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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 20.1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.13551#0253

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(Redaction und Expedition der Dioskuren: Villa Schasler bei Wilmersdorf, Berlin.)

Inhalt.

Abhandlung: lieber die nationalen Unterschiede der Graphik. (Fortsetzung.) Kunjs-ChroniK: Lokalnachrichten aus Berlin, Detmold, Oldenburg, Dresden,
Aorrespondenzcn: W. Kassel, im August. (Permanente Ausstellung des Eisenach, Hildesheim, Düsseldorf, Krefeld, München, Köln, Florenz,

Kunstvereins rc. Fortsetzung.) — Köln, Ende August. (Aus der Kunst- Venedig, Rom, Lissabon, Philadelphia.

Vereins-Ausstellung. Fortsetzung.) Lnnstindujlric und Technik: Aus der dresdener Kunstindustrie-Ausstellung.

Ueöer die nationalen Unterschiede der Hraphik.

(Fortsetzung.)

m nun unserm Thema näher zu treten,
\ das zunächst in der Frage lvurzelt, wo-
durch sich die englische Graphik gegen-
über der französischen und beide
wieder gegenüber der deutschen
charakteristren, ist zuvor — was
die Zeichnung für den Holzschnitt
betrifft — darüber zu bestimmen, welches denn
eigentlich, technisch und künstlerisch betrachtet, der-
jenige typische Charakter der Zeichnung ist, welcher
der Natur des Holzschnitts, namentlich im Unter-
schiede zum Kupferstich und zur Lithographie, am gemäßesten ist.

Wir haben bei Gelegenheit unsrer Betrachtung des Wesens
der Aquarellmalerei im Unterschiede von der Oelmalerei den
Satz ausgesprochen, daß nichts irriger ist als die Meinung, daß
das Aquarell seine höchste Leistungsfähigkeit darin dokümentire,
daß es in der Wirkung (koloristisch gesprochen) dem Oelgemälde
möglichst nahe komme. Derselbe Jrrthum herrscht auch in Be-
treff des Holzschnitts, sofern er sich zum Rivalen des Kupfer-
stichs und namentlich derjenigen Abart desselben auszuwerfen
versucht, den man mit dem Ausdruck „Stahlstichmanier" zu

bezeichnen pflegt. Es wird zwar in dieser Richtung heutigen
Tags, Dank der mechanischen Vervollkommnung der technischen
Mittel, Außerordentliches geleistet und namentlich erfreut sich
der durch die Engländer eingeführte sogenannte „Tonschnitt"
seitens des mehr von malerischer Wirkung als von kompositio-
neller Gediegenheit angezogenen Publikums einer großen Be-
liebtheit: der echte Kenner und Verehrer des Holzschnitts jedoch
kann mit dieser Vorliebe nicht sympathisiren. Für ihn ist es
unzweifelhaft, daß darin eine Gefahr für den Holzschnitt liegt,
sofern sein eigentlicher Charakter dadurch verwischt wird.

Man kann damit jenes allmälige Verschwinden der länd-
lichen Nationaltrachten vergleichen, welche auch aus dem eitlen
Streben entspringt, es den „Städtern" gleichzuthun. Wie solch'
Verkennen des natürlichen Gegensatzes zwischen Land und Stadt
nur dazu führt, die naturgemäße und immer charakteristische
Kleidung des Landvolks zu verdrängen und dafür eine plumpe
Karrikatur der städtischen Kleidung, d. h. die Geschmacklosigkeit
einzutauschen, so führt auch jene beliebte Nachahmung der Stahl-
stichmanier den Holzschnitt meist nur zu charakterloser Oberfläch-
lichkeit. Denn es ist wohl unzweifelhaft, weil es in der Natur der
betreffenden Techniken begründet ist, daß der Holzschnitt, wenn
 
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