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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 11.1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.13558#0127

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3 Elfter Jahrgang.

\ M 15.

Korrespondenzen: St. Petersburg, den 18./30. März. (Die Stellung
der Kunst und die Lage der Künstler in Rußland.) — 2 Wien, Ende
März. (Die Ausstellung im österreichischen Museum; österreichischer
Kunstverein.) — * Bremen, Ende März. (Die Kunstausstellung des
norddeutschen Cyklus; Genre. Forts.)

Kunst-Chronik: Lokalnachrichtcn auL Köln, Trier, Freiburg i. Br., Lieben-
stein, Nürnberg, Florenz, Rom, Laibach, Prag, Wien.

Inhalt.

Kunstkritik: Die Gemäldesammlung des Baron von Schack in München,
von Ernst Förster. (Schluß.)

Kunstliteratur und Album: I. Kunstliteratur: Proportionslehre u. s. f.
von Trost. Forts.) — II. Album: Album S. M. des Königs Ludwig
von Bayern u. s. f. — Uebersicht über die Kunstliteratur des
ersten Quartals 1866.

Kunstinstitute »iid Kunstvcrcinc: Oesterr. Knnstverein. — Briefkasten.


Korrespondenzen.

t. Petersburg, den 18./30. März. (Die
Stellung der Kunst und die Lage der
u _ Künstler in Rußland.) Sie können sich
schwerlich eine Vorstellung davon machen, wie
(3 man hier über Kunst denkt, was man davon cr-
) i wartet und was man dafür thut. Wenn in irgend
einem Gebiete, so offenbart sich in diesem das dem
^ j specifischen Russenthum noch immer innewohnende
C) barbarische Element. Wenn kaum irgendwo anders
die Regierung soviel für die Kunst und deren Ver-
treter thut, und wenn namentlich in keinem andern Lande in so libe-
raler Weise von Seiten des Staats für die Ausbildung der Künstler
durch Darbietung der reichsten Mittel gesorgt wird, so ist doch Alles
dies bis jetzt vergeblich gewesen, um das Interesse, ich will nicht
sagen. des Volks, sondern der sogenannten Gebildeten, namentlich des
rer )cu Adels, dafür auf nachhaltige und. ersprießliche Weise zu cr-
«f ^ ' um cS gerade heraus zu sagen — kein Bedürfnis;
afiti- vorhanden. Das Leben ist hier zu materiell, um für irgend
- sinnliche Genüsse und für Befriedigung der

äußerlichen Eitelkeit Neigung zu haben und Opfer zu bringen. Für
solchc aber ist man stets zur Verschwendung bereit. Man lebt mit
großem -uxuö, aber es ist ein Luxus des materiellen Prunkes,
nicht jener edlere des ideellen Genuffes. Koncerte, Theater, die

Freuden des Clubbs: Das ist das Höchste, wozu man sich erhebt,
der vielfachen Neigungen niederer Art nicht zu gedenken. Aber selbst
bei jenen spielt immer noch die Eitelkeit oder die Sinnlichkeit die
Hauptrolle. Koncerte werden meist nur aus Saison-Rücksichten be-
sucht, beim Theater ist cs hauptsächlich nur das Ballet, welches
den größten Reiz der Anziehung ausübt, und was die verschiedenen
Clubbs betrifft, so findet nian darin Alles, nur keine geistige An-
regnng.

Eine derartige Auffaffung und Behandlung des Lebens schließt
natürlich ein wirkliches Interesse für die Kunst und deren reinere
Genüsse aus; denn eine vom Leben abgctrcnnte Kunst ist nicht denk-
bar. So bleibt den Künstlern hier nur die mißliche Alternative,
entweder auf den sinnlichen Geschmack des höhern Publikums einzu-
gchcn und jeder anderen Befriedigung als der des Absatzes zu entsagen,
oder, der echten Kunst treu bleibend, sich mit der ideellen Befriedigung
genügen zu lassen, auf die Gefahr hin, dabei zu verhungern. Ist es
daher zu vewundern, wenn auf dem hiesigen Kunstleben der Druck
einer fast tödtlichen Lähmung liegt? — Es muß dankbar anerkannt
werden, daß der Staat sich auf alle mögliche Weise bemüht, gegen diese
Stagnation anzukämpfen, hauptsächlich dadurch, daß er bei den
Künstlern zahlreiche Bestellungen macht, um überhaupt irgend eine
Kunstthätigkeit am Leben zu erhalten. Allein der Staat kann nicht
alle Künstler beschäftigen, und wenn er, um zur Thätigkeit anzuregen,
 
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