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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 11.1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.13558#0389

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374

Korrespondenzen.

M^ünchen, Ende November. (Die Festausstellung
des Münchener Kunstvereins bei Eröffnung
seines neuen Lokales. Schluß.) Bon den klei-
nen Landschaften, den sog. Kabinetsstücken, nenne
ich seiner feinen, fleißigen Durchführung und der an-
muthigen, heitern Stimmung wegen zuerst Jos. Schertel's „Grainau
bei Partenkirchen", sodann Rosenthal's waldiges Hügelthal, welches
sehr gut im Ton und trefflich in der Behandlung ist. Hieher ge-
hört auch R. Ebert's „Herannahendes Gewitter während der Ernte",
welchem das gleiche Lob gebührt. Sehr duftig, fast zu duftig ist
„Der Sonnenaufgang am Wallerstädtersee" von Jost Schiffmann,
welcher nur, wie mir scheint, etwas zu ängstlich in seiner Arbeit war,
was freilich kein großer Fehler ist; auch G. Koebel's „Motiv von
Terracina" ist gut; dagegen können die beiden Bildchen von E. Gleim
— „Bei Brannenburg" und „Ein Gebirgsbach" — nicht so ganz be-
friedigen. Als Baumstudie war Gg. Koebel's „Partie bei Groß-
hessellohe" gut, nur etwas zu dunkel gehalten. Erwähne ich noch, daß
Fr. Mayer ein „Thal aus Südtyrol" und Alois Bach eine sehr
dürftige „Aufhütte" brachte, so habe ich die Reihe der Landschafts-
bilder geschlossen.

Unter den Thierstücken hat Fr. Boltz den Preis mit zwei
großen Bildern davon getragen. Das eine, welches uns eine unter
Bäumen ruhende Schaaf- und Rindviehheerde zeigt, ist ganz vorzüg-
lich, und wenn Boltz hier die Landschaft selbst gemalt hat, so verstehe
ich nicht, warum er sie beim zweiten größeren von Ed. Schleich
malen ließ, da dies doch immer den Nachtheil bringt, daß der helfende
Künstler, aus Furcht, die Arbeit des Anderen zu benächtheiligen und
indem er sich zwingt, seine Manier der andern anzupassen, seiner
Kraft ungewohnte Zügel anlegt. Bon diesem Gesichtspunkt betrachtet
ist Schleich's Werk verdienstvoll, indem es zur Staffage der großen,
vor einem Gewitter heimziehenden Rindviehheerde dient. Treffende
Characterisirung der einzelnen Thiere, Lebendigkeit der Darstellung
und gute Technik haben übrigens beide Gemälde gemein, doch heimelt
uns die idyllische Ruhe des erstern mehr an, als der Ernst, die me-
lancholische Stimmung des zweiten. — Habenschaden stellte ein
kleineres Bild aus, „Eine Heerde in einem Hohlwege", in welchem
die Thiere, wie bei diesem Künstler selbstverständlich, vortrefflich sind,
während die Landschaft bei dem ihr gegönnten Raum etwas gar zu
öde und einförmig erscheint, um ganz befriedigen zu können. Ein
Viehstall von A. Klein ist in dessen etwas trockner, todter Manier
ausgeführt.

Im Saale des zweiten Stockes fesselt zunächst ein Carton von
Sporer, „Romeo und Julie", mehr durch die schöne Technik der Kreide-
zeichnung, welche namentlich bei den Fleischpartien gelungen ist, als
durch die etwas langweilige Komposition des bis zum Ueberdruß be-
handelten Themas. — Die jüngsten politischen Ereignisse schildert der-
selbe Künstler in einem zweiten Carton. Germania sitzt trauernd
unter einer Eiche, sie hält ihr eines Kind im Arm, welches zornig
dem Bruder mit dem gezückten Schwerte droht und ihn mit den Füßen
von der Mutter Schooße stößt. Die Figuren sind schön und die
Zeichnung klar und bestimmt, wenn auch nicht so ausgeführt, wie
die vorige, da es — wie die Unterschrift lehrt — ein Entwurf ist.
Derselbe Künstler hat noch ein Paar Aquarellskizzen, einen „Wuche-
rer und einen „Glückshafen", ausgestellt, wovon namentlich der
letztere voll von köstlichem Humor ist, während der erstere nicht ganz
frei von karrikaturartiger Uebertreibung ist, woran die ebenfalls
ausgestellte Titelvignette zu diesen Illustrationen in noch größerem
Maaße leidet. — Caj. Schweizer hat sich den „Abschied Konradins
v. Hohenstaufen von seiner Mutter in Hohenschwangau" zum Vor-

wurfe gewählt. Bei manchem Guten und Schönen, was dieser
Carton hat, gelang es dem Künstler doch nicht, sich ganz vom Kon-
ventionellen loszumachen, auch wäre der Komposition etwas mehr
Frische und Lebendigkeit zu wünschen. — Wie von Ncureuther
sagte ich auch von Fr. Eibner, daß seine größere Kraft im Aquarell
liege; wie recht ich darin hatte, sieht man an dessen „Innerem der
Kathedrale von Sevilla", das beinahe ein Triumph der Aquarell-
malerei genannt werden könnte. — Schön in der Anlage und in
den Verhältnissen ist Ludw. Lange's „Entwurf zu einem neuen
Rathhause in München", über den ich wohl bald eingehender zu be-
richten Gelegenheit haben werde, wenn sich nämlich unser Magistrat
über die eingesandten Pläne endlich einmal definitiv schlüssig gemacht
haben wird. Hier beschränke ich mich auf die Bemerkung, daß die
einfache Renaissance, in welcher Lange seinen Entwurf sich gedacht hat,
doch kaum mit den spitzgiebligen, gothisch renovirten Häusern der
Umgebung harmoniren würde. — Dabei fällt mir eine lustige Ge-
schichte ein, welche beweist, wie weit blinde, politische Parteisucht
führen kann. Ein hiesiges freisinniges Lokalblättchen wollte nämlich
darin, daß sich der Magistrat mehr mit einer gothischen Front ein-
verstanden erklärte, reactionäre Bestrebungen wittern, weil der
gothische Styl eine Ausgeburt des rohen, dummen Mittelalters
und nicht einmal ein deutscher Styl sei, sondern ein französischer,
was freilich das gute Blatt nicht hindert, den Lange'schen Entwurf
zu empfehlen, als ob die Renaissance deutscher wäre als die Gothik!

Im Erdgeschosse, ehe man in den diesmal sehr reichhaltigen
Skulpturensaal tritt, fällt durch glänzende Farben und überreiche
Ornamentik ein Glasfenster mit der „Flucht nach Egypten" von An t.
Ferstl in die Augen, doch ist der figürliche jedenfalls der schwächste
Theil daran.

Unter den Arbeiten der Bildhauer ist qualitativ und quantitativ
jedenfalls Fr. Brugger's „Dädalus, welcher seinem Sohne Ikaros
die Flügel anheftet", die bedeutendste. Wir begrüßen dies Werk um
so freudiger, als es den Stempel echt klassischen Ernstes trägt und
doch in Ikaros die hohe Begeisterung und das allzu kühne Streben,
das seinen Untergang herbeiführte, mit den einfachsten Mitteln zur
Geltung bringt. — Eine Gestalt von großer Schönheit und vieler
Lieblichkeit ist die nahezu lebensgroße „Flora" von dem Amerikaner
Rinchart in Rom, in Erz von v. Biller mit der bekannten Rein-
heit gegossen. — Ruf stellte 2 Medaillons, „Tag" und „Nacht" vorstel-
lend, einen „Genius" und eine „trauernde weibliche Figur" für ein Grab-
denkmal für Baden-Baden aus, wovon namentlich die letztere besonders
tief empfunden ist. — Wegen der großen Aehulichkeit und der subtilen
Aus- und Durchführung findet ein Medaillon mit dem „Bildniß un-
seres berühmten Benedictinerabtes Haneberg" von Joh. Hautmann
allgemeinen und verdienten Beifall; hingegen sind Fr. Kirchmayer's
„Nackte Knaben, die Jahreszeiten repräsentirend", ziemlich langweilig
und nichtssagend, selbst der „Winter" hat sich nichts Wärmendes an-
gezogen und nur eine Pelzmütze auf den Kopf gestülpt!

So hätten wir denn die erste Ausstellung im neuen Vereins-
gebäude durchwandert. Unser Verein ist an einem neuen Abschnitt
seines Lebens angckommen und hat ihn glänzend begonnen; hoffen wir,
daß er zu seinem und unser Aller Frommen auf dem eingcschlagencn
Wege fortschreiten werde, er wird dann nicht nur chronologisch der
erste Deutschlands sein!

[?] Düsseldorf, im December. (Das Neueste in unfern
Permanenten Ausstellungen. Schluß.) In der Schulte'-
schen Ausstellung war eine der frischesten Erscheinungen auf dem Ge-
biete der Genremalerei unstreitig Salentin's neuestes Bild „Wall-.
 
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