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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 20.1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.13551#0113

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in der Lokalpresse vielfach debattirt. Namentlich gipfelten die An-
sichten darin, daß durch jene Ankäufe viel zu sehr der Mittelmäßig-
keit Vorschub geleistet und ein besseres Werk selten angekauft würde.
Der Vorstand befindet sich aber jedesmal in dem alten Dilemma:
Die Statuten schreiben eine gewisse Anzahl von Werken zum An-
käufe für die Verloosung vor, und über das alljährliche Budget darf
nicht hinausgegangen werden. Diesmal dürfte jedoch die Wahl der
Gemälde bei den Mitgliedern mehr Beifall erregen, als in den Vor-
jahren. Dem Vorstande wurde es insofern leichter gemacht, als
manche Künstler, durch die Ungunst der Verhältniste gezwungen, ihre
Werke zur Verloosung offerirten, die sonst nicht kamen. Im Ganzen
genommen macht denn auch die Ausstellung der Ankäufe einen wesent-
lich günstigeren Eindruck als früher, dabei wollen wir jedoch nicht
verschweigen, daß Manches mit ausgewählt wurde, welches besser
unangekauft geblieben wäre. Größere Strenge in der Wahl und
keine Rücklicht auf Privatbeziehungen würden dem Zwecke des Vereins
nur ersprießlich sein. Trotzdem verdient der Vorstand für die Aus-
übung seiner so wenig dankbaren Aufgabe und das sichtliche Be-
streben, bessere Werke als früher anzukaufen, den aufrichtigen Dank
aller Mitglieder.

Was die einzelnen Werke betrifft, so können wir von einer
Besprechung derselben um so eher absehen, als über die besteren —
wir können wohl behaupten — sämmtlich im Laufe des Jahres
während ihrer ersten Ausstellung von uns berichtet wurde.

Gehen wir zu den Novitäten über, so ist es diesmal besonders
die Landschaft, welche unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt.
Wir erwähnen zunächst zwei Bilder von Herm. Baisch. Das Eine
derselben stellt Kühe dar, die in ein Gatter getrieben werden, das
Andere ein „Wald-Inneres". Beide machen sich namentlich durch ihr
warmes sonniges Kolorit geltend. In den früheren Werken des
Künstlers mißfiel uns eine im Streben nach Breite des Vortrags
sich immer gleichbleibende Manier, welche z. B. das zarte Laub der
Weide mit demselben Farbenauftrage, derselben Form traktirte, wie
das breite kräftige Blatt der Eiche, Buche oder Ulme. In den
gegenwärtigen Werken tritt nun das Streben nach größerem Formen-
sinn vortheilhaft zu Tage, der sich aber leider nicht auf die hier
bedeutender gedachte Thierstaffage erstreckt. So sahen viele Laien,
daß der Kopf der im Vordergründe stehenden weißen Kuh viel
eher den Verhältnissen eines Hypopotamus als einer Kuh entspricht.
Strenge der Form ist beim Malen doch am Ende das erste Gesetz,
über das sich freilich die meisten jüngeren Künstler hinwegsetzen.
Abgesehen von dieser Verzeichnung sind beide Bilder sowohl in der
Erfindung als im Vortrag sehr anerkennenswerthe Leistungen, die
ihren Gehalt ganz besonders auch in der feingefühlten dichterischen
Stimmung besitzen. — W. Malecki war ebenfalls mit zwei Werken
vertreten. Das eine, viel zu groß im Format gegriffen, stellt eine
„Motivlandschaft aus Polen" dar, die beinahe den Gebirgscharakter
der sächsischen Schweiz trägt. Der rechts im Vordergründe befind-
liche kolossale Felsblock dominirt in einer Weise, daß man wenig
zum Genüsse der übrigen Theile des Bildes gelangt, in dem die
Staffage mit den Pferden und Kühen auf der grünen Matte für
sich betrachtet sehr anziehend wirkt. Der Baumschlag dagegen er-
scheint uns zu hart, wie mit der Scheere ausgeschnitten, dabei zu
wenig charakterisirt. Viel besser ist sein „Polnisches Dörfchen" mit
dem langen Kriegerzuge auf staubiger Landstraße, das überaus klar
und freundlich wirkt, und woraus die Stimmung mit echt poetischer
Empfindung spricht. — Die Landschaft „Nach dem Regen" von Fritz
ist im Motiv eine starke Nachahmung eines früher gesehenen Bildes
von A. Li er. Auch in der Farbe erinnert es lebhaft an die Werke
des Letzteren. In dem Fritz'schen Bilde ist keine Spur von Selbst-
ständigkeit und Alles Imitation. — In der „Marine" von Tiesen-

hausen zeigt die Luft eine vortreffliche Wirkung, in den unteren
Partien des Bildes vermissen wir dagegen die irdische Schwere
des Terrains und des Wassers, ebenso sind die Schiffe viel zu flau
gehalten. Durch eine kräftige Uebermalung dieser Theile würde das
Bild wesentlich gewinnen. — „Pompeji" von Sweiscewski ist ein
mit reichem Detail entworfenes Bild, das aber zu descriptiv er-
scheint und in der Farbe der Luft, sowie der Ferne, zu süßlich ge-
malt ist. Die Hauptlinien des Bildes hätten künstlerisch interessanter
gegeben werden können.

Unter den übrigen ausgestellten Werken ist wenig Erwähnens-
werthes. Rögge's „Gretchen" wirkt konventionell und wenig an-
ziehend, die beiden Portraits von Mackleth und Sidorowicz sind
schwach. — Als nette Leistungen, jedoch ohne besonderen künstlerischen
Werth, erscheinen die Bildchen von H. Kauffmann, Leinisch
und im Thiergenre die Arbeiten von Schnntzberger und Vorder-
mayer. — Die Aquarellen aus dem Orient von C. Werner in
Leipzig zeigen einen staunenswerthen Fleiß, ihr Hauptinteresse liegt
in dem architektonischen Lokal, Figuren und Thiere vermögen da-
gegen nicht in gleichem Grade zu befriedigen. Unseren Geschmack
sprechen solche Aquarellen mehr an, die einen frischen, stizzenhafteu
Vortrag zeigen, es sei denn sie treten mit einem solch künstlerischen
Aplomb auf, mit einem so feinen Verständniß für figürliche Form
und Charakter, wie sie den Werken Passini's in so hohem Grade
eigen sind.

B. München, 16. März. (Antikensaal; bayerisches
Nationalmuseum; deutsche Kunstgewerbeausstellung;
Weltausstellung in Philadelphia; Künstlerabende; Kunst-
verein.) Schon seit Jahren hört man von der Gründung eines
sogen. Antikensaales, d. h. einer Sammlung von Originalab-
güssen berühmter Werke antiker Plastik, mit deren Einrichtung der
bekannte Archäologe Professor vr. Brun dahier betraut werden
sollte. Es scheint nunmehr Aussicht zur Ausführung des Projekts,
sobald der Umzug der Kunstgewerbeschule in die ehemalige Glas-
malerei-Anstalt, auf welche noch ein Stockwerk aufgesetzt werden soll,
erfolgt ist. Denn dann soll das bisherige Lokal der Kunstgewerbe-
schule unter den nördlichen Hofgarten-Arkaden Hrn. Professor Brun
zugewiesen werden, um darin eine sogen. „Gypsothek" einzurichten.

In der Abgeordneten-Kammer ist der Antrag gestellt worden,
eine Summe von 5000 Fl. auf zweckmäßige Anlage eines Lösch-
apparates im bayerischen Nationalmuseum zu verwenden. Gelegent-
lich der wiederholten Zeichen von Aufmerksamkeit seitens der Kammer
für das bayerische National-Museum ist dort und da die Sprache
davon, wie unvorsichtig zum Mindesten die Staatsregierung han-
delte, als sie das überreiche Museum ohne einen Katalog über-
nahm!*) Man denke sich eine Sammlung von so unschätzbarem
Werthe, bestehend aus mehr als hunderttausend Objekten von oft
ganz geringem Raum-Umfange, ohne ein Verzeichniß, das jeden
Gegenstand in einer Weise beschreibt, die jede Verwechselung durch
Zufall oder — Absicht unmöglich macht, und man wird vor den
Möglichkeiten zittern, welche das Museum auf das Empfindlichste
schädigen können. Und nicht minder schwer ist es zu begreifen, wie
sich ein verantwortlicher Beamter fand, der das Alles in Bausch
und Bogen zu übernehmen Lust hatte. Unter solchen Umständen ist
es denn kein Wunder, wenn in Bezug auf das bayerische National-
Museum Gerüchte bedenklicher Natur umlaufen. Uebrigens sollte
man meinen, diese Dinge verdienten die Aufmerksamkeit der Volks-
vertretung in nicht minderem Grade als die Thatsache der Feuer-
gefährlichkeit.

*) Ein Jnventarium wird doch wohl vorhanden sein (?)
 
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