GARTENSTADT HELLERAU BEI DRESDEN.
DURCHBLICK NACH DER WALDSCHKNKE.
GARTENSTÄDTE UND BAUPOLIZEI.
Es gibt eine Gartenstadt, die ihr harmonisches
Aussehen und die vortrefflichen Baufluchten
der Ba u p o 1 i z e i verdankt. Während in der Stadt
selber die üblichen Fluchtlinien, breiten Straßen
und Verkehrs-„Sterne" von der Bauverwaltung
nach herrschendem Schema fortgepflanzt wer-
den, legt man draußen die Straßen und Plätze in
moderner, heiterer und zweckdienlicher Weise
an; können die Häuser innerhalb der Grund-
stücke stehen, wo es für das Straßenbild am
günstigsten ist; wird für eine rationelle „ Gar-
tenstadt "-Bebauung gesorgt, die nur Einfamilien-
häuser (mit geringen Ausnahmen) duldet und
nur den vierten Teil des Grundstücks der Über-
bauung einräumt. Endlich wird auch über die
notwendige ästhetische Unterordnung der Häu-
ser unter den Gesamteindruck durch eine kluge
Konzessionserteilung von der Baupolizei gesorgt;
denn da in der Genossenschaft Grundstücke
auch zum Eigentum erworben und nach dem
„Geschmack" des Besitzers bebaut werden
können, versteht es sich, daß die Vielköpfigkeit
dieses Kleinleutegeschmackes oft eines sorg-
samen Regulatives nicht entbehren kann.
Das Wunderbare an der Geschichte ist, daß
diese Gartenstadt in Deutschland liegt. In
Deutschland hat die Baupolizei meist nicht den
Ruf zarter Rücksichtnahme; und so ist es viel-
leicht von allgemeinerem Interesse, ihren Namen
zu wissen: es ist Hopfengarten bei Magde-
burg. Hoffentlich bekommt es vorbildliche Be-
deutung; das Eis ist einmal gebrochen: sorge
man dafür, daß es nicht wieder zufriert.
In der Tat wird die praktische Frage bald
brennend werden, wie sich die Baupolizei zu
den neuartigen Siedlungen stellen soll. Sie kann
durch starres Festhalten an ihren städtischen
Forderungen jede Gartenstadt im Keim erstik-
ken; sie kann ebenso durch verständiges Weg-
sehen bei passender Gelegenheit und durch
strenge ästhetische Aussiebung der Bauge-
nehmigungen die Gartenstadtbewegung prak-
tisch besser fördern als die ausschweifendste
Propaganda. Sie hat eine mächtige Waffe in
der Hand, dem Elend der Massenquartiere ein
Halt zu gebieten und selbst ohne die deutsche
Gartenstadtgesellschaft billige Einfamilienhäu-
ser hervorzulocken: sie kann den Bodenpreis
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DURCHBLICK NACH DER WALDSCHKNKE.
GARTENSTÄDTE UND BAUPOLIZEI.
Es gibt eine Gartenstadt, die ihr harmonisches
Aussehen und die vortrefflichen Baufluchten
der Ba u p o 1 i z e i verdankt. Während in der Stadt
selber die üblichen Fluchtlinien, breiten Straßen
und Verkehrs-„Sterne" von der Bauverwaltung
nach herrschendem Schema fortgepflanzt wer-
den, legt man draußen die Straßen und Plätze in
moderner, heiterer und zweckdienlicher Weise
an; können die Häuser innerhalb der Grund-
stücke stehen, wo es für das Straßenbild am
günstigsten ist; wird für eine rationelle „ Gar-
tenstadt "-Bebauung gesorgt, die nur Einfamilien-
häuser (mit geringen Ausnahmen) duldet und
nur den vierten Teil des Grundstücks der Über-
bauung einräumt. Endlich wird auch über die
notwendige ästhetische Unterordnung der Häu-
ser unter den Gesamteindruck durch eine kluge
Konzessionserteilung von der Baupolizei gesorgt;
denn da in der Genossenschaft Grundstücke
auch zum Eigentum erworben und nach dem
„Geschmack" des Besitzers bebaut werden
können, versteht es sich, daß die Vielköpfigkeit
dieses Kleinleutegeschmackes oft eines sorg-
samen Regulatives nicht entbehren kann.
Das Wunderbare an der Geschichte ist, daß
diese Gartenstadt in Deutschland liegt. In
Deutschland hat die Baupolizei meist nicht den
Ruf zarter Rücksichtnahme; und so ist es viel-
leicht von allgemeinerem Interesse, ihren Namen
zu wissen: es ist Hopfengarten bei Magde-
burg. Hoffentlich bekommt es vorbildliche Be-
deutung; das Eis ist einmal gebrochen: sorge
man dafür, daß es nicht wieder zufriert.
In der Tat wird die praktische Frage bald
brennend werden, wie sich die Baupolizei zu
den neuartigen Siedlungen stellen soll. Sie kann
durch starres Festhalten an ihren städtischen
Forderungen jede Gartenstadt im Keim erstik-
ken; sie kann ebenso durch verständiges Weg-
sehen bei passender Gelegenheit und durch
strenge ästhetische Aussiebung der Bauge-
nehmigungen die Gartenstadtbewegung prak-
tisch besser fördern als die ausschweifendste
Propaganda. Sie hat eine mächtige Waffe in
der Hand, dem Elend der Massenquartiere ein
Halt zu gebieten und selbst ohne die deutsche
Gartenstadtgesellschaft billige Einfamilienhäu-
ser hervorzulocken: sie kann den Bodenpreis
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