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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Michel, Wilhelm: Ludwig Hohlwein - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0250

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ARCHITEKT LUDWIG HOHLWEIN—MÜNCHEN.

Schlafzimmer im Hause Dr. M. München.
Ausführung: Hof-Möbelfabrik M. Ballin—München.

LUDWIG HOHLWEIN-MÜNCHEN.

VON WILHELM MICHEL MÜNCHEN.

Die delikate Verbindung von Eleganz und
Gediegenheit, die der Name Hohlwein
bedeutet, zählt zu den einnehmendsten Erschei-
nungen unseres kunstgewerblichen Lebens. Beim
Betreten seiner Räume hat man immer das eine
Erlebnis: den Eindruck der Sauberkeit, der ap-
petitlichen Frische. Das sind durchgehends
lerne, höfliche Möbel, Möbel von guten Manie-
ren, etwas englisch angehaucht im Auftreten,
etwas formlich, wenn man will, wie sich eben
wohlerzogene Menschen und Dinge in Gesell-
schaft zu geben pflegen. Man ist bei ihnen
immer in guter Gesellschaft, und auf die Dauer
läßt sich eben doch mit der Wohlerzogenheit
besser verkehren als mit proletenhafter Form-
losigkeit. Umsomehr als es diesen höflichen
Manieren keineswegs an Herzlichkeit fehlt.
Denn mit der tadellosen Eleganz und gemes-
senen Schlichtheit der Möbelformen verbindet

dieser Künstler die liebenswürdigste Grazie, ja
Koketterie der Aufmachung. Das gibt in allen
Fällen eine neuartige, pikante Mischung, in der
mit Hohlwein vielleicht nur noch Emanuel von
Seidl verglichen werden kann. Die Bänder, an
denen Spiegel und Bilder befestigt sind, die
Rosetten, die Volants, die überall auftauchen,
selbst an paradoxen Stellen, wie an der Rück-
wand einer Kredenz und am Plafond, sie brin-
gen eine Note heiterer Leichtigkeit in die Räume,
die die Formenstrenge der Möbel wieder wett
macht. Die Gewebe spielen in Hohlweins Räu-
men eine überaus große Rolle, die bezeichnend
ist für diese Kunst der zierlichen, heiteren Ele-
ganz. Ja, die Gewebe sind sogar bei ihnen die
einzigen Träger des Ornamentes, dessen die
Möbel ganz entbehren. Großgeblümte Stoffe
bedecken die Sessel und Sofas, dienen als Fen-
stergardinen und als Garderobehüllen, als Bett-

1910/H. Iü. 6.

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