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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 14.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.13561#0187

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naheLdem Gewitter" bringt wohl keine neue Idee, aber diese an
sich vorzüglich zum Ausdrucke. Anordnung und koloristische Haltung
inahuen an Gauermann, welchen Meister man sich immerhin zum
Vorbilde nehmen kann. — Rud. Geyling's „Versprechen" und
namentlich „Das badende Mädchen" sind sehr schätzenswerthe Arbeiten
von selbstständiger, schönformender Auffassung und einem bescheidenen
Kolorite, das nicht ausfällig sein mag, aber aus den sinnigeren, ein-
gehenden Beschauer desto nachhaltiger wirkt. — Emele, von dem
man bisher Schlachten und Reiterstücke zu sehen gewohnt war, hat
sich dem ländlichen Genre zugewendet und macht sich durch zwei Bil-
der, iu denen Landschaft und Figuren gleichzeitig wirken, vorthcil-
haft bemerkbar. — Straßgschwandtner brachte „Reiters-Mor-
gen und letzter Gruß" zur Anschauung, in jener virtuosen Manier,
die seine bekannte Eigenthümlichkeit ist. Ein „Hundegespann" wird
fast zur Farbenphotographie. Und wenn wir nun Friedrich
Friedländer, den Vorsitzenden der wiener Genossenschaft, erst zu-
letzt nennen, so geschieht es darum, weit die Trefflichkeit seiner kleinen
Bilder fast zur Gewohnheit geworden. Wieder sehen wir eines seiner
anmuthigen Schmiedebilder und dann eine ganz neue Komposition
„Im Vorzimmer der Polizei", wo sich Bettler, Vagabunden und
eine arretirte leichte Dirne finden, vor dem bedenklich und spitzig
dreinblickenden Kommissarius, dem der dumm-psiffige Polizeisoldat
gehorsamst referirt. Soll man wieder Friedländer einen Vorwurf
daraus machen, daß er nichts Größeres bringt? Vorerst ist das
Kleine mit rein naturhafter Grazie gemalt, und schließlich hat be-
kanntermaaßen Friedländer so sehr seine Zeit, kollegialisch, den
anstrengenden Geschäften der Genossenschaft gewidmet, daß selbst dies
Schaffen nur dem größten Fleiße abgerungen sein kann.

Und so gehen wir zu den Landschaften über, welche na-
mentlich in der wiener Schule an Zahl vorwiegend sind. Prof.
Alb. Zimmermann hat nicht nur eine Reihe junger Kräfte in's
Treffen geführt, er führt sogar zufälligerweise den Reigen der ganzen
Ausstellung mit Nr. 1, welche seinem Bilde „Partie von der Eisenslu
mit der Jungfrau im Hintergründe" zugetheilt ist, keineswegs zum
Vortheile ihrer Beleuchtung, an einem nicht sehr glücklichen Orte.
Jedoch die Kraft des Kolorits, die liebevolle Wiedergabe der Einzeln-
heiten, das poetische Jndividualisiren Alb. Zimmm erm an n's wir-
ken auf den verständnißvollen Beschauer aus diesem Bilde, wie auch
aus seinem „Schwarzensee bei Berchtesgaden". Es spricht eine ge-
wiffe in sich gefestigte Tüchtigkeit, die nicht auf Zufälligkeiten und
Effektgewinnungen ausgeht, aus Alb. Zimmermann's Leistungen,
daß man ihn jungen Kräften namentlich als solides Muster vorzuhalten
vermag. An ihn zunächst reiht sich, der Nummer und dem Raume
nach, von älteren Kräften Halauska mit einer „Mainlandschaft".
Ein halb in die Tiefe gesenktes, schattiges Dorf mit spielenden Kin-
dern, weithingedehntes Hügelland, ein Schäfer, der sinnend über seiner
Heerde steht, ruhige, sonnige Beleuchtung. Man erkennt sofort den
still beschaulichen, behaglichen, anmuthigen Eindruck, auf welchen das
Ganze angelegt ist, und welcher auch daraus hervorgeht. Halauska
empfängt im Gemüthe, nicht im kalten Verstände, die Natur erschließt
sich ihm zumeist lieblich und still-innig lächelnd. Dies ist sein Cha-
rakter, der ihm vorzüglich im Ausdrucke gelingt, und es giebt wohl
keine sprechendere Anerkennung für diese Leistung, als daß sein Bild
fortan in der Belvedere-Gallerie prangen wird, für das es angekauft
wurde. — Einen Gegensatz bildet zunächst der markante, altbewährte
Hansch, welcher mit einer befremdenden, aber imposanten Idee
hervortritt „Eisregion". Die letzten Spuren der Vegetation. Ein
schwerer Wildbach stürzt herab. Nebel. Ueber dem Wasser wölbt
sich ein frischer, farbiger Regenbogen. Die Luft schillert. Das Bild
ist allerdings befremdend. Die weißen Flächen des Eises, des Schaum-
wassers und die bunten Regenbogenfarben. Man ist an Hansch's

Hochgebirge und Wildwaffer oder auch See gewöhnt und sein liebe-
volles Eingehen auf die kräftige Hochgebirgsnatur erweckt wieder
Liebe. Die Menschen aber wollen meist Das, was sie selbst gesehen
und quasi bestätigen können. Hier stehen sie wie etwa vor einem
Aequatorbilde Hildebrandt's. Aber wer emporgestiegen zu jenen hohen
Regionen, der empfindet vor diesem Bilde den Schauer der Einsam-
keit, welchen die Eisflächen, des Bangens, welches das rauschende
schwere Kaltwasser, und des frommen Durchdrungenseins, welches
der versöhnende Regenbogen in solcher Verlassenheit, weit von allen
Menschen, hervorbringt. Es ist ein Farbenepperiment des Meisters
und kein leichtes. Die weißen Töne des Eises und des Wassers
sind aber trefflich auseinandergehalten, und gerade das Schwere
des kalten Sturzbaches ist vorzüglich charakterisirt. Die Perspektive
des grau überhauchten Gletscherfeldes macht den vollen Eindruck der
Natürlichkeit, wie auch das Wiederschillern der Luft schwer wieder-
zugeben, aber gelungen ist. Nur das Zuviel des Wollens ist zu
tadeln, das Grün und das Nadelholz neben dieser anorganischen
Natur. Aber, wird es vielleicht eben Frühling dort oben? Wer
Hansch ganz und voll wiedererkennen, gemüthssinnig auf sich wir-
ken lassen will, sehe feinen „Gosausee mit dem Dachstein" an, eben-
falls seinen „Steirischen Hochwald". Wir können bei solcher erquicklicher
Erinnerung abbrechen, um Aufmunterung zu dem nächsten Rund-
gang zu besitzen. (Forts, folgt.)

Q München, 21. April. (Die Konkurrenzarbeiten für
den Bau einer zweiten protestantischen Kirche in München.
Schluß.) Wo die Grundlagen so innerlich verschieden sind, wie bei dem
katholischen und protestantischen Gottesdienste, da muß auch der Bau
der dafür bestimmten Gebäude von verschiedenen Grundsätzen aus-
gehen. Langgestreckte schmale Räume nöthigen einen großen Theil
der Gemeinde, dem Prediger so ferne zu bleiben, daß das Ver-
ständniß seiner Worte dadurch nothwendig mehr oder minder beein-
trächtigt wird. Unterbrechen gar Pfeilerreihen den Raum und theilen
ihn in gewissermaaßen selbstständige Theile, so wird das Nebel noch
größer. Das lateinische oder griechische Kreuz als Grundform wider-
strebt seinerseits nicht minder, weil es die Gemeinde theilt und trennt,
statt sie zu vereinigen.*) Entwürfe, die von dem einen oder andern
dieser Principien ausgehen, können also vom Standpunkte der Zweck-
mäßigkeit nicht gebilligt werden, auch dann nicht, wenn sie allen An-
forderungen der Aesthetik entsprächen. Leider kann man Letzteres von
den Konkurrenzarbeiten nicht sagen. Es ist auch nicht ein Entwurf
unter den vierzehn ausgestellten, den ich ohne Abänderungen ausge-
führt sehen möchte. Anlangend die zur Anwendung gebrachten Style,
so hat man glücklicher Weise keinen weiteren Versuch zu bedauern,
der auf Erfindung eines neuen gerichtet wäre. Man hat sich in
dreizehn Fällen damit begnügt, auf die verschiedenen Perioden des
romanischen und gothischen Styles zurückzugreifen, und wie mir
scheint, damit recht wohl gethan. Nur der Autor des Entwurfes
„Rastlos vorwärts mußt du streben" hat ein wahres Sammelsurium
aller möglichen Stylarten geliefert und die Wirkung des blühenden
Unsinns durch eine höchst namhafte Zahl von Kolossalstatuen zu er-
höhen vermeint. Auch von den Uebrigen haben nicht Alle den ein-
mal gewählten Styl strenge durchgeführt, sondern sich vielfach Will-
kürlichkeiten erlaubt, die nicht zu billigen sind.

Am konsequentesten und dem gothischen Style getreuesten blieb
der Entwurf „Eine feste Burg ist unser Gott". Ein Blick auf den-

*) Was das griechische Kreuz betrifft, welches als Grundform eigentlich
nur eine Erweiterung der reinen Centralanlage ist, wenn seine Arme nicht
zu lang sind, so ist zu berücksichtigen, daß diese Kreuzenden sich günstig für
die nothwendigen Seitenräume (Taus-Kapelle, Sakristei u. s. f.) verwenden
lassen. D. Red.
 
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