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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 14.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.13561#0186

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172

Korrespondenzen.

eidelberg. (Die „Magdalena" von Correggio.)
In der Beschreibung der „Büßenden Magdalena" von
Correggio, welche sich in dem Besitz von Hrn. G. Ph.
Schmitt zu Heidelberg befindet (Beilage zu Nr. 12
d. Bl.), habe ich mich darauf beschränkt, dieses Bild mit
der „Magdalena" der dresdener Gallerie zusammenzu-
stellen, da dies am passendsten war, um deu deutschen Leser die
Sache deutlich zu machen. In Erwägung jedoch, daß das Interesse
für solche Schöpfungen der Malerei ein allgemein kunstgeschichtliches
ist, scheint es mir nöthig, den Gegenstand noch weiter zu beleuchten.
Als ich die erste Kunde über die Heidelberger „Magdalena" Ihnen
zukommen ließ, fehlten mir noch genauere Angaben über die „Mag-
dalena" von Correggio, welche im Besitz des Lord Dudley (Ward)
zu London ist; es war daher am schicklichsten, von dieser nicht zu
reden, bis eine auf Autopsie gegründete Kenntniß derselben mich zu
einer bestimmten Aeßerung darüber, im Vergleich mit dem Bilde zu
Heidelberg, berechtigen würde. Was in Waagen's „Kunstschätze
in Großbritannien" über die londoner „Magdalena" gesagt wird, ist
nur eine Würdigung derselben im Allgemeinen; für meinen Zweck
wurde eine tiefer eingehende Betrachtung erfordert. Es sind mir nun
specielle Mittheilungen über den herrlichen Correggio in Lord Dudley's
Sammlung zugekommen, von einem Kunstkenner, der auch jüngst die
hiesige „Magdalena" gründlich untersucht hat. Indem ich davon
Gebrauch mache, glaube ich auch Denen einen Dienst zu leisten, wel-
chen eine nähere Kenntniß des mit Recht berühmten Meisterwerkes
in London willkommen ist.

Ueber den außerordentlichen Kunstwerth dieses Gemäldes herrscht
unter Allen, die es gesehen haben, nur ein Urtheil; es gehört zu dem
Vollendetsten in der Malerei; die Schönheit der Konception im Ein-
klang mit der höchst gediegenen Ausführung, die vollständige Erhal-
tung dieses Bildes, worin Correggio sein Talent von der lieblichsten
Seite zeigt, erregen in dem Beschauer die größte Befriedigung und
Bewunderung. Die plastische Abrundung und Zartheit der Formen,
die glücklichste Verschmelzung von Kraft und Weichheit, die ungemeine
Transparenz, Feinheit und Kraft der Farbe, überhaupt die Solidität
in der Ausarbeitung lassen eins der gereiftesten Werke des Meisters
erkennen. Das Bild hat nicht den geringsten Makel, überall ist
Klarheit, nichts durch Uebermalung getrübt. Doch ist es nothwendig,
das londoner Bild bei gutem Lichte zu betrachten; es hängt, wenn
auch sonst dem Beschauer sehr bequem, doch an einer etwas dunkeln
Stelle der Sammlung; hat man das Glück, es bei einfallendem
Sonnenstrahl anzuschauen, so entfaltet es den ganzen Reichthum seines
Zaubers, und es treten dann auch die dunkleren Theile, namentlich
alle Theile des Hintergrundes, hervor. Die sorgfältige Ausarbeitung
des Gemäldes wirkt so stark, daß man unwillkürlich an die Meister-
schaft des Künstlers denken muß; die „Magdalena" zu Heidelberg ist
in diesem Betracht einfacher, mehr auf den Gesammteindrnck koncen-
trirt, man wird in ihr so von dem Gegenstände ergriffen, daß man
den Künstler darüber vergißt. Wenn in jenem Bilde zuerst die
Technik fesselt, so bleibt das letztere in seiner Weise nicht zurück;
jenes ist vornehmer, dieses anspruchslos natürlich; jedes in seiner
Art anziehend. (Schluß folgt.)

O Düffeldorf, Ende Mai. (Vier Ausstellungen.)
Unsere Stadt hat gegenwärtig vier Kunstausstellungen, auf denen die
Werke der Künstler so vertheilt sind, daß es unthunlich sein würde,
wollte man die Ausstellungen einzeln für sich besprechen. Gestatten
Sie mir daher von dem Lokale, in welchem die einzelnen Werke aus-
gestellt sind, als von etwas Zufälligem und durchaus Aeußerlichem

abgesehen und sämmtliche Ausstellungen als eine einzige zu behan-
deln. — Die Ausstellung des Kunst Vereins für Rheinland
und Westphalen in den Räumen des Akademiegebäudes z. B. zeigt
unter 107 Nummern des Kataloges nur 8 Historienbilder und ein
Werk der Plastik, dagegen 106 Landschaften, 36 Genre- und 7 Ba-
taillebilder. Die ersten Genremaler Düsseldorfs sind bei Schulte,
die Münchener bei Bismeyer L Kraus vertreten.

Der Realismus ist, wie bekannt, die vorherrschende Richtung
der heutigen Kunst und macht sich auch auf den gegenwärtigen Aus-
stellungen, vorzüglich auf der des Kunstvereins — und zwar in
allen Gattungen — oft in glänzender Weise geltend. In der spär-
lich vertretenen idealistischen Richtung der Historienmalerei treten uns
zuerst zwei religiöse Gemälde Otto Men gelb erg's entgegen. Das
größere von beiden stellt „Christus und die beiden Jünger in Em-
maus" dar, in dem Momente, da Christus das Brod bricht. Die
Gestalten sind lebensgroß, vortrefflich gezeichnet und kraftvoll aus-
geführt. Es liegt viel Schwungvolles in der ganzen Komposition.
Wenn etwas störend wirken könnte, so wäre es der Strahlenkranz
um das Haupt des Christus, welcher, da er nicht als leuchtende
Masse zur Geltung kommt, von welcher Licht auf die umgebenden
Gegenstände ausginge, die Harmonie des Ganzen etwas stört, ob-
gleich er dazu dient, den Kopf hervorzuheben. Das zweite, kleinere
Bild „Christus am Oelberge" erinnert ganz an alte Meister und ist
in jeder Beziehung ideal gehalten, auch, was Stimmung anbetrisst,
vortrefflich durchgeführt. — B. Budde's „Maria mit dem Jesus-
kinde" ist ein im streng kirchlichen Style gehaltenes feines Bildchen
mit Goldgrund, gut empfunden in Haltung und Ausdruck. — Kirch-
liche Stoffe, weil schon unendlich oft und von den bewährtesten
Meistern behandelt, gewähren dem Künstler idealistischer Richtung
stets einen festen Boden. Unendlich schwieriger dagegen sind solche
Stoffe, welche der Profanhistorie angehören und mehr in die antike
Welt zurückgreifen, wie dieses der Fall ist bei v. Beckerath's „Episode
aus der Cimbernschlacht". Der Künstler wählte die Scene, da die cim-
brischen Frauen, als die Schlacht verloren, in der Wuth der Verzweif-
lung ihren Männern mit Beilen entgegentreten und ihre eigenen Kinder
tödten, um sie vor der Schmach der Sclaverei zu bewahren. Ein sol-
cher hochtragischer Gegenstand verlangt die stärksten Mittel der Kunst
und berechtigt zu den strengsten Anforderungen an ihre Leistung.
Von diesem Standpunkte aus können wir nun das vorliegende Bild
nur als einen Versuch ansehen und zwar als einen nicht gelungenen!
Es fehlt zuerst dieser Komposition an Klarheit des Arrangements,
die Gestalten stehen nicht gut auf dem Boden: die Wagenburg, welche
diesen Boden bildet, ist unverständlich behandelt; man ist gezwungen,
sich die Möglichkeit, wie doch diese Gestalten in diese Lage kommen
könnten, mühsam herauszusuchen; kurz die ganze Scene ist bei Auf-
bietung aller Kraft der Phantasie unwahrscheinlich. Dabei sind Zeich-
nungs- oder Proportionsfehler nicht vermieden. Trotzdem erkennt
man doch, daß auf Formen und vorzüglich auf Modellirung von dem
begabten Künstler hingearbeitet wurde. Es ist, obschon kräftig be-
handelt und lebendig in der Farbe, nicht eigentlich ein koloristisches
Werk. Was den Ausdruck der Köpfe und die Charakteristik der Ge-
stalten anbelangt, so fehlt es hier an Durchbildung. Wir erhal-
ten keinen Eindruck von der Riesenmäßigkeit dieser alten Cimbern,
deren bloßer Anblick den kriegs- und siegesgewohnten Römern Furcht
und Schrecken einflößte, und deren Blicke aus den leuchtenden Hellen
Augen sie nicht ertragen konnten. (Forts, folgt.)

8. Wien, Mitte Mai. (Internationale Ausstellung im
Künstlerhause. Forts.) Edw. Mahlknecht's „Heueinfuhr bei
 
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