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Korrespondenzen.
üfseldorf, den 1. December. (Die jkonkurreuz-Ent-
würfe für das Cornelius-Denkmal in Düssel-
dorf.) Die Entwürfe für das Denkmal, welches Cor-
nelius in seiner Vaterstadt Düsseldorf errichtet werden
soll, sind jetzt im Lokal des Malkastens ausgestellt. Das
Konkurrenz-Ausschreiben hat einen Wiederhall in ganz
Deutschland und über seine Grenzen hinaus gefunden. Modelle in
großer Anzahl sind eingegangen, von deren Autoren sich aber noch
die größte Zahl unter verschiedenen Motto's verbirgt.
Bei der vorliegenden Ausgabe niachen sich die Schwierigkeiten,
welche die Herstellung eines würdigen Standbildes darbietet, doppelt
geltend. Die kurze, gedrungene Gestalt des Meisters mit dem ver-
hältnißmäßig zu großen Kopf ist keine dankbare Aufgabe für die
Skulptur; auch lebt Cornelius noch zu frisch in Vieler Gedächtniß,
als daß eine Jdealisirung hier zugelassen sei. Unrer diesen Um-
ständen scheint es das beste Anskunftsmittel, den kleinen „großen
Mann" sitzend darzustellen; dem aber wiederspricht sein lebendiges,
energisches Wesen, welchem die aufrechte Stellung angemessen ist.
Eine sitzende Gestalt macht leicht den Eindruck behaglicher Ruhe,
wie hier die Statuetten von L. Rau aus Rom, die „ohne Motto",
bei welcher allerdings der Ausdruck des Kopfes sehr scharf ist, und
die „cedo majori“; oder ist eine solche lebendiger gefaßt, so sieht
es aus, als wolle die Figur sich eben erheben, als sei nur der
kurze Augenblick zwischen Ruhe und rascher Bewegung künstlich fest-
gehalten wie bei dem Entwurf: „Sein Denkmal vergeht, sein Geist
lebt ewig". Noch viel schwieriger ist es mit der modernen Tracht
fertig zu werden; der Sackpaletot, welcher hier vielfach angewandt
worden ist, hilft dem Uebelstand nicht ab, und es bleibt doch wohl
immer am gerathensten, sich zu dem Mantel der Liebe zurückzuwen-
den, der freilich auch bei mehreren dieser Entwürfe in eine Theater-
Draperie ausgeartet ist. Zum Stein des Anstoßes wird auch nur
zu oft das Postament, welches wesentlich den Totaleindruck bedingt.
Die niedrigen Sockel nehmen sich bei mangelhaften Verhältnissen
wie eine Kommode aus, die hohen mahnen an den berliner Witz:
„Komme mir hier nur keiner auf meinen Ofen herauf!"
Sind bei einem figurenreichen Postament die Gestalten zu groß,
wie bei ,,nmsas praeposuit sirenis“, so schaden sie der Hauptfigur,
sind sie nicht gut niit demselben verbunden, wie bei dem großen
Monument mit dem Wahlspruch Tegners, wie bei Ebels rundem
Aufbau, so meint man, sie hätten sich nur zufällig dort niederge-
lassen, oder wenn, wie bei dem Entwurf „Deutsche Kunst und deutsche
Künstler", die kleinen Genien kaum niehr an demselben haften, so
wähnt man sie im nächsten Augenblick in die Lüfte verflattern zu
sehen. Auch eignen sich nicht alle allegorischen Gestalten zu runder
Ausführung, und muß gerade die hier sonst unentbehrliche „Phan-
tasie" wohl dem Relief überlassen bleiben. Da kann sie schweben
und gaukeln, wie es ihre Natur ist, wogegen sie bei „musas prae-
posuit sirenis“ zu schwer und irdisch wird, bei H. Bolz aber, der
diesem Uebelstand abhelfen wollte, die Bewegung zu plötzlich, die
Gestalt zu sehr der plastischen Ruhe ermangelnd erscheint.
Welche Schwierigkeiten sich aber auch, was Anordnung, Auf-
bau und Figurenschmuck betrifft, dem Künstler entgegenstellen, so ist
doch hierin bei dieser Gelegenheit Besseres geleistet worden, als in
der Hauptfigur. Diese scheint uns am charakteristischen im Total-
eindruck gefaßt in den Entwürfen „Deutsche Kunst und deutsche Künst-
ler" und „Sein Denkmal vergeht, aber sein Geist lebt ewig"; auch
der Entwurf „Nur nach Wahrheit gestrebt" kann hier nicht übergangen
werden. An diese schließt sich die Statuette von I. Bayerle aus
Düsseldorf an, welche, vom Standpunkt der Portraitähnlichkeit be-
trachtet, die gelungenste ist, aber leider durch ein geschmackloses Posta-
ment verunstaltet wird.
Bei dem großartig angelegten Monument von H. Bolz aus
Karlsruhe freut den Beschauer die allgemeine Anordnung, die schönen
Motive in den Seitengruppen, bei Eberle's Entwurf die reizende
Seitengruppe links, bei „musas“ die großartig und schön gedachten
Gestalten am Postament.
Wie nun auch diese Entwürfe nach dem Urtheil der verschie-
denen Kritiker ausgefallen sind, auf alle Fälle ist die zahlreiche Bc-
theiligung an der Konkurrenz ein gutes Zeichen für die Regsamkeit
und das tüchtige Streben unserer Bildhauer.
Nachschrift der Redaction. Wenn man doch endlich von
der Geschmacklosigkeit abkommen möchte, großen Männern der Wissen-
schaft und Kunst Statuen (sitzende oder stehende) zu errichten.
Bei Feldherren, Fürsten u. s. f., die mit ihrer ganzen realen Per-
sönlichkeit eintreten, mag das richtig sein, niemals aber bei den-
jenigen Heroen, welche ihre Schlachten nur auf den idealen Gebieten
des Geistes kämpfen. Hier ist einzig und allein die Ko lossa lbüste
passend. Denn nicht nur, daß damit allen Schwierigkeiten der Ko-
stümirung aus dem Wege gegangen wird, kann auch gerade das —
was hier die Hauptsache ist — der Kopf in eminenter Weise zur
Geltung kommen.
Kunst-Kljronik.
icrlin. Am 17. v. Mts. ist der Kupferstecher Wilhelm
Teichel an einer Gehirnkrankheit verstorben. Er stammte
von mütterlicher Seite von dem berühmten deutschen Kupfer-
stecher Georg F. Schmidt, dem „Graveur du roi“ Fried-
richs des Großen, welcher trotz aller heutigen Vollendung
doch immer noch durch die feine Empfindung seines Grab-
stichels unerreicht dasteht, ab. Teichel war 1822 zu Berlin geboren,
der Sohn eines Holzhändlers. Schon sehr früh war er genöthigt,
sich selbst seinen Lebensunterhalt zu erwerben. Er zeichnete zuerst
Stickmuster und wandte sich dann der Kupfcrstecherkunst zu, welche
er bei Prof. Lüderitz erlernte. Seine erste, nach Eduard Meyerheim
1847 ausgeführte Platte (Schwarzkunst mit durchgängiger Unter-
radirung) „Die Harzerin" hatte allgemeinen Erfolg. Eine Anzahl
ähnlich behandelter Stiche für Kunstverleger und Kunstvereine sind
dieser Erstlingsarbeit gefolgt: „Fanny und ihre Verehrer" nach
C. Arnold, „Des Kriegers Abschied" u. A. Mit besonderer Aus-
zeichnung sind Teichel's meisterlich durchgeführte Grabstichelportraits
für die von Friedrich Wilhelm IV. iu's Leben gerufene Pracht-Aus-
gabe Friedrichs des Großen zu nennen. Die in den fünfziger Jahren
erschienene Sammlung von Bildnissen gefeierter Zeitgenossen, beson-
ders der Ritter der Friedensklasse des pour le merite nach Da-
guerrotypen der Originale, enthält manchen trefflichen Beitrag von
Teichel's Hand (z. B. C. Lachmann). Daneben vcrwerthete er seine
Kunst in den Stichen der Köpfe und allegorischen Figuren unserer
Werthpapicre, sowie in zahlreichen Kalenderstichen nach beliebten
Genrebildchen, bis ihm Hofbuchhändler Alex. Duncker die Gelegen-
heit gab, sich auch an höheren edleren Aufgaben zu betheiligen,
wozu namentlich die Cartonstiche nach den Kaulbach'schen Wand-
Korrespondenzen.
üfseldorf, den 1. December. (Die jkonkurreuz-Ent-
würfe für das Cornelius-Denkmal in Düssel-
dorf.) Die Entwürfe für das Denkmal, welches Cor-
nelius in seiner Vaterstadt Düsseldorf errichtet werden
soll, sind jetzt im Lokal des Malkastens ausgestellt. Das
Konkurrenz-Ausschreiben hat einen Wiederhall in ganz
Deutschland und über seine Grenzen hinaus gefunden. Modelle in
großer Anzahl sind eingegangen, von deren Autoren sich aber noch
die größte Zahl unter verschiedenen Motto's verbirgt.
Bei der vorliegenden Ausgabe niachen sich die Schwierigkeiten,
welche die Herstellung eines würdigen Standbildes darbietet, doppelt
geltend. Die kurze, gedrungene Gestalt des Meisters mit dem ver-
hältnißmäßig zu großen Kopf ist keine dankbare Aufgabe für die
Skulptur; auch lebt Cornelius noch zu frisch in Vieler Gedächtniß,
als daß eine Jdealisirung hier zugelassen sei. Unrer diesen Um-
ständen scheint es das beste Anskunftsmittel, den kleinen „großen
Mann" sitzend darzustellen; dem aber wiederspricht sein lebendiges,
energisches Wesen, welchem die aufrechte Stellung angemessen ist.
Eine sitzende Gestalt macht leicht den Eindruck behaglicher Ruhe,
wie hier die Statuetten von L. Rau aus Rom, die „ohne Motto",
bei welcher allerdings der Ausdruck des Kopfes sehr scharf ist, und
die „cedo majori“; oder ist eine solche lebendiger gefaßt, so sieht
es aus, als wolle die Figur sich eben erheben, als sei nur der
kurze Augenblick zwischen Ruhe und rascher Bewegung künstlich fest-
gehalten wie bei dem Entwurf: „Sein Denkmal vergeht, sein Geist
lebt ewig". Noch viel schwieriger ist es mit der modernen Tracht
fertig zu werden; der Sackpaletot, welcher hier vielfach angewandt
worden ist, hilft dem Uebelstand nicht ab, und es bleibt doch wohl
immer am gerathensten, sich zu dem Mantel der Liebe zurückzuwen-
den, der freilich auch bei mehreren dieser Entwürfe in eine Theater-
Draperie ausgeartet ist. Zum Stein des Anstoßes wird auch nur
zu oft das Postament, welches wesentlich den Totaleindruck bedingt.
Die niedrigen Sockel nehmen sich bei mangelhaften Verhältnissen
wie eine Kommode aus, die hohen mahnen an den berliner Witz:
„Komme mir hier nur keiner auf meinen Ofen herauf!"
Sind bei einem figurenreichen Postament die Gestalten zu groß,
wie bei ,,nmsas praeposuit sirenis“, so schaden sie der Hauptfigur,
sind sie nicht gut niit demselben verbunden, wie bei dem großen
Monument mit dem Wahlspruch Tegners, wie bei Ebels rundem
Aufbau, so meint man, sie hätten sich nur zufällig dort niederge-
lassen, oder wenn, wie bei dem Entwurf „Deutsche Kunst und deutsche
Künstler", die kleinen Genien kaum niehr an demselben haften, so
wähnt man sie im nächsten Augenblick in die Lüfte verflattern zu
sehen. Auch eignen sich nicht alle allegorischen Gestalten zu runder
Ausführung, und muß gerade die hier sonst unentbehrliche „Phan-
tasie" wohl dem Relief überlassen bleiben. Da kann sie schweben
und gaukeln, wie es ihre Natur ist, wogegen sie bei „musas prae-
posuit sirenis“ zu schwer und irdisch wird, bei H. Bolz aber, der
diesem Uebelstand abhelfen wollte, die Bewegung zu plötzlich, die
Gestalt zu sehr der plastischen Ruhe ermangelnd erscheint.
Welche Schwierigkeiten sich aber auch, was Anordnung, Auf-
bau und Figurenschmuck betrifft, dem Künstler entgegenstellen, so ist
doch hierin bei dieser Gelegenheit Besseres geleistet worden, als in
der Hauptfigur. Diese scheint uns am charakteristischen im Total-
eindruck gefaßt in den Entwürfen „Deutsche Kunst und deutsche Künst-
ler" und „Sein Denkmal vergeht, aber sein Geist lebt ewig"; auch
der Entwurf „Nur nach Wahrheit gestrebt" kann hier nicht übergangen
werden. An diese schließt sich die Statuette von I. Bayerle aus
Düsseldorf an, welche, vom Standpunkt der Portraitähnlichkeit be-
trachtet, die gelungenste ist, aber leider durch ein geschmackloses Posta-
ment verunstaltet wird.
Bei dem großartig angelegten Monument von H. Bolz aus
Karlsruhe freut den Beschauer die allgemeine Anordnung, die schönen
Motive in den Seitengruppen, bei Eberle's Entwurf die reizende
Seitengruppe links, bei „musas“ die großartig und schön gedachten
Gestalten am Postament.
Wie nun auch diese Entwürfe nach dem Urtheil der verschie-
denen Kritiker ausgefallen sind, auf alle Fälle ist die zahlreiche Bc-
theiligung an der Konkurrenz ein gutes Zeichen für die Regsamkeit
und das tüchtige Streben unserer Bildhauer.
Nachschrift der Redaction. Wenn man doch endlich von
der Geschmacklosigkeit abkommen möchte, großen Männern der Wissen-
schaft und Kunst Statuen (sitzende oder stehende) zu errichten.
Bei Feldherren, Fürsten u. s. f., die mit ihrer ganzen realen Per-
sönlichkeit eintreten, mag das richtig sein, niemals aber bei den-
jenigen Heroen, welche ihre Schlachten nur auf den idealen Gebieten
des Geistes kämpfen. Hier ist einzig und allein die Ko lossa lbüste
passend. Denn nicht nur, daß damit allen Schwierigkeiten der Ko-
stümirung aus dem Wege gegangen wird, kann auch gerade das —
was hier die Hauptsache ist — der Kopf in eminenter Weise zur
Geltung kommen.
Kunst-Kljronik.
icrlin. Am 17. v. Mts. ist der Kupferstecher Wilhelm
Teichel an einer Gehirnkrankheit verstorben. Er stammte
von mütterlicher Seite von dem berühmten deutschen Kupfer-
stecher Georg F. Schmidt, dem „Graveur du roi“ Fried-
richs des Großen, welcher trotz aller heutigen Vollendung
doch immer noch durch die feine Empfindung seines Grab-
stichels unerreicht dasteht, ab. Teichel war 1822 zu Berlin geboren,
der Sohn eines Holzhändlers. Schon sehr früh war er genöthigt,
sich selbst seinen Lebensunterhalt zu erwerben. Er zeichnete zuerst
Stickmuster und wandte sich dann der Kupfcrstecherkunst zu, welche
er bei Prof. Lüderitz erlernte. Seine erste, nach Eduard Meyerheim
1847 ausgeführte Platte (Schwarzkunst mit durchgängiger Unter-
radirung) „Die Harzerin" hatte allgemeinen Erfolg. Eine Anzahl
ähnlich behandelter Stiche für Kunstverleger und Kunstvereine sind
dieser Erstlingsarbeit gefolgt: „Fanny und ihre Verehrer" nach
C. Arnold, „Des Kriegers Abschied" u. A. Mit besonderer Aus-
zeichnung sind Teichel's meisterlich durchgeführte Grabstichelportraits
für die von Friedrich Wilhelm IV. iu's Leben gerufene Pracht-Aus-
gabe Friedrichs des Großen zu nennen. Die in den fünfziger Jahren
erschienene Sammlung von Bildnissen gefeierter Zeitgenossen, beson-
ders der Ritter der Friedensklasse des pour le merite nach Da-
guerrotypen der Originale, enthält manchen trefflichen Beitrag von
Teichel's Hand (z. B. C. Lachmann). Daneben vcrwerthete er seine
Kunst in den Stichen der Köpfe und allegorischen Figuren unserer
Werthpapicre, sowie in zahlreichen Kalenderstichen nach beliebten
Genrebildchen, bis ihm Hofbuchhändler Alex. Duncker die Gelegen-
heit gab, sich auch an höheren edleren Aufgaben zu betheiligen,
wozu namentlich die Cartonstiche nach den Kaulbach'schen Wand-