen feierlicher Gottesdienst
daselbst gehalten. (Fortsetzung folgt.)
Das Nloster und die Moslerkirche in Neresheim.
Bon Pfarrer A. G.
(Fvrtseyn»a mW Schlaf;.)
Einen kurzen Gang müssen wir noch machen zu den Toten.
Unter der Orgelempore befinden sich einige Grabstätten aus
dem 16. und 17. Jahrhundert und gehören meist verstorbenen
Aebteu des Klosters an, z. B. Eberbard von Emershofen
(-',- Oktober 1494), Johann II. (^ 1525) w. Auch rubeu
hier der Stifter und seine Gemahlin. Das Grabmal des
Stifters hat die Umschrift: ^.nno Domini nnllemmo cen-
 
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