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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Roessler, Arthur: Kunst, Kunstgewerbe und Publikum
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0019

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Kunst, Kunstgewerbe und Publikum.

Durch die Kunst wird das materielle Leben
schöner, das geistige Leben reicher, und das
Bewußtsein erfährt durch sie seine höchste
Steigerung. Um diese Wirkungen der Kunst
auszulösen, müssen wir uns allerdings mit
ihr in innigste Fühlung bringen. Das gelingt
uns nur, indem wir die Welt vom Stand-
punkt des Künstlers anschauen lernen. Um
Anschauung im buchstäblichen Sinne handelt
es sich also eigentlich, und um das Begreifen-
lernen der Kunst als einer lebendigen Macht,
als eines eingeborenen Naturtriebes des künst-
lerisch gearteten Menschen. Das in sinnlich
wahrnehmbaren Formen sich vollziehende Vor-
denken des schaffenden Künstlers soll nicht
unbestimmte, verschwommene Gefühle, „Stim-
mungen" in uns erregen, sondern Anlaß wer-
den zum ästhetischen Nachdenken; denn mit
dem Gefühl allein ist es sowohl im Kunstver-
stehen wie im Kunstschaffen nicht getan. •

Der Weg zum Kunstverständnis ist nun we-
der leicht noch nahe, und allein, ohne Führer,
beschritt ihn bisher noch jeder unter erheb-

lichen Anstrengungen. Es wurde daher von ver-
schiedenen Männern schon oft gesagt und das Ge-
sagte in allerlei Weise oft wiederholt, daß, na-
mentlich im heutigen ungeheuer verwickelten
und überwiegend in den Großstädten konzen-
trierten modernen Leben, eine Vermittelung
zwischen den Künstlern und dem Publi-
kum notwendig ist, um eine Verbindung
zwischen beiden überhaupt herzustellen. Diese
Vermittelung besorgt fast ausschließlich, unter-
stützt durch instruktives Anschauungsmaterial in
Form technisch vollendeter Reproduktion von
Kunst-Originalen, in illustrierten Zeitschriften,
unter denen die vorliegende Zeitschrift in
unbestritten mustergültiger Weise führt: der
dolmetschende, auslegende Kritiker.
Dem Volke ist es fast unmöglich, unmittelbar
zum Künstler und zu dessen Werk und zum
Verständnis und Genuß beider zu gelangen;
es braucht vielmehr einen Wegweiser, ja manch-
mal sogar einen Marktschreier, der es zu den
Sehenswürdigkeiten lockt. Wenigstens am An-
fang. Doch auch später noch wird sich der durch

l'KOl'F.SSOK
ADOLF
 
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