Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 20.1875

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.13551#0195

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Preis des Journals pro Quartal l'/a Thlr. — Kreuzband-Abonnements werden nur bei Pränumeration auf den ganzen Jahrgang angenommen.

(Redaction und Expedition der Dioskuren: Villa Scbasler bei Wilmersdorf, Berlin.)

Inhalt.

Abhandlung: Die nationalen Unterschiede der modernen Plastik. (Schluß.) Lnnst-Thronilu Lokalnachrichten aus Berlin, Stettin, Brandenburg, Dresden,
Larresvondliiien: Rk. Dresden, 13. Juni. (Ausstellungen). — L. Leipzig, Gotha, Detmold, Mederingelheim, Erlangen, München, Athen, Versailles,

Mitte Juni. — A Düsseldorf, 16. Juni. (Wanverungen durch oie Paris, Castel.

Ateliers.) — R.K. München, Mitte Juni. (Ausstellung im Kunst- Luustgcschlchte: Zur Geschichte des königl. Schlosses in Charlottenburg.
Verein. Forts.) Ausjtellungskalender.

Iie nationalen Unterschiede der modernen Ulastik.

(Schluß.)

: eber die Plastik der Franzosen
sowie über die der Deutschen
ist, wenn man sich eben ans
das jeder Nation Gemein-
same beschränken will, inner-
halb dessen es selbstverständ-
unendliche Schattirnngen giebt, nur wenig
mehr zu sagen, als wir bereits im Verlauf un-
serer Betrachtung angedeutet.

In der kurzen Gegenüberstellung der drei nationalen Haupt-
richtungen der modernen Plastik charakterisirten wir die Fran-
zosen als die Vertreter des abstrakten Idealismus in der Auf-
fassung des Inhalts mit einer zum Effekt zugespitzten Pointirnng
desselben, welche uothwendig mit einer Bewegtheit der Form ver-
bunden ist, die tiber die Grenzen der plastischen Einfachheit und
Ruhe hinausgeht. Vor eigentlicher Verirrung sind die Fran-
zosen, seit sie sich von der künstlichen Antikisirung des Inhalts
in der David'schen Schule frei gemacht, welche — wie die
französirte Antike überhaupt, auch im Drama des 18. Jahr-
hunderts, ja im öffentlichen Leben, z. B. in der Revolutions-
Zeit — nichts als pedantischer Zopf ist, durch ihren großen

natürlichen Geschmack etwas geschützt. Dennoch haftet ihnen
fast immer das Gepräge der Reflektirtheit und — gerade in
den leidenschaftlich bewegtesten Darstellungen am meisten —
eine Kälte der Berechnung an, welche weit entfernt ist von jener
„stillen Größe und edlen Einfalt", welche Winckelmann als das
Wesen der antiken Schönheit bezeichnete. In dieser Weise
schufen Bosio, Corsot und selbst Pradler, der sich indeß
mehr der sinnlichen Seite zuneigte und daher oft eine Wärme,
namentlich in den weiblichen Figuren, erreichte, die über die auch
hier waltende Reflexion und Effektuirnngstendenz zu täuschen ver-
mochte. In seinen Nachfolgern, Guillaume, Leguesne und
besonders Clesinger, zeigt es sich, wie jene Wärme nur re-
slektirt ist, denn hier potenzirt sie sich zu einer Lüsternheit und
Frivolität, die am meisten da anwidert, wo sie in der Hülle
affektirter Naivetät auftritt. Neben dieser idealistischen Richtung
— wenn man sie so nennen will — und ebenso reflektirt wie
sie, wird dann von den Franzosen die realistische Richtung knl-
llvirt, die besonders in kleinen Genrefiguren, sowie in der Por-
trait- und Thierbildnerei Vortreffliches leistet.

Zu den Deutschen übergehend, ist von vornherein zu be-
merken, daß, wenn hier, entsprechend der kaleidoskopischen Viel-
 
Annotationen